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Urheberrecht

Bundesverfassungsgericht - Sampling

Bundesverfassungsgericht Sampling
Urteilstext: 

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

 

 

- 1 BvR 1585/13 -

 

 

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde

 
 

1. der P… GmbH,

2. des Herrn P…,

3. des Herrn H…,

4. der Frau S…,

5.  des Herrn G…,
 

6. des Herrn O…,

7.  des Herrn H…,
 

8. des Herrn S…,

9.  des Herrn F…,
 

10. der Frau W…,

11.  des Herrn K…,
 

12. der Frau T…,

- Bevollmächtigte:

  1. Rechtsanwälte Schalast & Partner,
    Mendelssohnstraße 75 - 77, 60325 Frankfurt -

gegen

a) das Urteil des Bundesgerichtshofs

vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 -,
 

b) das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts

vom 17. August 2011 - 5 U 48/05 -,
 

c) das Urteil des Bundesgerichtshofs

vom 20. November 2008 - I ZR 112/06 -,
 

d) das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts

vom 7. Juni 2006 - 5 U 48/05 -,
 

e) das Urteil des Landgerichts Hamburg

vom 8. Oktober 2004 - 308 O 90/99 -

 

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat -

unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter

Vizepräsident Kirchhof,

Gaier,

Eichberger,

Schluckebier,

Masing,

Paulus,

Baer,

Britz

 

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2015 durch

Urteil

 

für Recht erkannt:

 
  1. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 4) bis 12) wird verworfen.
  1. Die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 - und vom 20. November 2008 - I ZR 112/06 -, die Urteile des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17. August 2011 - 5 U 48/05 - und vom 7. Juni 2006 - 5 U 48/05 - sowie das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. Oktober 2004 - 308 O 90/99 - verletzen die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1, 1. Alternative des Grundgesetzes. Die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 - und vom 20. November 2008 - I ZR 112/06 - sowie das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17. August 2011 - 5 U 48/05 - werden aufgehoben. Die Sache wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
  1. Die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) haben jeweils zur Hälfte die Freie und Hansestadt Hamburg und der Bund zu erstatten.
 

G r ü n d e :

 
A.
 
I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit sich Musikschaffende bei der Übernahme von Ausschnitten aus fremden Tonträgern im Wege des sogenannten Sampling gegenüber leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der Tonträgerhersteller auf die Kunstfreiheit berufen können. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die fachgerichtliche Feststellung, dass die Übernahme einer zweisekündigen Rhythmussequenz aus der Tonspur des Musikstücks „Metall auf Metall“ der Band „Kraftwerk“ in zwei Versionen des Titels „Nur mir“ einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht darstelle, der nicht durch das Recht auf freie Benutzung gerechtfertigt sei.

1. „Sampling“ ist ein musikalisches Gestaltungsmittel der Verarbeitung von Klängen aus unterschiedlichen Tonquellen („Samples“) in einem neuen Musikstück. Mit der Entwicklung der digitalen Technologie gewann das Sampling erheblich an Bedeutung. Samples können in unterschiedlichen Zusammenhängen eingesetzt werden, wobei der Umfang der Samples von der Entnahme einzelner Klänge bis zu ganzen Musikstücken reicht und die Wiedererkennbarkeit des Originals bei der Verwendung des Sample beabsichtigt sein kann. Spezielle musikalische Gattungen, die typischerweise auf die Verwendung von Samples angelegt sind, stellen insbesondere die Toncollage, das Sample Medley, der Remix, die Coverversion und der Mashup dar. Die Herstellung und der Vertrieb von Samples sind zu einem eigenen Geschäftsfeld geworden. Von Online-Sampledatenbanken können die unterschiedlichsten Samples gegen eine Gebühr zur eigenen Nutzung heruntergeladen werden.

2. a) Die Übernahme von Ausschnitten aus Musikstücken, die auf Tonträgern aufgezeichnet sind, kann neben Urheberrechten und Leistungsschutzrechten der ausübenden Künstler auch das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers berühren. § 85 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz - UrhG) definiert dieses wie folgt:

 

§ 85 Verwertungsrechte

 

(1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Ist der Tonträger in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. Das Recht entsteht nicht durch Vervielfältigung eines Tonträgers.

 

(2) - (3) …

 

(4) § 10 Abs. 1 und § 27 Abs. 2 und 3 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 gelten entsprechend.

Der mit der Einführung dieses Leistungsschutzrechts für Tonträgerhersteller durch das Urheberrechtsgesetz von 1965 verfolgte Zweck bestand in der Bekämpfung der Tonträgerpiraterie (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks IV/270, S. 34: „unbefugte<s> Nachpressen von Schallplatten“). Anders als beim Urheberrecht, das die geistige Leistung des Urhebers schützt, ist nach dem Gesetzentwurf der Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechts gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG die im Tonträger verkörperte technische und wirtschaftliche Herstellerleistung (vgl. BTDrucks IV/270, S. 95 f.).

Aufgrund der Verweisung in § 85 Abs. 4 UrhG ist insbesondere das Zitatrecht (§ 51 UrhG) auf geschützte Tonträger entsprechend anwendbar. Dagegen verweist die Vorschrift nicht ausdrücklich auf die Regelung des Rechts auf freie Benutzung in § 24 UrhG. Diese lautet wie folgt:

 

§ 24 Freie Benutzung

 

(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

 

(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.

§ 24 UrhG steht in unmittelbarem systematischem Zusammenhang mit dem ausschließlichen Recht des Urhebers gemäß § 23 UrhG, Bearbeitungen oder Umgestaltungen seines Werks zu veröffentlichen und zu verwerten.

b) Der Schutz der Rechte der Tonträgerhersteller ist auch Gegenstand völkerrechtlicher Abkommen im Bereich des Urheberrechts, insbesondere des Übereinkommens zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger vom 29. Oktober 1971 (Convention for the Protection of Producers of Phonograms against unauthorized Duplication of their Phonograms, UNTS 866, S. 67, BGBl 1973 II S. 1669, „Genfer Tonträger-Übereinkommen“). Dieses schützt die Tonträgerhersteller gegen die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken ohne ihre Zustimmung und definiert ein Vervielfältigungsstück in Art. 1 Buchstabe c als „Gegenstand, der einem Tonträger unmittelbar oder mittelbar entnommene Töne enthält und der alle oder einen wesentlichen Teil der in dem Tonträger festgelegten Töne verkörpert“. Art. 7 Abs. 1 erlaubt den Vertragsstaaten, einen strengeren Schutz vorzusehen.

c) Im Recht der Europäischen Union räumt die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10, „Urheberrechtsrichtlinie“) in Art. 2 Buchstabe c Tonträgerherstellern das ausschließliche Vervielfältigungsrecht an ihren Tonträgern ein. Das Vervielfältigungsrecht wird dabei definiert als „das ausschließliche Recht (…), die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten“. Ausdrückliche Regelungen zum Bearbeitungsrecht oder zum Recht auf freie Benutzung enthält die Urheberrechtsrichtlinie nicht. Dagegen belässt sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, enumerativ aufgezählte Schrankenregelungen einzuführen. Dazu gehören auch das Zitatrecht (Art. 5 Abs. 3 Buchstabe d), das Recht auf beiläufige Einbeziehung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands in anderes Material (Art. 5 Abs. 3 Buchstabe i) sowie das Recht auf Nutzung zum Zwecke von Karikaturen, Parodien oder Pastiches (Art. 5 Abs. 3 Buchstabe k). Die Urheberrechtsrichtlinie findet gemäß Art. 10 Abs. 1 auf solche Werke und Schutzgegenstände Anwendung, die zum 22. Dezember 2002 nach dem Recht der Mitgliedstaaten geschützt waren. Sie berührt nach ihrem Art. 10 Abs. 2 jedoch nicht Handlungen und Rechte, die vor dem 22. Dezember 2002 abgeschlossen oder erworben wurden.

 
II.

1. Kläger des Ausgangsverfahrens sind die beiden Gründer der Musikgruppe Kraftwerk. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist eine Musikproduktionsgesellschaft, der Beschwerdeführer zu 2) ein Sänger, Komponist und Musikproduzent, der Beschwerdeführer zu 3) Komponist und Musikproduzent. Die Beschwerdeführerin zu 4) ist Sängerin. Bei den Beschwerdeführern zu 5) bis 12) handelt es sich um Künstlerinnen und Künstler, insbesondere Komponisten, Produzenten und Sänger aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik. Sie waren, anders als die Beschwerdeführer zu 1) bis 4), nicht am Ausgangsverfahren oder an der Entstehung und Vermarktung des Titels „Nur mir“ beteiligt.

1977 veröffentlichte Kraftwerk als Teil des Albums „Trans Europa Express“ den Titel „Metall auf Metall“. Produzenten des Albums sind unter anderem die Kläger, die den Titel auch einspielten und für sich die Schutzrechte als Hersteller des Tonträgers in Anspruch nehmen.

1997 erschien als Teil des von der Beschwerdeführerin zu 1) produzierten Albums „Die neue S-Klasse“ der von den Beschwerdeführern zu 2) und 3) komponierte und von der Beschwerdeführerin zu 4) dargebotene Titel „Nur mir“ in den beiden Versionen „Original Album Mix“ und „Original Radio Edit“. Der Titel ist der Stilrichtung des Hip-Hop zuzuordnen. Zur Herstellung beider Versionen des Titels hatten die Beschwerdeführer zu 2) und 3) der Tonspur des Titels „Metall auf Metall“ eine Rhythmussequenz von zwei Sekunden entnommen und diese dem Titel „Nur mir“ unterlegt, wobei die Sequenz in der Geschwindigkeit um 5 % verlangsamt fortlaufend wiederholt wird („Loop“).

2. Die Kläger des Ausgangsverfahrens sahen durch die Übernahme der Rhythmussequenz ihre Rechte an dem Titel „Metall auf Metall“ verletzt und erhoben Klage gegen die Beschwerdeführer zu 1) bis 3). Sie stützten ihre Klage unter anderem auf eine Verletzung ihrer Rechte als Tonträgerhersteller der Aufnahme.

Das Landgericht verurteilte die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) unter Androhung eines Ordnungsgelds dazu, den Vertrieb der beiden Versionen des Titels „Nur mir“ zu unterlassen, über die hergestellten und/oder ausgelieferten Tonträger des oben bezeichneten Albums Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen sowie sämtliche Vervielfältigungsstücke herauszugeben. Außerdem stellte es die Schadensersatzverpflichtung der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) für alle Schäden der Kläger durch Herstellung und/oder Vertrieb der Tonträger fest (LG Hamburg, Urteil vom 8. Oktober 2004 - 308 O 90/99 -, juris). Die Verurteilung stützte das Landgericht auf die Verletzung des Tonträgerherstellerrechts der Kläger aus § 85 Abs. 1 UrhG.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) im Wesentlichen zurück (Hanseatisches OLG, Urteil vom 7. Juni 2006 - 5 U 48/05 -, GRUR-RR 2007, S. 3). Nur bei der Verwendung kleinster Tonpartikel im Wege des Sampling sei eine Verletzung der Tonträgerherstellerrechte zu verneinen. Ein solcher Fall liege jedoch nicht vor.

3. Auf die Revision der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurück (BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06 -, NJW 2009, S. 770).

Das Berufungsgericht habe im Ergebnis mit Recht einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht angenommen. Ein solcher Eingriff sei bereits dann gegeben, wenn einem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen würden. Es komme nicht darauf an, ob es sich bei der Tonfolge um ein schöpferisches Werk oder eine künstlerische Darbietung handle. § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG schütze die wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Da dieser die unternehmerische Leistung für den gesamten Tonträger erbringe, gebe es keinen Teil des Tonträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfiele und der daher nicht geschützt wäre. Ebenso sei unerheblich, ob der Eingriff in die Rechte des Tonträgerherstellers dem Nutzer einen wirtschaftlichen Vorteil einbringe oder ihm Aufwand erspare oder dem Tonträgerhersteller einen messbaren und nachweisbaren wirtschaftlichen Nachteil zufüge. Im Übrigen werde dem Hersteller des Tonträgers durch die ungenehmigte Übernahme selbst kleinster Teile einer Tonaufnahme regelmäßig eine mit seiner unternehmerischen Leistung geschaffene Verwertungsmöglichkeit entzogen. Auch kleinste Teile von Tonaufnahmen hätten - wie der Handel mit Samples zeige - einen wirtschaftlichen Wert.

Dem Tonträgerhersteller sei nicht aus Rechtsgründen zuzumuten, im Interesse einer freien musikalischen Entwicklung generell auf einen Leistungsschutz für kleinste Teile von Tonaufnahmen zu verzichten. Es sei nicht zu befürchten, dass die musikalische Entwicklung in vielen Musikbereichen schlagartig zum Erliegen komme, wenn den Berechtigten insoweit Leistungsschutz gewährt werde.

Die Revision rüge jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht nicht geprüft habe, ob sich die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) hinsichtlich des Eingriffs in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger auf das Recht zur freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG berufen könnten, das im Fall der Benutzung eines fremden Tonträgers grundsätzlich entsprechend anwendbar sei. Eine Rechtfertigung des Eingriffs scheide jedoch aus, wenn derjenige, der die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge für eigene Zwecke verwenden wolle, imstande sei, diese selbst herzustellen.

4. Nach Fortsetzung des Berufungsverfahrens wies das Oberlandesgericht die Berufung der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) erneut zurück, da diese sich nicht auf § 24 Abs. 1 UrhG berufen könnten (Hanseatisches OLG, Urteil vom 17. August 2011 - 5 U 48/05 -, ZUM 2011, S. 748). Zwar stelle der Titel „Nur mir“ ein selbständiges Werk dar, das den erforderlichen Abstand zu dem Originaltonträger aufweise. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe aber ergeben, dass die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) in der Lage gewesen seien, die übernommene Sequenz in gleichwertiger Weise selbst herzustellen. Aus den Darlegungen zweier als Zeugen vernommener Privatgutachter ergebe sich, dass ein durchschnittlich ausgestatteter Musikproduzent im Jahr 1997 in der Lage gewesen sei, einen dem Original gleichwertigen Nachbau der entnommenen Sequenz in ein bis zwei Tagen selbst herzustellen.

5. Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) wies der Bundesgerichtshof zurück (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 -, NJW 2013, S. 1885). Die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) hätten durch die Übernahme der Rhythmussequenz von zwei Sekunden das Tonträgerherstellerrecht der Kläger verletzt und könnten sich dabei nicht auf ein Recht zur freien Benutzung berufen.

Der Senat halte an seiner Auffassung fest, dass eine entsprechende Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG nicht in Betracht komme, wenn es möglich sei, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen. In diesem Fall rechtfertige der Zweck des § 24 Abs. 1 UrhG, eine Fortentwicklung des Kulturschaffens zu ermöglichen, nicht den Eingriff in die unternehmerische Leistung des Tonträgerherstellers. Die insofern unterschiedlichen Maßstäbe für die freie Benutzung von Musikwerken einerseits und Tonträgern andererseits stünden nicht im Widerspruch zum Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, da die entsprechenden Schutzrechte unterschiedliche Schutzgegenstände hätten. Auch mit Blick darauf, dass das Sampling von Musiksequenzen als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anzuerkennen sei, verlange Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bei durch Sampling von Tonfolgen geschaffenen Kunstwerken keinen weiteren Anwendungsbereich des § 24 Abs. 1 UrhG als bei nichtkünstlerischen Musikwerken.

Die Schranken der Kunstfreiheit ergäben sich unter anderem aus dem Schutz des geistigen Eigentums und hier insbesondere des Leistungsschutzrechts des Tonträgerherstellers. Auch das Eigentum sei allerdings nicht schrankenlos gewährleistet, vielmehr sei im Bereich des Urheberrechts lediglich die grundsätzliche Zuordnung der vermögenswerten Seite dieses Rechts zum Rechtsinhaber geboten. Sachgerechte Maßstäbe für die Grenzen dieses Schutzes ergäben sich beispielsweise aus den Schrankenbestimmungen der §§ 44a ff. UrhG und der Vorschrift des § 24 UrhG. Dabei könne die geforderte kunstspezifische Betrachtung es verlangen, solchen Bestimmungen im Wege der Auslegung zu einem Anwendungsbereich zu verhelfen, der für Kunstwerke weiter sei als bei nichtkünstlerischen Werken.

Bei der danach vorzunehmenden Interessenabwägung könne zugunsten der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) unterstellt werden, dass die Verwendung von Samples in der Musikbranche mittlerweile weit verbreitet sei und sich die entlehnende Bezugnahme zu einer eigenen Stilrichtung entwickelt habe. Diese tatsächliche Entwicklung gebiete es jedoch auch bei einer kunstspezifischen Betrachtung nicht, dass Musikproduzenten bei ihrem künstlerischen Schaffen sich die durch § 85 Abs. 1 UrhG geschützte wirtschaftliche Leistung der Tonträgerhersteller ohne deren Einwilligung und damit ohne Vergütung zu eigen machen dürften, wenn es ihnen möglich sei, die begehrte Tonfolge ohne Eingriff in deren Rechte selbst herzustellen. Zum einen sei in diesem Fall keine unangemessene Behinderung der kulturellen Fortentwicklung zu befürchten. Zum anderen lasse sich der Kunstfreiheit kein Schutz des - unter Umständen auch von eigenen wirtschaftlichen Interessen geprägten - künstlerischen Schaffens zu denkbar günstigsten wirtschaftlichen Konditionen auf Kosten unternehmerischer Leistungen Dritter entnehmen. Die Unsicherheit bei der Beurteilung der Übernahme einer Tonfolge in analoger Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG sei hinzunehmen, da sie durch den Erwerb entsprechender Rechte, die eigene Herstellung der Tonaufnahme oder aber das Absehen von einer Übernahme vermieden werden könne.

Die Revision wende sich erfolglos gegen die vom Berufungsgericht herangezogenen Maßstäbe zur Beurteilung der Frage, ob es möglich sei, eine Tonfolge selbst einzuspielen. Das Berufungsgericht sei im Ergebnis mit Recht davon ausgegangen, dass die Übernahme der Rhythmussequenz nicht deshalb gestattet sei, weil der Nachbau dieser Sequenz nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Zeitraum von zwei Tagen in Anspruch genommen hätte. Es komme grundsätzlich nicht darauf an, ob dem Musikproduzenten die Herstellung einer solchen Tonaufnahme zumutbar sei.

 
III.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (Kunstfreiheit) und aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz).

1. Beim Sampling würden nicht Kompositionen oder Texte übernommen, sondern entnommene Teile wie ein neues Instrument genutzt. Durch das Zusammenspiel des Sample mit zahlreichen anderen Tonpartikeln entstehe eine Tonaufnahme, die mit der alten Quell-Tonaufnahme nichts mehr zu tun habe. Die Entnahme musikalischen Materials aus anderen Tonaufnahmen im Wege des Sampling und die Gestaltung einer individualisierten Medienmontage seien Teil der Musikkultur des Hip-Hop, für die entscheidend sei, dass direkt auf phonographische Ursprungsdokumente zurückgegriffen werde und die übernommenen Passagen nicht nur nachgebaut seien.

Die Qualifizierung der Übernahme kleinster Tonfetzen als Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht greife in die Kunstfreiheit der Beschwerdeführer ein. Ihnen werde verboten, Tonpartikel aus anderen Tonaufnahmen zu entnehmen und bei der Herstellung neuer Tonaufnahmen zu verwenden. Dadurch werde es ihnen unmöglich, sich mit Tonaufnahmen der Vergangenheit musikalisch auseinanderzusetzen, welche die heutige Popmusik, insbesondere die elektronische Musik, maßgeblich geprägt hätten.

Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt. Die angegriffenen Entscheidungen verfehlten die kunstspezifische Betrachtung, der zufolge gerade beim Sampling bewusst und gewollt auf die bekannte Tonsequenz zum Zweck der künstlerischen Auseinandersetzung und Fortentwicklung Bezug genommen werde. Das Tonträgerherstellerrecht gewähre lediglich ein Recht auf angemessene Verwertungsmöglichkeit, nicht aber eine Monopolisierung kurzer Tonausschnitte.

Der Eingriff in die Kunstfreiheit sei auch nicht damit zu rechtfertigen, dass die Leistung des Tonträgerherstellers auch im kleinsten Aufnahmeteil enthalten sei und somit selbst Tonteile absolut geschützt sein sollten. Schließlich müsse bei allen Schutzrechten der Teilschutz vom gesetzgeberischen Zweck getragen sein. Die verwandten Schutzrechte seien gegenüber dem urheberrechtlichen Werk akzessorisch, weshalb nur gegen ein Sample vorgegangen werden könne, das zugleich eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Dem Interesse der Rechteinhaber vor Einbußen der wirtschaftlichen Verwertung stehe das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse der Kunstschaffenden gegenüber, ohne die Gefahr von Eingriffen finanzieller oder inhaltlicher Art in einen künstlerischen Dialog und Schaffensprozess zu vorhandenen Werken treten zu können.

Die Beschränkung der Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG durch die Voraussetzung, dass es an der gleichwertigen Nachspielbarkeit fehlen müsse, komme einem absoluten Entnahmeverbot gleich. Dies verunsichere die Kunstschaffenden derart darüber, ob ihr Tun Leistungsschutzrechte verletze, dass die Gefahr der Illegalität sie nachhaltig von musikalischer Auseinandersetzung und Fortentwicklung abschrecke. Die Verkennung des schöpferischen Entstehungsprozesses stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den Wirk- und Werkbereich der Kunstfreiheit dar. Durch die Bezugnahme auf das gesampelte Werk werde gerade der Originalkontext für die Auseinandersetzung und Fortentwicklung gesucht, nicht dessen Substitution. Dadurch unterscheide sich das Sample vom Plagiat.

Die Inanspruchnahme fremden Schaffens sei gerechtfertigt, wenn eine neue eigenschöpferische Leistung das kulturelle Gesamtgut bereichere. In der Kultur der Collagenkunst würden Vervielfältigungen von Originalwerken in ein neues Kunstwerk hineingesetzt, und niemand komme auf die Idee, diese Neuschöpfungen durch Urheber- oder Leistungsschutzrechte zu verhindern. § 24 UrhG solle gerade die kulturelle Fortentwicklung fördern und eine bewusste Anlehnung an bereits Geschaffenes ermöglichen.

2. Die Beschwerdeführer machen daneben eine Verletzung in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG dadurch geltend, dass die Gerichte ohne sachlichen Grund für Leistungsschutzrechte neue ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzungen aufgestellt und angewandt hätten, die für Urheberrechte nicht gälten.

 
IV.

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V., die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein e.V., der Deutsche Musikrat e.V., der Deutsche Rock & Pop Musikerverband e.V., der Bundesverband Musikindustrie e.V., der Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V., die Digitale Gesellschaft e.V. und die Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

1. Nach Angaben der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) ist das Sampleclearing, also die Klärung der Rechte und die Lizenzierung, für Laien kompliziert und kostenintensiv. Eine Entspannung deute sich dort an, wo frei lizenzierte Samples zur Verfügung stünden. Eine allgemeine Verweisung der Künstler auf die Nutzung von Sampledatenbanken hätte allerdings zur Folge, dass vor allem mittelmäßige Samples verwendet würden.

Die Antwort auf die Frage, ob das Sampling kurzer Sequenzen vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht erfasst sei, werde vom Urheberrechtsgesetz ebenso wie von den einschlägigen völker- und unionsrechtlichen Vorschriften nicht zwingend vorgegeben. Eine am Schutzzweck orientierte Auslegung des § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG spreche eher für eine Ausnahme; die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei aber insofern wegen der unterschiedlichen Schutzgegenstände von Urheber- und Tonträgerherstellerrecht zumindest vertretbar. Die vom Bundesgerichtshof im Rahmen von § 24 UrhG erörterte Problematik hätte nach Auffassung der Vereinigung durch eine entsprechende Heranziehung des Zitatrechts besser gelöst werden können.

Das Kriterium der Nachspielbarkeit sei insbesondere bei der Verwendung mehrerer Samples in einem Stück problematisch. Die Konsequenz, dass gerade komplexere Tonaufnahmen weniger gegenüber Sampling geschützt würden, sei kurios. Indem der Bundesgerichtshof auf die Schwierigkeit der Nachahmung der ursprünglichen Tonaufnahme abstelle, knüpfe er die Entscheidung an ein Kriterium, das mit der Erzeugung der Musik selbst zu tun habe und nicht mit der geschützten kaufmännisch-organisatorischen Investition des Tonträgerherstellers. Anders als in Pirateriefällen komme es beim Sampling nicht zu einem direkten Wettbewerb zwischen ursprünglichem und nachfolgendem Tonträger; eine Beeinträchtigung bestehe lediglich in der Tatsache, dass der Hersteller des Originaltonträgers keine Lizenzgebühren erhalte. Ob diese ihm zustünden, gelte es aber überhaupt erst zu ermitteln.

Zur Beurteilung nach europäischem Unionsrecht führt die Vereinigung aus, dass das Vervielfältigungsrecht durch Art. 2 der Urheberrechtsrichtlinie vollständig harmonisiert worden sei. Ob der Gerichtshof der Europäischen Union auch Vervielfältigungen von Tonfetzen als vom Leistungsschutzrecht erfasst ansähe, sei angesichts seines flexiblen ökonomischen Ansatzes zur Bestimmung des Schutzgegenstandes fraglich. Bei einer entsprechenden Vorlage könne der Gerichtshof bei dieser Frage auch die Grundrechte berücksichtigen.

Die Beurteilung des Sampling anhand von § 24 UrhG müsse sich an Art. 2 der Urheberrechtsrichtlinie messen lassen, da nach vorherrschender Ansicht im deutschen Schrifttum § 24 UrhG eine Begrenzung des Schutzgegenstandes des Urheberrechts beziehungsweise Tonträgerherstellerrechts zur Folge habe und systematisch keine Schrankenregelung darstelle. Für eine Lösung über das Zitatrecht stelle Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie den Maßstab nach Unionsrecht dar. Da die darin enthaltenen Schrankenregelungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kohärent und unionsweit einheitlich auszulegen seien, stehe eine Determinierung des deutschen Rechts insofern außer Zweifel.

2. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Gerade der Musik des Hip-Hop gehe es darum, sich mit alten und bekannten Klängen auseinanderzusetzen und diese in einen neuen, aktuellen musikalischen Kontext zu stellen. Das Finden einzigartiger, unverbrauchter Originale aus dem unbegrenzten Medienarchiv sei dabei ein zentraler Teil der künstlerischen Arbeit. Beim Sampling sei aus einer Technologie, die anfangs nur zur Simulation akustischer Instrumente entwickelt worden sei, ein künstlerisches Verfahren geworden, das inzwischen selbst als Inspirationsquelle für eine Musikergeneration diene.

Das faktische Verbot des Sampling durch den Bundesgerichtshof stelle einen Eingriff in die Kunstfreiheit dar, weil sich Sampling nicht im technischen Vorgang der Anfertigung einer elektronischen Kopie von Tonpartikeln erschöpfe, sondern selbst eine freie schöpferische Gestaltung darstelle. Eine kunstspezifische Betrachtung verbiete es, die Künstler auf das Nachspielen der entnommenen Sequenzen zu verweisen; denn die Verwendung des Originals sei beim Sampling wesentlicher Bestandteil des künstlerischen Ausdrucks.

3. Dagegen sieht der Deutsche Anwaltverein die Kunstfreiheit nicht als verletzt an. Die Einschränkungen bei der entsprechenden Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG auf das Tonträgerherstellerrecht gingen auf die Besonderheiten seines Schutzgegenstandes zurück. Die wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistungen des Tonträgerherstellers könnten aufgrund des Fortschritts der digitalen Technik von Dritten leicht übernommen werden.

4. Der Deutsche Musikrat sieht in der Vorgabe, bei der Musikproduktion nicht auf bestehende Einspielungen zurückzugreifen, sondern eigene Einspielungen vorzunehmen, prinzipiell einen Gewinn für die musikalische Produktion. Eine Beteiligung der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller an den durch die Verwertung ihrer Aufnahmen durch Sampling erzielten Erlösen sei verfassungsrechtlich zwingend geboten.

5. Nach Auffassung des Deutschen Rock & Pop Musikerverbandes spielt Sampling in Deutschland und vor allem international eine große Rolle. Das Erfordernis, übernommene Sequenzen selbst einzuspielen oder die Übernahme mit dem Tonträgerhersteller zu klären, schränke die musikalische Produktion enorm ein, da sowohl die Rechteklärung als auch die Anfertigung sequenzidentischer Tonproduktionen sehr zeitaufwendig seien.

6. Nach Angaben des Bundesverbandes Musikindustrie ist die Sampling-Technologie aus der heutigen Musikproduktion nicht mehr wegzudenken. In Großbritannien und den Vereinigten Staaten existierten für die Lizenzierung von Samples sogar eigene Dienstleister. Gerade die Komplexität vermeintlich simpler Klänge gehöre zu den Gründen, die ursprünglich zu einem eigenen Schutz des Tonträgerherstellers geführt hätten. Empfänden die Künstler die Neuerzeugung eines Sounds als zu aufwendig, sei ein Rechteerwerb vorzusehen. Auch in anderen Kreativbranchen gelte die Regel „Selber machen oder bezahlen“. Dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade Vorlagen, die objektiv nicht selbständig nachgeschaffen werden könnten, ohne Zustimmung des Rechteinhabers verwendet werden dürften, stelle den Gehalt des § 24 UrhG geradezu auf den Kopf.

Zu den Einnahmen der Tonträgerhersteller aus der Erteilung von Sampling- lizenzen lägen keine segmentierbaren Zahlen vor, sie seien aber jedenfalls nicht unerheblich. Äußerst relevant seien auch die Einnahmen oder Einnahmechancen für die Lizenzierung von Internetplattformen wie Youtube, auf denen nichtprofessionelle Nutzer selbst generierte Inhalte mit urheberrechtlich geschütztem Material einstellen könnten (sogenannter „user-generated content“). Bei der Kalkulation „gewöhnlicher“ Tonträgerproduktionen sei regelmäßig nicht absehbar, ob und in welchem Umfang sie künftig von Dritten zu Samplingzwecken genutzt würden. Die Position gehöre aber zu den klassischen Zweitverwertungen, die für Tonträgerhersteller eine außerordentlich große Bedeutung hätten. Eine erhebliche Zahl neuer Musikproduktionen müsse unterbleiben, wenn ihnen dauerhaft Zweitverwertungseinkommen aus der Samplelizenzierung entzogen werde.

7. Der Verband unabhängiger Musikunternehmen hält die Klärung der Nutzungsgenehmigung von Samples für problematisch: Rechtssicher könne sie nur von erfahrenen Anwälten durchgeführt werden, was zu Transaktionskosten führe; häufig sei es praktisch schwierig, die Rechteinhaber zu finden, und die Verhandlungen mit ihnen könnten scheitern. Für viele Musikunternehmen sei das Sampleclearing geübte Praxis, es gebe Kriterien für die Höhe der Lizenzgebühren wie etwa die Intensität der Samplenutzung und die Bekanntheit des Originals. Die Einnahmen durch die Vergabe von Samplenutzungsrechten seien für alle Produzenten ein notwendiger Baustein ihrer Finanzierung neuer Produktionen. Die Ausnahme des § 24 Abs. 1 UrhG sei aufgrund der Prämissen des Bundesgerichtshofs für die Praxis kaum relevant. Professionelle Produzenten verwendeten Samples nur, wenn sie gegenüber den Rechteinhabern rechtlich geklärt seien.

8. Die Digitale Gesellschaft legt dar, dass den digitalen Technologien und der Vernetzung auf dem Gebiet der Produktion und Verbreitung kultureller, insbesondere medialer Inhalte eine transformierende Kraft zukomme. Kulturgüter entstünden nicht mehr allein oder auch nur vorwiegend im Rahmen eines professionellen, auf Gewinnerzielung gerichteten Prozesses, sondern häufig durch Laien. Diese Entwicklung habe soziokulturelle Phänomene wie beispielsweise den Remix oder den Mashup hervorgebracht, die sich in der digitalen Generation mittlerweile als selbstverständliche Kommunikations- und Ausdrucksmittel etabliert hätten. Dabei stehe stets die kreative Kopie im Sinne einer Bearbeitung und Abwandlung bereits existierender Inhalte im Mittelpunkt.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trage dieser Entwicklung in keiner Weise Rechnung. Es werde für Laien unmöglich, im Rahmen eigenen künstlerischen Schaffens auf vorhandene Tonaufnahmen zurückzugreifen. In der Netz- kultur etablierte Praktiken würden weitestgehend illegalisiert und dadurch das gesetzgeberische Ziel des § 24 UrhG, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Rechteinhaber und der Möglichkeit einer kulturellen Fortentwicklung herzustellen, verfehlt. Sampleclearing verursache extrem hohe Transaktionskosten. Da es kein zentrales Verzeichnis für Samples gebe, sei zunächst eine aufwendige Recherche erforderlich; eventuelle Lizenzkosten seien von den Künstlern oft nicht finanzierbar. Wegen der hohen Rechtsrisiken und Transaktionskosten sei die wirtschaftliche Bedeutung von Samplelizenzierungen gering und allenfalls für größere Produzenten nutzbar.

9. Die Kläger des Ausgangsverfahrens gehen davon aus, dass der Übernahme der Sequenz aus dem Titel „Metall auf Metall“ in das Werk „Nur mir“ eine reine Materialfunktion zukomme, die allein dem Zweck gedient habe, den zeitlichen und finanziellen Aufwand für eine eigene Produktion zu vermeiden. Die legale Möglichkeit eines Musikzitats, das eine musikalische Auseinandersetzung mit dem Vorbestehenden hinreichend ermögliche, komme deshalb vorliegend nicht in Betracht.

Die Verfassungsbeschwerde sei unbegründet. Tonträgerherstellerrechte seien als Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Inhalt und Schranken des Tonträgerherstellerrechts würden allein durch § 85 UrhG bestimmt, der keine Beschränkungen im Hinblick auf kleinste Tonpartikel oder auf eine Messbarkeitsschwelle hinsichtlich der wirtschaftlichen Beeinträchtigung enthalte. Als Schranken seien allein die §§ 44a ff. UrhG vorgesehen, nicht jedoch das Recht auf freie Benutzung. Dessen analoge Anwendung durch den Bundesgerichtshof stelle eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.

Der Schutzbereich der Kunstfreiheit sei bereits nicht eröffnet, da diese nicht die eigenmächtige Inanspruchnahme oder Beeinträchtigung fremden Eigentums zum Zwecke der künstlerischen Entfaltung erlaube. Die Beschwerdeführer seien auf einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht insbesondere deshalb nicht angewiesen, weil sie auch selbst in der Lage gewesen wären, die Rhythmussequenz in gleichwertiger Weise nachzuspielen.

 
V.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer und die Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen; außerdem hat sich die Bundesregierung geäußert. Als Sachkundige haben die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, der Bundesverband Musikindustrie, der Verband unabhängiger Musikunternehmen und die Digitale Gesellschaft ihre schriftlichen Stellungnahmen vertieft und ergänzt; zudem hat sich Professor S. von der Popakademie Baden-Württemberg geäußert.

1. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass kleinste Tonfetzen nicht vom Schutz des Tonträgerherstellerrechts erfasst sind. Dies sei zum einen systemwidrig, da kleinste Tonfetzen keine urheberrechtlich geschützten Werke darstellen könnten. Wenn Urheber damit weitergehende Eingriffe hinnehmen müssten, könne für Tonträgerhersteller nichts anderes gelten. Gegen den Schutz kleinster Tonfetzen durch § 85 UrhG bestünden auch verfassungsrechtliche Bedenken. Die Nutzung solcher Tonfetzen könne die Verwertung des ursprünglichen Tonträgers nicht behindern. Die Verwertungsinteressen der Tonträgerhersteller hätten jedenfalls bei kürzeren Tonsequenzen beim Fehlen konkreter wirtschaftlicher Nachteile zurückzustehen.

2. Der Beschwerdeführer zu 2) hat ausgeführt, ihm sei bei der Entstehung des Titels „Nur mir“ nicht bewusst gewesen, dass die übernommene Rhythmus-sequenz aus dem Tonträger des Titels „Metall auf Metall“ stamme. Er arbeite mit einem Archiv, das zahlreiche Samples enthalte. Irgendwann wisse man nicht mehr, welches Sample woher komme. Bei der Übernahme des konkreten Sample sei es ihm um die Kälte seines Klanges gegangen. Es gehe den Beschwerdeführern nicht darum, für die Verwendung von Samples prinzipiell nicht zu zahlen, sondern darum, nicht vorher bei den Tonträgerherstellern um Erlaubnis fragen zu müssen. Ein gerichtlich überprüfbarer angemessener Ausgleich für die Tonträgerhersteller im Nachhinein sei bedenkenswert. Er habe sich mit dem Anliegen einer außerprozessualen Rechteklärung telefonisch an die Prozessbevollmächtigte der Kläger gewandt. Diese hätten an einer solchen Klärung jedoch kein Interesse gehabt.

3. Die Kläger des Ausgangsverfahrens haben vorgetragen, dass zahlreiche Künstler gerade aus den Vereinigten Staaten und Großbritannien bei ihnen bereits um Erlaubnis für die Verwendung von Samples aus Kraftwerktiteln in eigenen Stücken gefragt hätten. Über die Bedeutung der Einnahmen aus der Samplelizenzierung hätten sie sich zum Zeitpunkt der Entstehung des Titels „Metall auf Metall“ keine Gedanken gemacht; inzwischen spielten diese Einnahmen eine erhebliche Rolle. Sie wenden sich dagegen, dass durch die Beschwerdeführer ohne ihre Einwilligung ein Ausschnitt aus einem schwierigen Schaffensprozess zu rein kommerziellen Zwecken entnommen worden sei.

4. Nach den Ausführungen von Professor S. ist der Einsatz des Sampling für die Musikrichtung des Hip-Hop unerlässlich. Die Nachproduktion oder Verwendung von nachgespielten Samples beispielsweise aus Sample-CDs sei für die Musikschaffenden sinnlos, da dies ideell etwas anderes darstelle als die Übernahme von Originalen. In anderen Musikbereichen wie dem Mainstream-Pop oder dem Schlager würden Samples auch zur Abkürzung von Produktionsprozessen und damit zur Profitmaximierung eingesetzt. Im Nachhinein sei aber eine Unterscheidung, ob die Verwendung eines Sample zur Auseinandersetzung mit dem Original oder aus Kostengründen erfolgt sei, nach verlässlichen Kriterien kaum möglich.

Ein Sampleclearing sei für Musikschaffende in der Regel kaum praktikabel, da es keine objektiven Kriterien für die Höhe der Gebühren gebe und viele Anfragen ins Leere gingen oder zu enormen Forderungen führten. Abmahnungen wegen nicht genehmigter Samplenutzungen hätten bei Musikproduzenten zu einem Klima der Angst geführt. Bildlich gesprochen sitze der Rechtsanwalt oft mit im Studio. Grund für die derzeitige Verschlechterung der Monetarisierung musikalischen Schaffens sei nicht das Verwenden von Samples, sondern das Streaming im Internet. Ein eigenes Nachspielen gelinge selbst professionellen Künstlern nur bedingt, oft jedenfalls nicht so, dass das Ergebnis aus der Sicht des jeweiligen Künstlers mit dem Original identisch sei.

 
B.

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) ist zulässig, die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 4) bis 12) unzulässig.

 
I.

Die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) rügen in zulässiger Weise eine Verletzung in ihrer Kunstfreiheit. Neben den Beschwerdeführern zu 2) und 3) als Komponisten kann sich auch die Beschwerdeführerin zu 1) als Musikproduktionsgesellschaft auf das Grundrecht der Kunstfreiheit berufen. Soweit es zur Herstellung der Beziehungen zwischen Künstler und Publikum der publizistischen Medien bedarf, sind auch die Personen durch die Kunstfreiheitsgarantie geschützt, die eine solche vermittelnde Tätigkeit ausüben (BVerfGE 119, 1 <22>). Da es gerade um die Mittlerfunktion geht, die auch von einem Unternehmen wahrgenommen werden kann, ist die Kunstfreiheit insofern gemäß Art. 19 Abs. 3 GG ihrem Wesen nach auch auf die Beschwerdeführerin zu 1) als inländische juristische Person des Privatrechts anwendbar.

Soweit die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) eine Verletzung in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung durch Verstoß gegen ein Verbot der Besserstellung von Tonträgerherstellern gegenüber Urhebern behaupten, sind sie davon nicht selbst betroffen, weil die angegriffenen Entscheidungen sie nicht in ihrer Stellung als Inhaber von Urheberrechten belasten (vgl. BVerfGE 129, 49 <68 f.>; 132, 72 <81 f. Rn. 21>).

 
II.

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 4) bis 12) ist hingegen unzulässig.

Die Beschwerdeführerin zu 4) hat nicht ausreichend dargelegt, den Anforderungen des Grundsatzes der Subsidiarität entsprechend alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen zu haben, um - insbesondere durch Beteiligung am Ausgangsverfahren als Nebenintervenientin gemäß §§ 66, 67 ZPO - eine Grundrechtsverletzung durch die Fachgerichte zu verhindern (vgl. BVerfGE 73, 322 <325>; 112, 50 <60>; 134, 106 <115 Rn. 27>; 138, 261 <271 Rn. 23>).

Die Verfassungsbeschwerde der ebenfalls nicht am Ausgangsverfahren beteiligten Beschwerdeführer zu 5) bis 12) ist unzulässig, da sie durch die angegriffenen Entscheidungen nicht selbst und unmittelbar in ihren Rechten betroffen sind. Eine nur faktische Beeinträchtigung im Sinne einer Reflexwirkung reicht hierfür nicht aus (vgl. BVerfGE 13, 230 <232 f.>; 78, 350 <354>; 108, 370 <384>). Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde wie hier gegen gerichtliche Entscheidungen, kann sich die Beschwer - selbst wenn die Beschwerdeführer am Ausgangsverfahren beteiligt waren - in aller Regel nur aus dem Tenor der Entscheidung ergeben. Rechtsausführungen sowie nachteilige oder als nachteilig empfundene Ausführungen in den Gründen einer Entscheidung allein begründen keine Beschwer. Es ist auch keiner der Ausnahmefälle einschlägig (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Juli 2015 - 2 BvR 2292/13 -, NZA 2015, S. 1117 <1119 Rn.  48 ff.>).

 
C.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, soweit sie zulässig ist.

Die gesetzliche Regelung in § 85 Abs. 1 Satz 1 und § 24 Abs. 1 UrhG ist zwar verfassungsgemäß. Insbesondere belässt sie den Gerichten bei ihrer Auslegung und Anwendung auf Fälle des Sampling hinreichenden Spielraum, um einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem durch die Kunstfreiheit geschützten Recht auf künstlerische Auseinandersetzung mit vorhandenen Tonträgern einerseits und den durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Eigentumsrechten der Tonträgerhersteller andererseits herzustellen (I). Dies ist im Ausgangsverfahren jedoch nicht im erforderlichen Maße beachtet worden; denn die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften in den angegriffenen Entscheidungen trägt der Kunstfreiheit der Beschwerdeführer nicht hinreichend Rechnung (II).

 
I.

Die den angegriffenen Urteilen zugrunde gelegten gesetzlichen Vorschriften über das Tonträgerherstellerrecht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG) und das Recht auf freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) sind mit der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Sie berücksichtigen als generelle Regelungen hinreichend die Rechte der Tonträgerhersteller an ihrem geistigen Eigentum einerseits und die künstlerische Betätigungsfreiheit bei der Nutzung von Tonträgern andererseits.

1. Die Regelungen über das Tonträgerherstellerrecht und über die freie Benutzung betreffen in ihrem Zusammenwirken zum einen das Eigentumsrecht der Tonträgerhersteller, zum anderen die Kunstfreiheit von Nutzern der Tonträger.

Die Kunstfreiheit schützt die künstlerische Betätigung selbst („Werkbereich“), darüber hinaus aber auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks, die sachnotwendig für die Begegnung der Öffentlichkeit mit dem Werk sind („Wirkbereich“, vgl. BVerfGE 67, 213 <224>; 119, 1 <21 f.>). Es kann die künstlerische Betätigungsfreiheit der Musikschaffenden beeinträchtigen, dass Tonträgerherstellern in § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG ein Schutzrecht auch hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung der von ihnen produzierten Tonträger zugesprochen wird und Dritten daher eine zustimmungsfreie Nutzung dieser Tonträger bei der Herstellung von Kunstwerken nur unter den gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen - nach den angegriffenen Entscheidungen unter anderem in § 24 Abs. 1 UrhG - gestattet ist.

Umgekehrt beschränkt die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Nutzung von Tonträgern ohne Zustimmung ihres Herstellers diesen in seiner Eigentumsfreiheit. Art. 14 Abs. 1 GG schützt das geistige Eigentum, insbesondere das Urheberrecht (vgl. BVerfGE 31, 229 <240>; 129, 78 <101>; 134, 204 <224 f. Rn. 72>), und dabei auch das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG (vgl. BVerfGE 81, 12 <16>).

2. Die Einräumung von dem Urheberrecht verwandten Leistungsschutzrechten sowie die Ausgestaltung ihrer Reichweite und Grenzen dienen als privatrechtliche Regelungen dem Ausgleich widerstreitender Interessen. Insoweit handelt es sich nicht um einseitige Eingriffe des Staates in die Freiheitsausübung Privater, sondern um einen Ausgleich, bei dem die Freiheit der einen mit der Freiheit der anderen in Einklang zu bringen ist. Dabei kollidierende Grundrechtspositionen sind hierfür in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfGE 89, 214 <232>; 129, 78 <101 f.>; 134, 204 <223 Rn. 68>).

Entsprechend kann die hierbei vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung und Abwägung nicht allein aus der Perspektive eines einzelnen Grundrechts vorgenommen werden, sondern hat sich auf den Ausgleich zwischen gleichberechtigten Grundrechtsträgern zu beziehen. Will der Gesetzgeber einen solchen Ausgleich den Gerichten im Einzelfall überantworten, genügt es, wenn diese auf der Grundlage der maßgeblichen Vorschriften die Möglichkeit haben, zu einer der Verfassung entsprechenden Zuordnung der kollidierenden Rechtsgüter zu gelangen (vgl. BVerfGE 115, 205 <235>; 134, 204 <223 Rn. 69>). Eine Grundrechtsverletzung durch die gesetzliche Regelung kann nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen der Gegenseite in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. BVerfGE 97, 169 <176 f.>; 134, 204 <224 Rn. 70>).

Der Gesetzgeber hat dem Tonträgerhersteller ebenso wie dem Urheber das vermögenswerte Ergebnis seiner Leistung, den Tonträger vervielfältigen und verbreiten zu dürfen, im Wege privatrechtlicher Normierung zugeordnet. Der grundgesetzlich geschützte Kern dieses Leistungsschutzrechts ist die Freiheit des Herstellers, in eigener Verantwortung unter Ausschließung anderer über dieses Recht zu verfügen (vgl. BVerfGE 81, 12 <16>). Es ist im Einzelnen Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung des Leistungsschutzrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>; 129, 78 <101>). Dabei hat er einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 1 <25>; 79, 29 <40>; 129, 78 <101>; 134, 204 <223 f. Rn. 70>).

Insofern ist zu differenzieren zwischen Beschränkungen des Verfügungsrechts des Urhebers oder Tonträgerherstellers, die leichter mit Gemeinwohlgründen zu rechtfertigen sind, und solchen des Verwertungsrechts, die nur durch ein gesteigertes öffentliches Interesse gerechtfertigt werden können (vgl. BVerfGE 31, 229 <243>; 49, 382 <400>; 79, 29 <41>). Das heißt indes nicht, dass der Gesetzgeber das Verfügungsrecht aufgrund jedweden staatlichen oder politischen Interesses entziehen darf. Denn historisch und wirtschaftlich stellt es für den Rechteinhaber das Mittel dar, mit dem Interessierten vor der Nutzung eine Vergütung aushandeln zu können. Ist die Nutzung bereits erfolgt, ist die Verhandlungsposition des Rechteinhabers geschwächt. Ein gesetzlich festgelegter nachträglicher Vergütungsanspruch ist daher stets nur Ersatz (vgl. BVerfGE 31, 229 <243>; 79, 29 <41>).

Allerdings gebietet die Eigentumsgarantie auch nicht, dem Tonträgerhersteller jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (vgl. BVerfGE 81, 12 <17>; 129, 78 <101>). Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen; er muss von Verfassungs wegen nur sicherstellen, dass das, was dem Leistungsschutzrechtsinhaber „unter dem Strich“ verbleibt, noch als angemessenes Entgelt für seine Leistung anzusehen ist (vgl. BVerfGE 79, 29 <42>).

Neben den Eigentumsinteressen der Urheber und Leistungsschutzrechtsinhaber hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Reichweite und Grenzen des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Freiheit der Kunst hinreichend Rechnung zu tragen, die von ihm auch im Verhältnis von Privaten zueinander zu berücksichtigen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Verfügungsrecht des Urhebers oder Tonträgerherstellers, da dieses seinem Inhaber die Rechtsmacht verleiht, gemäß § 97 Abs. 1 UrhG auf Unterlassung der widerrechtlichen Nutzung und Beseitigung der Beeinträchtigung zu klagen sowie damit künstlerische Werke durch staatliche Gerichte verbieten zu lassen (vgl. BVerfGE 119, 1 <21>).

3. Diesen Anforderungen werden die gesetzlichen Vorschriften des § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG und des in den angegriffenen Entscheidungen zu dessen Einschränkung entsprechend herangezogenen § 24 Abs. 1 UrhG in ihrem Zusammenwirken gerecht. Sie geben den mit ihrer Auslegung und Anwendung betrauten Gerichten hinreichende Spielräume, um zu einer der Verfassung entsprechenden Zuordnung der künstlerischen Betätigungsfreiheit einerseits und des eigentumsrechtlichen Schutzes des Tonträgerherstellers andererseits zu gelangen.

Die grundsätzliche Anerkennung eines Leistungsschutzrechts zugunsten des Tonträgerherstellers in § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG, das den Schutz seiner wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, Metall auf Metall I -, NJW 2009, S. 770 <771>), ist auch mit Blick auf die Beschränkung der künstlerischen Betätigungsfreiheit verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere schließt sie eine Berücksichtigung der durch das Grundgesetz gewährleisteten Kunstfreiheit nicht aus. Die objektive Entscheidung für die Freiheit der Kunst kann bereits bei der Auslegung des Umfangs und der Reichweite des Schutzrechts berücksichtigt werden, da § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG insoweit Raum zur Auslegung belässt. Ebenso kann der Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit gegenüber der Befugnis der Hersteller, andere von der Nutzung ihrer Tonträger auszuschließen, unter Berufung auf die in § 85 Abs. 4 UrhG für anwendbar erklärten Urheberrechtsschranken sichergestellt werden oder auch - wie in den angegriffenen Entscheidungen - durch eine entsprechende Anwendung des Rechts auf freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, Metall auf Metall I -, NJW 2009, S. 770 <772>).

Umgekehrt führt allein die Möglichkeit von Künstlerinnen und Künstlern, sich unter näher bestimmten Umständen, wie hier unter entsprechender Heranziehung des § 24 Abs. 1 UrhG, auf ein Recht auf freie Benutzung von Tonträgern im Sinne des § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu berufen, nicht schon grundsätzlich zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kerns des Tonträgerherstellerrechts. Es ist nicht ersichtlich, dass bereits durch die grundsätzliche Zulässigkeit erlaubnis- und entschädigungsfreier Nutzungen einzelner Sequenzen von Tonträgern zur Schaffung eines neuen Werks eine Situation geschaffen wird, in der eine angemessene Vergütung der Leistung der Tonträgerhersteller insgesamt nicht mehr gewährleistet wäre.

Mit den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist auch, dass § 24 Abs. 1 UrhG durch den Verzicht auf eine entsprechende Vergütungsregelung neben dem Verfügungsrecht der Urheber oder Tonträgerhersteller auch ihr Verwertungsrecht beschränkt. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die enge Ausnahmeregelung in § 24 Abs. 1 UrhG nicht durch eine Vergütungspflicht zu ergänzen, die den Urheber oder Tonträgerhersteller an den Einnahmen teilhaben ließe, die im Rahmen der freien Benutzung seines Werks oder Tonträgers erst in Verbindung mit der schöpferischen Leistung eines anderen entstehen könnten, hält sich in den Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.

Dem Gesetzgeber wäre es allerdings zur Stärkung der Verwertungsinteressen auch nicht von vornherein verwehrt, das Recht auf freie Benutzung mit einer Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung zu verknüpfen. Hierbei könnte er der Kunstfreiheit beispielsweise durch nachlaufende, an den kommerziellen Erfolg eines neuen Werks anknüpfende Vergütungspflichten Rechnung tragen. Auch ohne Vergütungsregelung lässt die gesetzliche Regelung aber ausreichend Spielraum, um hier die Verwertungsinteressen des Tonträgerherstellers bei der Bestimmung der Reichweite des Rechts auf freie Benutzung zu berücksichtigen und ihm - unabhängig vom Einzelfall - „unter dem Strich“ ein angemessenes Entgelt für seine Leistung zu belassen (vgl. BVerfGE 79, 29 <42>). Die Zulässigkeit einer freien Benutzung von Tonträgern zu künstlerischen Zwecken ist nicht gleichbedeutend mit der generellen Zulässigkeit des erlaubnis- und vergütungsfreien Sampling. So bleibt es im Falle nichtkünstlerischer Nutzungen bei der Lizenzierungspflicht. Zudem erlaubt § 24 Abs. 1 UrhG eine freie Benutzung auch nur, soweit ein hinreichender Abstand des Werks zu der entnommenen Sequenz oder zum Originaltonträger insgesamt besteht (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2009 - I ZR 112/06, Metall auf Metall I -, NJW 2009, S. 770 <773>; zum Abstand bei Laufbildern BGHZ 175, 135 <143> - TV Total).

 
II.

Dagegen verletzen die angegriffenen Entscheidungen die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) in ihrer durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Freiheit der künstlerischen Betätigung.

1. a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung zwischen dem Eigentumsschutz der Tonträgerhersteller und den damit konkurrierenden Grundrechtspositionen nachzuvollziehen und dabei unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>; 129, 78 <101 f.>). Sind bei der Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>; 129, 78 <102>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358>; 129, 78 <102>).

Dabei gibt das Grundgesetz den Zivilgerichten regelmäßig keine bestimmte Entscheidung vor. Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst dann erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 129, 78 <102>; 134, 204 <234 Rn. 103>).

b) Die Kunstfreiheit ist in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos gewährleistet. Die Schranken ergeben sich insbesondere aus den Grundrechten anderer Rechtsträger, aber auch aus sonstigen Rechtsgütern mit Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 30, 173 <193>; 67, 213 <228>; 83, 130 <139>; 119, 1 <23 f.>). Der eigentumsrechtliche Schutz des Tonträgerherstellerrechts aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG (vgl. BVerfGE 81, 12 <16>) stellt eine solche Schranke dar.

Auch bei der Auslegung und Anwendung dieser privatrechtlichen Vorschrift gebietet jedoch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine kunstspezifische Betrachtung (vgl. BVerfGE 119, 1 <27>). Dabei sind Intensität und Ausmaß der Auswirkungen der verschiedenen Auslegungs- und Anwendungsvarianten auf die betroffenen Rechtsgüter beider Parteien zu ermitteln und bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Die kunstspezifische Betrachtung verlangt, bei der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Ausnahmeregelungen die Übernahme fremder Werkausschnitte in eigene Werke als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anzuerkennen und damit diesen Vorschriften für Kunstwerke zu einem Anwendungsbereich zu verhelfen, der weiter ist als bei einer anderen, nichtkünstlerischen Nutzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2000 - 1 BvR 825/98, Germania 3 -, NJW 2001, S. 598 <599>). Bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken steht dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke ohne Genehmigung zu fremden kommerziellen Zwecken zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben (so bereits BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2000 - 1 BvR 825/98, Germania 3 -, NJW 2001, S. 598 <599>). Diese Grundsätze gelten auch für die Nutzung von nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützten Tonträgern zu künstlerischen Zwecken.

c) Somit gebietet der verfassungsrechtliche Schutz des geistigen Eigentums zum einen nicht, dem Tonträgerhersteller jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen, sondern soll lediglich sicherstellen, dass ihm insgesamt ein angemessenes Entgelt für seine Leistung verbleibt. Zum anderen steht ein Werk mit der Veröffentlichung nicht mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung, sondern tritt bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden. Da es sich mit der Zeit von der privatrechtlichen Verfügbarkeit löst und geistiges und kulturelles Allgemeingut wird, muss der Urheber hinnehmen, dass es stärker als Anknüpfungspunkt für eine künstlerische Auseinandersetzung dient (vgl. BVerfGE 79, 29 <42>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2000 - 1 BvR 825/98, Germania 3 -, NJW 2001, S. 598 <599>). Dies hat für das Tonträgerherstellerrecht an urheberrechtlich geschützten Werken genauso zu gelten. Hierin drückt sich die Sozialbindung des geistigen Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG aus (vgl. BVerfGE 79, 29 <40>; 81, 12 <17 f.>).

2. Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf künstlerische Betätigungsfreiheit. Die Beschwerdeführer können sich auf die Kunstfreiheit berufen, die durch die angegriffenen Entscheidungen beeinträchtigt wird (a). Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über das Tonträgerherstellerrecht aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG und über das Recht auf freie Benutzung aus § 24 Abs. 1 UrhG in den angegriffenen Entscheidungen beruhen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Kunstfreiheit, der bei der erforderlichen Abwägung mit den Eigentumsinteressen der Tonträgerhersteller nicht das ihr zukommende Gewicht beigemessen wird (b).

a) Die beiden streitgegenständlichen Versionen des Titels „Nur mir“ stellen Kunstwerke im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG dar, denn es handelt sich um freie schöpferische Gestaltungen, in denen Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse der Künstler durch das Medium einer bestimmten Formensprache, hier der Musik, zur Anschauung gebracht werden (vgl. BVerfGE 30, 173 <188 f.>; 67, 213 <226>; 75, 369 <377>; 119, 1 <20 f.>).

Die angegriffenen Entscheidungen betreffen die Beschwerdeführer unmittelbar im Wirkbereich dieser Kunstwerke, indem insbesondere der Vertrieb der beiden Versionen von „Nur mir“ verboten wird. Sie haben aber auch Rückwirkungen auf den Werkbereich, da die Verurteilung gerade auf dem künstlerischen Einsatz des Sampling als musikalischem Gestaltungsmittel beruht, das bei der Produktion der beiden Versionen verwendet wurde (vgl. BVerfGE 67, 213 <224>; 119, 1 <21 f.>). Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich die Reichweite der Kunstfreiheit von vornherein nicht auf die eigenmächtige Inanspruchnahme oder Beeinträchtigung fremden geistigen Eigentums zum Zwecke der künstlerischen Entfaltung erstrecke. Ein solch prinzipieller Vorrang der Eigentumsgarantie vor der Gewährleistung der Kunstfreiheit lässt sich - wie auch umgekehrt ein prinzipieller Vorrang der Kunstfreiheit vor dem Eigentum - nicht aus der Verfassung herleiten. Jedes künstlerische Wirken bewegt sich jedoch zunächst im Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, gleich wie und wo es stattfindet (anders noch BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses vom 19. März 1984 - 2 BvR 1/84, Sprayer von Zürich -, NJW 1984, S. 1293 <1294>). Ob die Kunstfreiheit dann wegen der Beeinträchtigung insbesondere von Grundrechten Dritter zurücktreten muss, ist erst anschließend zu entscheiden.

b) Diese Beeinträchtigung der Beschwerdeführer in ihrer Kunstfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die Annahme, die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen stelle einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG dar, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trägt der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung.

Zwar verletzt die Annahme eines Eingriffs in das Tonträgerherstellerrecht durch kleinste Rhythmussequenzen als solches die Kunstfreiheit nicht (aa). Bei der Abwägung zwischen den betroffenen grundrechtlich geschützten Positionen (bb) sind jedoch die Auswirkungen der angegriffenen Entscheidungen auf die Kunstfreiheit des entlehnenden Künstlers (<1>) den Auswirkungen einer weiterreichenden Zulassung des Sampling auf die Eigentumsinteressen der Tonträgerhersteller (<2>) gegenüberzustellen. Im Ergebnis muss die Nutzung von Samples bei einer kunstspezifischen Betrachtungsweise auch unabhängig von der Nachspielbarkeit grundsätzlich möglich sein (<3>).

aa) Die Bejahung eines Eingriffs in das Tonträgerherstellerrecht aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG schon bei der Entnahme einer nur kurzen Rhythmussequenz stellt für sich genommen noch keine ungerechtfertigte Beeinträchtigung der Kunstfreiheit dar, da hierdurch auch nach dem Verständnis der angegriffenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht ausgeschlossen wird, dass ein solcher Eingriff bei einer Auslegung und Anwendung des einschlägigen Gesetzesrechts in Einklang mit der Kunstfreiheit rechtmäßig sein kann.

Die Annahme einer möglichen Rechtfertigung dieses Eingriffs durch eine analoge Anwendung des Rechts auf freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG überschreitet nicht die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung. Da das Sampling zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes im Jahr 1965 noch keine Rolle gespielt hat, ist es jedenfalls vertretbar, wenn der Bundesgerichtshof im Hinblick auf die Nutzung von Ausschnitten aus Tonträgern durch Sampling eine planwidrige Gesetzeslücke annimmt, wie er dies bereits vorher im Fall des Leistungsschutzrechts der Film- beziehungsweise Laufbildhersteller getan hatte (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2000 - I ZR 282/97, Mattscheibe -, GRUR 2000, S. 703 <704>; BGHZ 175, 135 <142 Rn. 24 ff.> - TV Total). Der durch die Anwendung von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Samples drohenden Beschränkung der künstlerischen Betätigungsfreiheit begegnet der Bundesgerichtshof in vertretbarer Weise durch die analoge Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, Metall auf Metall I -, NJW 2009, S. 770 <772>).

bb) Allerdings muss das Fachgericht bei der Auslegung und Anwendung des Leistungsschutzrechts nach § 85 UrhG den Schutz der Kunstfreiheit berücksichtigen, der in § 24 UrhG seinen gesetzlichen Ausdruck gefunden hat. Dabei wiegt die Behinderung der Freiheit des Künstlers durch das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers in diesem Fall schwerer als der Schutz von Eigentum und Kunstfreiheit der Tonträgerhersteller.

(1) Die Anforderungen, die die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen an die Zulässigkeit des Sampling stellen, können weitreichende Auswirkungen für andere Kunstschaffende haben, wie insbesondere im Bereich des Hip-Hop für die Beschwerdeführer. Das Tonträgerherstellerrecht vermittelt seinem Inhaber gegenüber Nutzern des Tonträgers nicht lediglich einen Vergütungsanspruch, sondern enthält auch ein Verfügungsrecht, das dem Inhaber eine Verbotsmacht gegenüber von ihm nicht genehmigten Nutzungen in die Hand gibt. Damit könnte er aber die Schöpfung neuer Kunstwerke verhindern, die durch die Kunstfreiheit geschützt ist. Sampling zu tongestalterischen Zwecken ist dabei genauso von der Kunstfreiheit geschützt, wie wenn es zum Zweck der kritischen Auseinandersetzung mit dem Original erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2000 - 1 BvR 825/98, Germania 3 -, NJW 2001, S. 598 <599>).

Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stellt ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt, was der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Prüfung der Kunstfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt hat.

Der Verweis auf die Lizenzierungsmöglichkeit bietet keinen gleichwertigen Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit: Auf die Einräumung einer Lizenz zur Übernahme des Sample besteht kein Anspruch; sie kann von dem Tonträgerhersteller aufgrund seines Verfügungsrechts ohne Angabe von Gründen und ungeachtet der Bereitschaft zur Zahlung eines Entgelts für die Lizenzierung verweigert werden. Für die Übernahme kann der Tonträgerhersteller die Zahlung einer Lizenzgebühr verlangen, deren Höhe er - innerhalb der allgemeinen rechtlichen Grenzen, also insbesondere des Wucherverbots des § 138 Abs. 2 BGB - frei festsetzen kann. Besonders schwierig gestaltet sich der Prozess der Rechteeinräumung bei Werken, die viele verschiedene Samples benutzen und diese collagenartig zusammenstellen. Die Existenz von Sampledatenbanken, auf denen Samples samt den Nutzungsrechten erworben werden können, sowie von Dienstleistern, die Musikschaffende beim Sampleclearing unterstützen, beseitigen diese Schwierigkeiten nur teilweise, da bei deren Inanspruchnahme unter Umständen erhebliche Transaktionskosten und größerer Rechercheaufwand entstehen. Außerdem schränkt die Verweisung hierauf die Samplingmöglichkeiten erheblich - nämlich auf das jeweils vorhandene Angebot - ein.

Das eigene Nachspielen von Klängen stellt ebenfalls keinen gleichwertigen Ersatz dar. Der Einsatz von Samples ist eines der stilprägenden Elemente des Hip-Hop. Der direkte Zugriff auf das Originaltondokument ist - ähnlich wie bei der Kunstform der Collage - Mittel zur „ästhetischen Reformulierung des kollektiven Gedächtnisses kultureller Gemeinschaften“ (Großmann, Die Geburt des Pop aus dem Geist der phonographischen Reproduktion, in: Bielefeldt/Dahmen/ders., PopMusicology. Perspektiven der Popmusikwissenschaft, 2008, S. 119 <127>) und wesentliches Element eines experimentell synthetisierenden Schaffensprozesses. Die erforderliche kunstspezifische Betrachtung verlangt, diese genrespezifischen Aspekte nicht unberücksichtigt zu lassen. Dass in anderen Bereichen Samples auch oder vorrangig zum Zweck der Kostenersparnis eingesetzt werden, darf nicht dazu führen, den Einsatz dieses Gestaltungsmittels auch dort unzumutbar zu erschweren, wo es stilprägend ist.

Hinzu kommt, dass sich das eigene Nachspielen eines Sample als sehr aufwendig gestalten kann und die Beurteilung der gleichwertigen Nachspielbarkeit für die Kunstschaffenden zu erheblicher Unsicherheit führt. Im Ausgangsverfahren waren vor dem Oberlandesgericht für die Klärung der Nachspielbarkeit mehrere Gutachter und Verhandlungstage erforderlich. Es steht zu befürchten, dass selbst in Fällen, in denen ein gleichwertiges Nachspielen nicht möglich ist, Kunstschaffende auf die - in diesem Fall auch nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs zulässige - Übernahme verzichten, weil ihnen der für den Nachweis der fehlenden Nachspielbarkeit erforderliche Aufwand und das rechtliche Risiko als zu groß erscheinen. Das Kriterium der gleichwertigen Nachspielbarkeit entfaltet damit abschreckende Wirkung, die eine besonders wirksame verfassungsrechtliche Kontrolle erforderlich macht (vgl. für den Fall der Strafbarkeit von Veröffentlichungen BVerfGE 81, 278 <290>).

(2) Diesen Beschränkungen der künstlerischen Betätigungsfreiheit steht hier für den Fall einer erlaubnisfreien Zulässigkeit des Sampling durch die Beschwerdeführer nur ein geringfügiger Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger und in entsprechende Rechte anderer Tonträgerhersteller ohne erhebliche wirtschaftliche Nachteile gegenüber.

Eine Gefahr von Absatzrückgängen für die Kläger des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf ihr Album „Trans Europa Express“ oder auch nur den Titel „Metall auf Metall“ durch die Übernahme der Sequenz in die beiden streitgegenständlichen Versionen des Titels „Nur mir“ ist nicht ersichtlich. Eine solche Gefahr könnte im Einzelfall allenfalls dann entstehen, wenn das neu geschaffene Werk eine so große Nähe zu dem Tonträger mit der Originalsequenz aufwiese, dass realistischerweise davon auszugehen wäre, dass das neue Werk mit dem ursprünglichen Tonträger in Konkurrenz treten werde (vgl. Ohly, Gutachten F zum 70. Deutschen Juristentag, 2014, S. F 41; Spindler, NJW 2014, S. 2550 <2552>). Dabei sind der künstlerische und zeitliche Abstand zum Ursprungswerk, die Signifikanz der entlehnten Sequenz, die wirtschaftliche Bedeutung des Schadens für den Urheber des Ausgangswerks sowie dessen Bekanntheit einzubeziehen.

Allein der Umstand, dass für den konkreten Fall des Sampling dessen Zulässigkeit entsprechend § 24 Abs. 1 UrhG dem Tonträgerhersteller die Möglichkeit einer Lizenzeinnahme nimmt, bewirkt ebenfalls nicht ohne weiteres - und insbesondere nicht im vorliegenden Fall - einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil des Tonträgerherstellers.

Der Grund dafür, dem Tonträgerhersteller ein besonderes gesetzliches Schutzrecht zu gewähren, war nicht, ihm Einnahmen aus Lizenzen für die Übernahme von Ausschnitten in andere Tonaufnahmen zu sichern, sondern der Schutz vor einer Gefährdung seines wirtschaftlichen Einsatzes durch Tonträgerpiraterie (vgl. Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 23. März 1962, BTDrucks IV/270, S. 34; BVerfGE 81, 12 <18>). Der Schutz kleiner und kleinster Teile durch ein Leistungsschutzrecht, das im Zeitablauf die Nutzung des kulturellen Bestandes weiter erschweren oder unmöglich machen könnte, ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten (vgl. von Ungern-Sternberg, GRUR 2010, S. 386 <387>).

Schließlich kann ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil auch nicht damit begründet werden, dass der Verwender des Sample durch die Übernahme das eigene Nachspielen und damit eigene Aufwendungen vermeide (vgl. in diesem Sinne das angegriffene Urteil des Hanseatischen OLG vom 7. Juni 2006 - 5 U 48/05 -, GRUR-RR 2007, S. 3 <4>). Hierin liegt zunächst lediglich ein wirtschaftlicher Vorteil des Sampleverwenders durch die erzielte Ersparnis. Dieser korrespondiert aber nicht automatisch mit einem entsprechenden Nachteil des Herstellers des Originaltonträgers. Ein solcher könnte allenfalls in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden Tonträgerherstellern angenommen werden (vgl. Salagean, Sampling im deutschen, schweizerischen und US-amerikanischen Urheberrecht, 2008, S. 233), für das vorliegend aber nichts ersichtlich ist.

Soweit die Kläger des Ausgangsverfahrens die Untersagung der Verwendung des Sample nicht zur ökonomischen Verwertung ihrer Leistung erstreben, sondern damit verhindern wollen, dass ihr Musikwerk in anderen Zusammenhängen erscheint, fällt ihr Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht erheblich ins Gewicht. Zudem sind sie durch die Entscheidungen im Ausgangsverfahren ausschließlich in ihren Interessen als Tonträgerhersteller und damit in ihrer Mittlerfunktion zwischen Künstlern und Publikum betroffen, nicht dagegen in ihrer Rolle als Künstler und Urheber.

(3) Danach steht hier ein geringfügiger Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht ohne erhebliche wirtschaftliche Nachteile einer erheblichen Beeinträchtigung der künstlerischen Betätigungs- und Entfaltungsfreiheit gegenüber.

Auch wenn man grundsätzlich die wirtschaftliche Bedeutung der Vergabe von Samplelizenzen für die Tonträgerhersteller schon aufgrund des Art. 14 Abs. 1 GG anerkennt, kann der Schutz des Eigentums nicht dazu führen, die Verwendung von gleichwertig nachspielbaren Samples eines Tonträgers generell von der Erlaubnis des Tonträgerherstellers abhängig zu machen, da dies dem künstlerischen Schaffensprozess nicht hinreichend Rechnung trägt. Dies führt umgekehrt auch nicht zu einer übermäßigen Beschränkung der Verwertungsmöglichkeiten an dem Tonträger. Denn die Vergabe solcher Lizenzen bleibt weiterhin möglich und ist für die Nutzung der Samples in vielen Fällen auch erforderlich - beispielsweise für Nutzungen, die nicht von der Kunstfreiheit erfasst sind oder die aufgrund ihres Umfangs oder ihres zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Originaltonträger nicht hinnehmbare wirtschaftliche Risiken für dessen Hersteller mit sich bringen. Insoweit haben damit hier die Verwertungsinteressen der Tonträgerhersteller in der Abwägung mit den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Betätigung zurückzutreten. Das vom Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UrhG auf Eingriffe in das Tonträgerherstellerrecht eingeführte zusätzliche Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz ist nicht geeignet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer ungehinderten künstlerischen Fortentwicklung und den Eigentumsinteressen der Tonträgerproduzenten herzustellen.

 
D.
 
I.

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) in ihrem Recht auf künstlerische Betätigungsfreiheit. Die Urteile des Bundesgerichtshofs sowie das Urteil des Oberlandesgerichts vom 17. August 2011 sind aufzuheben und die Sache ist an den Bundesgerichtshof zurückzuverweisen.

 
II.

Der Bundesgerichtshof kann bei der erneuten Entscheidung die hinreichende Berücksichtigung der Kunstfreiheit im Rahmen einer entsprechenden Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG sicherstellen. Hierauf ist er aber nicht beschränkt. Eine verfassungskonforme Rechtsanwendung, die hier und in vergleichbaren Konstellationen eine Nutzung von Tonaufnahmen zu Zwecken des Sampling ohne vorherige Lizenzierung erlaubt, könnte beispielsweise auch durch eine einschränkende Auslegung von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG erreicht werden, wonach das Sampling erst dann einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht darstellt, wenn die wirtschaftlichen Interessen des Tonträgerherstellers in erheblicher Weise berührt werden (vgl. Hanseatisches OLG, Beschluss vom 18. April 1991 - 3 W 38/91 -, GRURInt 1992, S. 390 <391>; Urteil vom 16. Mai 1991 - 3 U 237/90 -, NJW-RR 1992, S. 746 <748>; Gelke, Mashups im Urheberrecht, 2013, S. 128 ff.; Häuser, Sound und Sampling, 2002, S. 109 ff.; Leistner, JZ 2014, S. 846 <849>; Salagean, Sampling im deutschen, schweizerischen und US-amerikanischen Urheberrecht, 2008, S. 231 ff.). Ebenso erscheint ein Rückgriff auf das Zitatrecht nach § 51 UrhG vorstellbar.

Auch völkerrechtliche Bindungen stehen einer solchen Auslegung nicht entgegen. Denn nach Art. 1 Buchstabe c des Genfer Tonträger-Übereinkommens setzt eine Vervielfältigung die Übernahme eines wesentlichen Teils der in dem Tonträger festgelegten Töne voraus. Der Begriff des wesentlichen Teils lässt für die oben entwickelten verfassungsrechtlichen Wertungen hinreichend Raum (vgl. auch Leistner, JZ 2014, S. 846 <849>).

 
III.

Soweit Nutzungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002 betroffen sind, hat der Bundesgerichtshof als zuständiges Fachgericht zunächst zu prüfen, inwieweit durch vorrangiges Unionsrecht noch Spielraum für die Anwendung des deutschen Rechts bleibt (1). Erweist sich das europäische Richtlinienrecht als abschließend, ist der Bundesgerichtshof verpflichtet, effektiven Grundrechtsschutz vornehmlich dadurch zu gewährleisten, dass er die Richtlinienbestimmungen mit den europäischen Grundrechten konform auslegt und bei Zweifeln über die Auslegung oder Gültigkeit der Urheberrechtsrichtlinie das Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV vorlegt (2).

1. Auf Nutzungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002 ist die Urheberrechtsrichtlinie nach ihrem Art. 10 Abs. 2 anwendbar.

Der Bundesgerichtshof hat zu prüfen, ob auch im zeitlichen Anwendungsbereich der Richtlinie die deutschen Grundrechte anwendbar sind und dafür zunächst die aus seiner Sicht einschlägigen Vorschriften der Urheberrechtsrichtlinie daraufhin zu untersuchen, inwiefern sie Umsetzungsspielräume im nationalen Recht zulassen, wobei er der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt.

a) Innerstaatliche Rechtsvorschriften, die eine Richtlinie der Europäischen Union in deutsches Recht umsetzen, sind grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, sondern am Unionsrecht und damit auch den durch dieses gewährleisteten Grundrechten zu messen, soweit die Richtlinie den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum überlässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 118, 79 <95>; 121, 1 <15>; 125, 260 <306 f.>; 129, 186 <198 f.>; 133, 277 <313 ff. Rn. 88 ff.>; zur fortbestehenden Identitätskontrolle zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, NJW 2016, S. 1149 <1151 Rn. 43 ff.>); zu den Grenzen der Anwendbarkeit der Unionsgrundrechte EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014, Hernández, C-198/13, EU:C:2014:2055, Rn. 35; Urteil vom 6. Oktober 2015, Delvigne, C-650/13, EU:C:2015:648, Rn. 27). Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts zu ermitteln. Die Auslegung unionsrechtlicher Sekundärrechtsakte obliegt auf nationaler Ebene zuvörderst den Fachgerichten. Diese haben dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV - auch in Bezug auf den Schutz der Grundrechte - in Betracht zu ziehen (vgl. BVerfGE 129, 78 <103>).

Halten die Fachgerichte eine vollständige Bindung durch das Unionsrecht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für eindeutig, unterliegt dies wegen der Bedeutung dieser Frage für die Anwendbarkeit der deutschen Grundrechte in vollem Umfang der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 129, 78 <103>). Denn mit der Feststellung oder Verneinung eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums wird zunächst durch die Fachgerichte darüber entschieden, ob Grundrechte des Grundgesetzes berücksichtigt werden müssen und ob das Bundesverfassungsgericht nach seiner Rechtsprechung die Überprüfung nationaler Umsetzungsakte am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, solange die Europäische Union einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen wirksamen Schutz der Grundrechte gewährleisten, der nach Inhalt und Wirksamkeit dem Grundrechtsschutz, wie er nach dem Grundgesetz unabdingbar ist, im Wesentlichen gleichkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <161>; 123, 267 <335>; 129, 78 <103>).

b) Im Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie ist die Bindung der Fachgerichte an die Grundrechte des Grundgesetzes nicht ausgeschlossen. Das ist der Fall, soweit diese den Mitgliedstaaten Umsetzungsspielräume belässt. Dabei ist in Bezug auf jede einzelne Regelung zu unterscheiden, inwieweit diese den Mitgliedstaaten verbindliche Vorgaben macht oder ihnen Umsetzungsspielräume belässt. Bei der Frage der Determinierung des deutschen Rechts durch die Urheberrechtsrichtlinie ist somit zu klären, inwieweit diese den Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht abschließend regelt.

Dafür ist zu entscheiden, ob eine Vervielfältigung im Sinne der Richtlinie vorliegt (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, Painer/Standard, C-145/10, EU:C:2011:798, Rn. 36, 95 ff.; Urteil vom 22. Januar 2015, Allposters, C-419/13, EU:C:2015:27, Rn. 24 ff.), ob diese Rechtsprechung auf Vervielfältigungen von Tonträgern übertragbar ist und ob die Rechtfertigung des Eingriffs in das Tonträgerherstellerrecht abschließend geregelt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 3. September 2014, Vrijheidsfonds, C-201/13, EU:C:2014:2132, Rn. 14 ff.; Urteil vom 27. Februar 2014, OSA, C-351/12, EU:C:2014:110, Rn. 36; dazu Leistner, GRUR 2014, S. 1145 <1149>; von Ungern-Sternberg, GRUR 2015, S. 533 <536 ff.>).

Soweit für die hier zu entscheidenden Fragestellungen eine Determinierung des deutschen Urheberrechts durch die anwendbaren Bestimmungen der Urheberrechtsrichtlinie angenommen wird, gilt dies nicht zwingend auch für die weiteren Regelungen der Richtlinie. So kommen mitgliedstaatliche Spielräume insbesondere im Rahmen der Regelungen zum Schutz von technischen Maßnahmen in Art. 6 der Urheberrechtsrichtlinie (vgl. BVerfGK 19, 278 <283> - AnyDVD), zum Zugang zu Informationen für die Rechtewahrnehmung in Art. 7 sowie zu den Sanktionen und Rechtsbehelfen bei Urheber- und Schutzrechtsverletzungen in Art. 8 in Betracht (vgl. Ohly, Gutachten F zum 70. Deutschen Juristentag, 2014, S. F 103; a.A. Obergfell/Stieper, in: Festschrift 50 Jahre Urheberrechtsgesetz, 2015, S. 223 <232>).

2. Wenn der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis kommt, dass die Urheberrechtsrichtlinie dem deutschen Gesetzgeber in den für das Ausgangsverfahren relevanten urheberrechtlichen Fragen keinen Umsetzungsspielraum überlässt, ist er verpflichtet, auf einen effektiven unionsrechtlichen Grundrechtsschutz hinzuwirken (a). Soweit der Bundesgerichtshof Zweifel an der Vereinbarkeit der Urheberrechtsrichtlinie mit den europäischen Grundrechten hat, muss er diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union vorlegen (b). Dies überprüft das Bundesverfassungsgericht (c).

a) Die Verpflichtung, eine effektive Durchsetzung der Unionsgrundrechte über das Vorabentscheidungsverfahren zu fördern, stellt eine notwendige Kompensation dar für die Rücknahme der Überprüfung unionsrechtlich determinierter Sachverhalte anhand der deutschen Grundrechte und für das weitgehende Fehlen von unionsrechtlichem Individualrechtsschutz gegen Rechtsetzungsakte der Europäischen Union.

Im Fall der Determinierung des deutschen Urheberrechts durch die Richtlinie ist demnach eine richtlinienkonforme Auslegung der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts vorzunehmen, in deren Rahmen ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch das Unionsrecht geschützten Grundrechten sicherzustellen ist. Bei der Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie sind dann die in Art. 13 Satz 1 der Grundrechtecharta gewährleistete Kunstfreiheit auf der einen und das gemäß Art. 17 Abs. 2 der Grundrechtecharta geschützte geistige Eigentum auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen (zur Urheberrechtsrichtlinie in diesem Zusammenhang vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008, Promusicae, C-275/06, EU:C:2008:54, Rn. 68; Urteil vom 27. März 2014, UPC Telekabel Wien, C-314/12, EU:C:2014:192, Rn. 45 ff.).

b) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union kann aus grundrechtlicher Sicht insbesondere dann erforderlich sein, wenn das Fachgericht Zweifel an der Übereinstimmung eines europäischen Rechtsakts oder einer Entscheidung des Gerichtshofs mit den Grundrechten des Unionsrechts, die einen den Grundrechten des Grundgesetzes entsprechenden Grundrechtsschutz gewährleisten, hat oder haben muss (vgl. BVerfGE 129, 78 <104>). Das verlangt - unabhängig von dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, der bei der fachgerichtlichen Handhabung der Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zu beachten ist (dazu BVerfGE 82, 159 <192 f.>; 129, 78 <105 ff.>; 135, 155 <230 ff. Rn. 176 ff.>) - das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes, insbesondere Grundrechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem jeweils anwendbaren Grundrecht des Grundgesetzes; vgl. BVerfGE 118, 79 <97>; 129, 78 <103 f.>). Sollte der Bundesgerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der Urheberrechtsrichtlinie Zweifel an deren Vereinbarkeit mit den Grundrechten des Unionsrechts, insbesondere mit der Kunstfreiheit gemäß Art. 13 Satz 1 der Grundrechtecharta, haben, muss er die Frage der Vereinbarkeit mit den europäischen Grundrechten und einer grundrechtskonformen Auslegung der Richtlinie dem Gerichtshof der Europäischen Union vorlegen.

c) Mit der Überprüfung der fachgerichtlichen Vorlagepraxis im Grundrechtsbereich füllt das Bundesverfassungsgericht seine Aufgabe bei der Sicherung der Grundrechte in Deutschland nicht nur gegenüber der deutschen, sondern auch der europäischen öffentlichen Gewalt aus (vgl. BVerfGE 89, 155 <156 7. Leitsatz>). Dabei prüft es insbesondere, ob das Fachgericht drohende Grundrechtsverletzungen abgewehrt hat, indem es den Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen seiner Zuständigkeiten mit der Grundrechtsfrage nach europäischem Recht befasst hat, und ob der unabdingbare Mindeststandard des Grundgesetzes gewahrt ist (zu diesem vgl. BVerfGE 133, 277 <316 Rn. 91>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, NJW 2016, S. 1149 <1150 ff. Rn. 40 ff., 66>).

 
IV.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

 
Kirchhof       Gaier       Eichberger       Schluckebier       Masing       Paulus       Baer       Britz
Gerichtsart Vorinstanz: 
BGH
Gerichtsort Vorinstanz: 
Karlsruhe
Datum Vorinstanz: 
31. Dezember 2012
Aktenzeichen Vorinstanz: 
I ZR 182/11

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.11.2014, AZ: I ZR 177/13, zur Frage, wann ein Kunstwerkt nur als unwesentliches Beiwerk im Sinne des § 57 UrhG anzusehen ist - Möbelkatalog -

Bundesgerichtshof zur Frage, wann ein Kunstwerkt nur als unwesentliches Beiwerk im Sinne des § 57 UrhG anzusehen ist - Möbelkatalog -
Amtliche Leitsätze: 

 

a) Die Schutzschranke gemäß § 57 UrhG erfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG.

b) Die Prüfung, ob ein Werk gemäß § 57 UrhG unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe ist, setzt zunächst die Bestimmung dieses Hauptgegenstandes voraus. Wird ein Gemälde zusammen mit zum Verkauf stehenden Möbeln in einer Fotografie und diese Fotografie im Verkaufskatalog des Möbelherstellers und auf seiner Internetseite abgebildet, ist der Hauptgegenstand im Regelfall nicht der gesamte Möbelkatalog oder der gesamte Internetauftritt des Anbieters, sondern die konkrete Fotografie.

c) Ein Werk ist im Verhältnis zum Hauptgegenstand unwesentlich im Sinne von § 57 UrhG, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden kann, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffällt oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstandes in irgendeiner Weise beeinflusst wird.

d) Darüber hinaus ist ein Werk als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG anzusehen, wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls keine auch noch so geringfügige inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern es durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für diesen ohne jede Bedeutung ist. Eine derart nebensächliche Bedeutung kann dem mitverwerteten Werk regelmäßig nicht mehr zugewiesen werden, sobald es erkennbar stil- oder stimmungsbildend oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend in das Hauptwerk oder den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, einen dramaturgischen Zweck erfüllt oder sonst - etwa für eine Film- oder Theaterszene - charakteristisch ist.

 

Urteilstext: 

 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I ZR 177/13

in dem Rechtsstreit

UrhG § 57                                                                                                      Möbelkatalog

 

BGH, Urteil vom 17. November 2014 - I ZR 177/13 - OLG Köln - LG Köln

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. August 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

 

Tatbestand:

Der Kläger ist Urheber des Gemäldes "ohne Titel 2002/08", Mischtechnik auf Leinwand. Die Beklagte produziert und vertreibt Büromöbel. Im Jahre 2008 kamen die Parteien überein, mehrere Werke des Klägers auszustellen. Dazu zählte auch das Gemälde "ohne Titel 2002/08", das der Kläger der Beklagten im August 2008 zu diesem Zweck zur Verfügung stellte.

Nach Rückgabe des Gemäldes bemerkte der Kläger, dass im Katalog der Beklagten wie nachfolgend wiedergegeben eine Fotografie veröffentlicht worden war, auf der neben den in der Verkaufsausstellung der Beklagten präsentierten Möbeln auch sein Gemälde zu sehen war.

 

„Abbildung der Katalogseite im Originalurteil

 

Diese Fotografie war zudem auf der Internetseite der Beklagten abrufbar. Ein Hinweis auf den Kläger als Urheber des Gemäldes fehlte jeweils.

Der Kläger sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung seines Urheberrechts. Auf seine Abmahnung hin hat die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben, eine ebenfalls verlangte Auskunftserteilung aber verweigert. Der Kläger hat im Wege der Stufenklage zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

  1. Auskunft zu erteilen über den Zeitraum, währenddessen das nachfolgend wiedergegebene Werk des Klägers ohne Titel 2002/08, Mischtechnik auf Leinwand; Archiv Nr. B_04/099; Maße 220 cm x 190 cm, auf der Website der Beklagten www. w... -bueromoebel.de öffentlich zugänglich gemacht wurde:
     

    „Screenshot der Internetseite im Originalurteil
     

  2. Auskunft zu erteilen, an welcher sonstigen Stelle im Internet einschließlich sozialer Netzwerke und/oder offline, etwa in Katalogen, das unter 1. näher beschriebene Werk zugänglich gemacht wurde, und zwar ganz oder teilweise, selbst oder durch Dritte, jeweils mit dem jeweiligen Veröffentlichungszeitraum.

Der Kläger hat zudem angekündigt, die Beklagte nach erteilter Auskunft auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Anspruch zu nehmen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, die vom Kläger beanstandete Nutzung des streitbefangenen Werkes sei mit seiner Zustimmung erfolgt. Außerdem stelle die Abbildung des Gemäldes des Klägers in einer Lichtbildaufnahme der in den Verkaufsräumen ausgestellten Möbel lediglich unwesentliches Beiwerk der Produktpräsentation dar und sei daher ohne weiteres zulässig gewesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen (OLG Köln, GRUR-RR 2014, 58 = WRP 2013, 1662). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger die Auskunftsanträge weiter. Hinsichtlich des in der zweiten Stufe geltend gemachten noch unbezifferten Schadensersatzanspruchs begehrt er die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

 

 

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt als unbegründet angesehen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch auf Erteilung der zur Bezifferung desselben erforderlichen Auskünfte zu, da es bereits an einer Verletzung eines Urheberrechts des Klägers fehle.

Das im Katalog und im Internetauftritt der Beklagten abgebildete Gemälde des Klägers sei als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG anzusehen, so dass seine Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe in diesem Rahmen ohne weiteres zulässig gewesen sei. "Eigentlicher Gegenstand" der Vervielfältigung und öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 57 UrhG, neben dem das Gemälde des Klägers als unwesentliches Beiwerk anzusehen sei, sei nicht die einzelne Fotografie, auf der das Werk des Klägers abgebildet sei. Abzustellen sei vielmehr auf den gesamten Möbelkatalog und den vollständigen Internetauftritt der Beklagten. Bei den im Katalog der Beklagten enthaltenen Abbildungen stünden die Möbel der Beklagten, deren Absatz gefördert werden solle, eindeutig im Vordergrund. Soweit auf den Katalogabbildungen Kunstgegenstände erkennbar seien, seien diese reine Staffage und ohne weiteres austauschbar. Nichts anderes gelte hinsichtlich der - jedenfalls zu einem früheren Zeitpunkt - in den Internetauftritt der Beklagten eingebundenen Fotografie. Diese sei dort nur als eine von insgesamt sechs Fotografien eingeblendet gewesen. Zudem sei darauf das Gemälde des Klägers nur derart klein und vergröbert wiedergegeben worden, dass Einzelheiten nicht mehr erkennbar gewesen seien.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung, zugunsten der Beklagten greife die Schutzschranke des § 57 UrhG ein, nicht verneint werden.

1. Der aus § 97 UrhG in Verbindung mit § 242 BGB abgeleitete unselbständige Anspruch auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Berechnung des Schadensersatzanspruchs setzt voraus, dass der Beklagte widerrechtlich und schuldhaft ein dem Kläger nach dem Urheberrechtsgesetz zustehendes Recht verletzt hat, dem Kläger aufgrund dieser Rechtsverletzung ein Schadensersatzanspruch zusteht, zu dessen Berechnung die Auskunft erforderlich ist und der Kläger in entschuldbarer Weise über den Umfang des Anspruchs im Unklaren ist, während der Beklagte unschwer Auskunft erteilen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2012 - I ZR 96/09, ZUM 2013, 406 Rn. 15 - Einzelbild; Urteil vom 24. September 2014 - I ZR 35/11, GRUR 2015, 264 Rn. 28 = WRP 2015, 347 - Hi Hotel II).

Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die revisionsrechtliche Prüfung davon auszugehen, dass das vom Kläger geschaffene Gemälde "ohne Titel 2002/08" gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG als Werk der bildenden Kunst urheberrechtlichen Schutz genießt und die Beklagte durch die Abbildung des Gemäldes im Katalog und auf der Internetseite - vorbehaltlich des Eingreifens einer Bestimmung über die Schranken des Urheberrechts - widerrechtlich und schuldhaft in das ausschließliche Recht des Klägers zur Vervielfältigung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG) und der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 19a UrhG) eingegriffen hat. Für die Revisionsinstanz ist ferner aus dem gleichen Grund zu unterstellen, dass auch die weiteren Voraussetzungen eines aus § 242 BGB abgeleiteten unselbständigen Auskunftsanspruchs gegeben sind.

2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts, dem geltend gemachten Auskunftsanspruch des Klägers stehe die Schutzschranke des § 57 UrhG entgegen.

a) Nach § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. Die Bestimmung erfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG (Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 57 UrhG Rn. 2; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 57 Rn. 1; Grübler in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 3. Aufl., § 57 UrhG Rn. 4).

b) Die Prüfung, ob ein Werk unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe ist, setzt zunächst die Bestimmung dieses Hauptgegenstands voraus. Davon ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen. Die Revision rügt allerdings mit Erfolg, dass die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung nicht standhält.

aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass Gegenstand der Prüfung der Schutzschranke des § 57 UrhG nicht die beanstandete Fotografie ist, sondern der vollständige Katalog der Beklagten und der gesamte Inhalt ihrer Internetseite. Auf dieser Grundlage hat es angenommen, das Gemälde des Klägers sei auf der beanstandeten Fotografie im Gesamtzusammenhang des Katalogs der Beklagten als unwesentliches Beiwerk im Sinne des § 57 UrhG anzusehen. Deshalb sei es unerheblich, dass das Gemälde auf der beanstandeten Fotografie, wenn diese für sich betrachtet werde, einen deutlichen kontrastierenden Farbakzent setze. Dies führe nicht dazu, dass das Gemälde im Gesamtzusammenhang des Katalogs besonders hervortrete. Auch auf der Internetseite der Beklagten trete das Gemälde nicht in den Vordergrund. Es handele sich nur um eines in einer Reihe von insgesamt sechs Fotos, das sogar in einem etwas kleineren Format wiedergegeben sei als die anderen Abbildungen. Jedenfalls in dem vom Kläger vorgelegten Ausdruck werde dabei das Gemälde des Klägers so klein und vergröbert wiedergegeben, dass Einzelheiten nicht mehr erkennbar seien.

bb) Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist im Streitfall bei der Prüfung der Frage, ob das Gemälde des Klägers im Katalog und im Internetauftritt der Beklagten als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG anzusehen ist, nicht auf den gesamten Katalog oder den gesamten Internetauftritt der Beklagten als eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 57 UrhG abzustellen.

(1) Die vom Berufungsgericht vertretene extensive Bestimmung des eigentlichen Gegenstands der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe führt dazu, dass der Schutz eines urheberrechtlich geschützten Werkes umso geringer wird, je umfangreicher der vom potentiellen Verletzer gewählte Veröffentlichungskontext ist. Dies steht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass die Bestimmung des § 57 UrhG wie alle gesetzlichen Schranken des Urheberrechts gemäß §§ 44a ff. UrhG generell in dem Sinne eng auszulegen ist, dass der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist und die ihm hinsichtlich der Werkverwertung zustehenden Ausschließlichkeitsrechte daher nicht übermäßig beschränkt werden dürfen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 8 - Verhüllter Reichstag; Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 27 - Vorschaubilder I; Urteil vom 30. November 2011 - I ZR 212/10, GRUR 2012, 819 Rn. 28 = WRP 2012, 1418 - Blühende Landschaften; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 2; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 57 UrhG Rn. 1; Kirchmaier in Mestmäcker/Schulze, Urheberrecht, Stand Juni 2004, § 57 UrhG Rn. 1; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 57 UrhG Rn. 2).

Das Erfordernis einer in diesem Sinne engen Auslegung ergibt sich auch aus dem Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung. Die Reichweite der Schrankenregelung des § 57 UrhG ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Buchst. i der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zu bestimmen. Danach können die Mitgliedstaaten eine Schrankenregelung für die beiläufige Einbeziehung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands in anderes Material vorsehen. Nach Erwägungsgrund 44 dürfen Ausnahmen und Beschränkungen im Sinne der Richtlinie nicht auf eine Weise angewandt werden, in der die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber verletzt werden oder die normale Verwertung ihrer Werke oder sonstiger Schutzgegenstände beeinträchtigt wird. Dementsprechend geht auch der Gerichtshof der Europäischen Union davon aus, dass Ausnahmeregelungen, die von den dem Urheber in der Richtlinie 2001/29/EG allgemein vorbehaltenen Verbietungsrechten abweichen, eng auszulegen sind (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - C-5/08, Slg. 2009, I-6569 = GRUR 2009, 1041 Rn. 56 - Infopaq International/Danske Dagblades Forening).

(2) Das Berufungsgericht berücksichtigt bei seiner Beurteilung zudem nicht hinreichend, dass die Frage, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk gemäß § 57 UrhG lediglich als unwesentliches Beiwerk in Bezug auf den eigentlichen Nutzungsgegenstand anzusehen ist, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters zu beantworten ist (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 3; Lüft in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 57 UrhG Rn. 2; Grübler in Möhring/Nicolini aaO § 57 UrhG Rn. 7; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO § 57 UrhG Rn. 3; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 57 UrhG Rn. 2; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 8 ff.; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., §57 UrhG Rn.4; Kirchmaier in Mestmäcker/Schulze aaO § 57 UrhG Rn. 9).

Daraus ergibt sich, dass für die Qualifizierung eines Werkes als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG der Äußerungszusammenhang maßgeblich ist, der vom Durchschnittsbetrachter nach den Umständen unschwer als Ganzes wahrgenommen und beurteilt werden kann. Dabei sind die Besonderheiten des Mediums zu berücksichtigen, in dem das urheberrechtlich geschützte Werk benutzt wird (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 2; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 9; Grübler in Möhring/Nicolini aaO § 57 UrhG Rn. 6; Hahn/Glückstein, ZUM 2014, 380, 385; Maaßen, ZUM 2003, 830, 837 f.). Da die Bewertung als unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG die Beurteilung des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen dem Werk und dem Hauptgegenstand voraussetzt (vgl. OLG München, ZUM-RD 2008, 554; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 6; Dreier in Dreier/ Schulze aaO § 57 Rn. 3; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 57 UrhG Rn. 2; Hahn/Glückstein, ZUM 2014, 380, 385), hängt der Umfang des Gegenstands einer einheitlichen Beurteilung des Durchschnittsbetrachters außerdem davon ab, ob und inwieweit im Einzelfall inhaltliche Bezüge den Aussagegehalt des Gegenstands der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe bestimmen.

(3) Aus diesen Grundsätzen folgt, dass im Streitfall weder auf den gesamten Katalog noch den gesamten Internetauftritt der Beklagten abzustellen ist. Prüfungsgegenstand ist vielmehr die vom Kläger beanstandete konkrete Fotografie sowie der sich aus dem Kontext der Veröffentlichung ergebende Umstand, dass die Beklagte auf diesem Foto zu Werbezwecken einige von ihr vertriebene Möbelstücke in bestimmter Weise arrangiert hat, um dem Kunden so eine mögliche Verwendungssituation und die sich daraus ergebende ästhetische Wirkung dieser Möbel vor Augen zu führen. Hierdurch wird der eigentliche Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe auf die konkrete Fotografie und die einzelne Abbildung der Internetseite beschränkt.

c) Mit Erfolg macht die Revision ferner geltend, das Berufungsgericht habe seiner Beurteilung des Merkmals des unwesentlichen Beiwerks im Sinne von § 57 UrhG unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die primäre Aufgabe des Katalogs sei die Förderung des Absatzes der Möbel der Beklagten. Die Möbel stünden in den Abbildungen des Katalogs eindeutig im Vordergrund. Soweit auf den Katalogabbildungen Kunstgegenstände erschienen, seien diese reine Staffage. Auch bei der Verwendung des Fotos auf der Internetseite trete das Gemälde des Klägers nicht in den Vordergrund. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

(1) Für die Bejahung der Schutzschranke des § 57 UrhG reicht es nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist.

Von einer Unwesentlichkeit in diesem Sinn ist auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (vgl. Nordemann-Schiffel in Fromm/ Nordemann aaO § 57 UrhG Rn. 2; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 2; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 8; Lüft in Wandtke/Bullinger aaO § 57 UrhG Rn. 2; Loewenheim/Götting, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., § 31 Rn. 229) oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstandes in irgendeiner Weise beeinflusst wird (OLG München, ZUM-RD 2008, 554; Loewenheim/Götting aaO § 31 Rn. 229; Lüft in Wandtke/Bullinger aaO § 57 UrhG Rn. 2; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 57 UrhG Rn. 2; krit. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 2). Aber auch ein bei der Betrachtung des Hauptgegenstands der Verwertung vom Betrachter als solches tatsächlich wahrgenommenes Werk kann als unwesentliches Beiwerk anzusehen sein, wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls keine noch so geringfügige inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern es durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für diesen ohne jede Bedeutung ist (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 2; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO § 57 UrhG Rn. 2; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 8; Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 57 UrhG Rn. 2). Hierzu reicht eine bloß untergeordnete Beziehung nicht aus. Bei der gebotenen engen Auslegung der Schrankenbestimmung ist unwesentlich im Sinne von § 57 UrhG vielmehr nur ein Werk, das neben dem Gegenstand der eigentlichen Verwertung selbst eine geringe oder nebensächliche Bedeutung nicht erreicht (Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 7; Grübler in Möhring/Nicolini aaO § 57 UrhG Rn. 6). Eine derart untergeordnete Bedeutung kann dem mitverwerteten Werk regelmäßig nicht mehr zugewiesen werden, sobald es erkennbar stil- oder stimmungsbildend (Obergfell in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 57 UrhG Rn. 2) oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend (Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 57 UrhG Rn. 4) in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, einen dramaturgischen Zweck erfüllt (Grübler in Möhring/Nicolini aaO § 57 UrhG Rn. 6) oder sonst charakteristisch ist (Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 7 f.).

(2) Nach diesen Maßstäben kann auf der Grundlage der im Streit getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, das Gemälde des Klägers sei auf der maßgeblichen Fotografie im Verhältnis zu den ebenfalls abgebildeten Möbelstücken lediglich unwesentliches Beiwerk. Das Berufungsgericht hat festgestellt, das Gemälde des Klägers setze auf der beanstandeten Fotografie einen deutlichen kontrastierenden Farbakzent. Das deckt sich mit den Feststellungen des Landgerichts, das angenommen hat, die verwendeten Grundfarben (Rot, Gelb und Blau) des Gemäldes des Klägers ließen es im Gegensatz zur schlichten Dramaturgie der schwarz-weißen Büroelemente der Beklagten als bunt und heiter erscheinen. Darauf, dass das Landgericht in diesem Zusammenhang eine Harmonie zwischen der schwarz-weißen Bürokombination und dem bunten Bild des Klägers vermisst hat, kommt es für die Bestimmung der Unwesentlichkeit nicht an. Daraus ergibt sich, dass dem Werk des Klägers bei der werblichen Darstellung der Beklagten eine nicht unwesentliche ästhetische Bedeutung zukommt, indem es einen Kontrast zu den Möbeln bietet und deren Wirkung auf den Betrachter beeinflusst. Nichts anderes gilt für die Verwendung der beanstandeten Fotografie im Internet. Auch auf dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen "Screenshot" ist der festgestellte farbliche Kontrast hinreichend deutlich zu erkennen. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verneinte Erkennbarkeit von Einzelheiten des Gemäldes des Klägers ist ohne Bedeutung.

bb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Prüfung der Unwesentlichkeit im Sinne des § 57 UrhG ferner den Gesichtspunkt der Austauschbarkeit des im Rahmen des Hauptgegenstandes verwendeten Werks unzutreffend berücksichtigt.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die im Katalog der Beklagten abgebildeten Kunstgegenstände seien ohne weiteres austauschbare Staffage. Für ihre Auswahl sei noch nicht einmal die Kunstrichtung maßgeblich. Dies zeige eine weitere Abbildung auf der Katalogseite vor derjenigen mit der beanstandeten Fotografie. Auf dieser würden Möbel derselben Serie zusammen mit künstlerisch gestalteten Farbfotografien, also Kunstwerken einer völlig anderen Stilrichtung als das Gemälde des Klägers, präsentiert. Auf einer weiteren Seite würden diese Möbel sogar im Zusammenhang mit barock gestalteten Elementen (Spiegel und Kristallleuchter) dargestellt. Dies zeige hinreichend deutlich, dass die auf den Bildern abgebildeten Kunstgegenstände untereinander austauschbar seien. Aus der Sicht des Möbelinteressenten, an den sich der Katalog richte, stellten die abgebildeten Kunstgenstände deshalb zufällige Gestaltungselemente dar, die für ihn ohne Bedeutung seien. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden.

(2) Das Kriterium der Austauschbarkeit ist allerdings insoweit für die Prüfung der Schutzschranke des § 57 UrhG von Bedeutung, als es für die Annahme der Unwesentlichkeit des Werkes spricht, wenn der durchschnittliche Betrachter des Hauptgegenstandes dieses schon nicht wahrnimmt, weil es beliebig ausgetauscht oder ganz weggelassen werden kann (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 57 Rn. 2; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 57 UrhG Rn. 8, Lüft in Wandtke/Bullinger aaO § 57 UrhG Rn. 2; Loewenheim/Götting aaO § 31 Rn. 229; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO § 57 UrhG Rn. 2). Wird das Beiwerk jedoch - wovon auch das Berufungsgericht der Sache nach ausgegangen ist - vom Betrachter als zum Gesamtkonzept gehörig wahrgenommen, kommt es auf den Gesichtspunkt der (ästhetischen oder stilistischen) Austauschbarkeit eines urheberrechtlich geschützten Werkes mit einem anderen - ggf. ebenfalls urheberrechtlich geschützten - Werk nicht mehr an.

II. Im Streitfall ist keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union veranlasst. Nach den vorstehenden Ausführungen bestehen hinsichtlich der Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung der Richtlinie 2001/29/EG keine vernünftigen Zweifel (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - C.I.L.F.I.T.).

III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht die Berufung des Klägers im Hinblick auf den in zweiter Stufe geltend gemachten Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG zurückgewiesen hat. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zum Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung getroffen.

Hierzu rechnet, ob der Kläger - wie von der Beklagten geltend gemacht worden ist - der beanstandeten Nutzung seines Werkes ohne Namensnennung in Katalog und Internetauftritt zugestimmt hat und es deswegen an einer Widerrechtlichkeit fehlt.

 

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.01.2013 - 14 O 409/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.08.2013 - 6 U 17/13 -

Gerichtsart Vorinstanz: 
OLG
Gerichtsort Vorinstanz: 
Köln
Datum Vorinstanz: 
23. August 2013
Aktenzeichen Vorinstanz: 
6 U 17/13

Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Februar 1988, AZ: I ZR 142/86 - "Ein bisschen Frieden"

BGH - 03.02.1988 - "Ein bisschen Frieden" -
Amtliche Leitsätze: 

 

Zur Frage des Melodienschutzes und des Anscheinsbeweises bei der Melodieentnahme.

 

Urteilstext: 

BUNDESGERICHTSHOF

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

Aktenzeichen: I ZR 142/86

(PDF Originalurteil)


Verkündet am: 03.02.1988


Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 1988 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Frhr. v. Gamm und die Richter Dr. Piper, Dr. Erdmann, Dr. Teplitzky und Dr. Mees

für Recht erkannt:

 
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Mai 1986 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
 
 
Von Rechts wegen

 

Tatbestand:


Die Klägerin ist ein Musikverlag. Der Beklagte ist Komponist und Verleger des Liedes "Ein bißchen Frieden", mit dem die Schlagersängerin Nicole im Mai 1982 den großen Preis der Eurovision gewann. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte bei dieser Komposition das Lied "Alle Liebe dieser Erde", an dem die Klägerin die Verwertungsrechte für sich in Anspruch nimmt, in unzulässiger Weise benutzt hat.

Komponist des Liedes "Alles Liebe dieser Erde" ist Bert Olden (bürgerlicher Name Otto D.), Textdichter ist Christian Heilburg (bürgerlich Gregor R.); der Schlager wurde seit 1973 von Julio Iglesias gesungen. Die Klägerin ist aufgrund eines Vertrages mit Bert Olden vom 13. 9. 1973 Verlegerin des Liedes. Durch Vertrag vom 2. 11. 1973 vereinbarte sie mit dem spanischen Verlag Notas Magicas S.A. ein "Gemeinschaftscopyright" an diesem Titel. Die Firma Magicas S.A. ist auch Verlegerin des 1971 von Julio Iglesias komponierten, getexteten und gesungenen Titels "Un Canto de Galicia" (deutsche Textfassung von Harald H. Werner/Bert Olden "Wenn ein Schiff vorüber fährt"). Die Schlager "Un Canto de Galicia" und "Alle Liebe dieser Erde" ähneln einander in bestimmten Tonfolgen.

Diese Schlager und der vom Beklagten komponierte Schlager "Ein bißchen Frieden" weisen, soweit Übereinstimmungen behauptet werden, folgendes Notenbild auf:

un conto de galicia, alle liebe dieser erde, ein bisschen frieden


Die Kl. nimmt den Bekl. auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung her Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.

Sie hat vorgebracht, der Beklagte habe eine Urheberrechtsverletzung begangen, da er die Tonfolge des Interludes aus dem Lied "Alle Liebe dieser Erde" (Auftakt bis Takt 2 erste Note) in den Refrain des Schlagers "Ein bißchen Frieden" (Auftakt bis Takt 2 erste Note) übernommen habe. Das Interlude dieses Liedes stelle ein urheberrechtlich geschütztes Musikwerk dar. Da der Beklagte das Lied - was unstreitig ist - gekannt habe, habe er die betreffende Tonfolge zumindest unbewußt entlehnt. Falls in dem Lied "Alle Liebe dieser Erde" eine Bearbeitung von "Un Canto de Galicia" zu sehen sei, sei diese zulässig, da sowohl Julio Iglesias als auch die Notas Magicas S.A. zugestimmt hätten.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Der Textautor von "Alle Liebe dieser Erde" habe der Klageerhebung nicht zugestimmt; überdies könne die Klägerin auch wegen des vereinbarten Gemeinschaftscopyrights nur zusammen mit der Notas Magicas S.A. klagen. Außerdem hätten auch die übrigen Beteiligten einer Verwendung her Tonfolge von "Un Canto de Galicia" nicht zugestimmt. Weiterhin hat der Beklagte auch eine Urheberrechtsverletzung bestritten. Die betreffende Tonfolge in "Alle Liebe dieser Erde" sei nicht urheberrechtsschutzfähig; ihr komme keine Originalität zu, sie gehöre vielmehr zum vorbekannten musikalischen Gemeingut. Darüber hinaus könne ihm auch keine bewußte oder unbewußte Entlehnung vorgeworfen werden. Dagegen spreche schon, daß die jeweiligen Melodien und Arrangements viel zu unterschiedlich seien. Er - der Beklagte - habe "Alle Liebe dieser Erde" nicht in Erinnerung gehabt, als der "Ein bißchen Frieden" komponiert habe. Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben. Die Berufung hat, nachdem das Kammergericht ein weiteres Gutachten eingeholt hatte, zur Klageabweisung geführt. Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
 

Entscheidungsgründe:


I. 1. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht und dazu ausgeführt: Es könne für die Frage der Aktivlegitimation offenbleiben, ob es sich bei dem Interlude aus dem Lied "Alle Liebe dieser Erde" um eine selbständige Schöpfung oder eine (abhängige) Bearbeitung des Titels "Un Canto de Galicia" bzw. - was am nächsten liege - um eine weitgehende Übernahme dieses Titels ohne eigenschöpferische Züge handele. Die Kl. könne in jedem Falle allein klagen und auch Leistung an sich verlangen. Bezüglich des Titels "Alle Liebe dieser Erde" ergebe sich ihre Alleinberechtigung aus dem Vertrag mit der Notas Magicas S.A. vom 2. 11. 1973. Für den Fall einer Verwertung des Titels "Un Canto de Galicia" in Form der Bearbeitung könne die Klägerin nach § 3 UrhG selbständig Schutz in Anspruch nehmen; für den Fall einer Verwertung in Form einer nahezu identischen Übernahme sei davon auszugehen, daß die erforderlichen Einwilligungen der Notas Magicas S.A. und Julio Iglesias vorgelegen hätten.

2. Letzteres wird von dem Beklagten in seiner Revisionserwiderung mit Erfolg in Zweifel gezogen. Der Beklagte meint, selbst wenn unterstellt werde, daß Julio Iglesias als Komponist von "Un Canto de Galicia" und die Notas Magicas S.A. als Verlegerin der Verwertung des Liedes durch den Komponisten von "Alle Liebe dieser Erde" zugestimmt hätten, ergebe sich daraus noch keine Befugnis, Rechte bezüglich des Liedes "Un Canto de Galicia" geltend zu machen.

a) Aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen läßt sich die Aktivlegitimation der Klägerin dann nicht bejahen, wenn - wovon aufgrund der Unterstellung durch das Berufungsgericht auszugehen ist - die Tonfolge des Interludes aus dem Lied "Alle Liebe dieser Erde" (nahezu) identisch aus dem Lied "Un Canto de Galicia" übernommen worden ist. Denn in diesem Falle müßte die Klägerin auch Inhaberin der ausschließlichen Rechte an dem Titel "Un Canto de Galicia" geworden sein. Dies läßt sich den Feststellungen des BerG aber nicht hinreichend entnehmen.

Aus dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Notas Magicas S.A. vom 2. 11. 1973 über ein "Gemeinschaftscopyright" an dem Titel "Alle Liebe dieser Erde" läßt sich zwar eine konkludente Zustimmung der Notas Magicas S.A. zur Verwertung von "Un Canto de Galicia" bei der Komposition "Alle Liebe dieser Erde" herleiten, nicht aber ein ausschließliches Recht an dem Titel "Un Canto de Galicia" selbst. Entgegen der Annahme des Berufungsgericht ergibt sich ein solches Recht auch nicht aus dem Sub-Verlagsvertrag der Kl. mit der Notas Magicas S.A. vom 16. 10. 1972 über den Titel "Un Canto de Galicia", da dieser Vertrag am 15. 10. 1980 abgelaufen ist. Anhaltspunkte für eine - vom Berufungsgericht angenommene - fortwirkende Einwilligung, die sich auf die Geltendmachung der ausschließlichen Rechte an diesem Titel erstrecken müßte, sind nicht ersichtlich. Die Aktivlegitimation läßt sich auch nicht auf das vom Berufungsgericht weiter angeführte Schreiben der Notas Magicas vom 3. 5. 1984 stützen, da sich dieses Schreiben nur auf den Titel "Alle Liebe dieser Erde" bezieht.

Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, auch Julio Iglesias habe der Klägerin zumindest konkludent alle erforderlichen Rechte an dem Titel "Un Canto de Galicia", und zwar auch Abwehrrechte als ausschließliche Rechte übertragen, wird ebenfalls durch die vom BerG getroffenen Feststellungen nicht getragen. Dem Umstand, daß Julio Iglesias sowohl das von ihm komponierte Lied "Un Canto de Galicia" als auch das Lied "Alle Liebe dieser Erde" gesungen hat, läßt sich wohl eine Zustimmung zur Verwertung von "Un Canto de Galicia" für den Titel "Alle Liebe dieser Erde", nicht aber die Einräumung eines ausschließlichen Rechts an dem Titel "Un Canto de Galicia" entnehmen. Dies gilt auch für die weitere Erwägung des BerG, Julio Iglesias sei niemals gegen die Klägerin oder gegen Bert Olden vorgegangen. Daraus läßt sich mit dem BerG zwar die Berechtigung zur Umgestaltung von "Un Canto de Galicia" herleiten, nicht aber die zur Aktivlegitimation erforderliche Rechtseinräumung.

b) Die vom Berufungsgericht bejahte Aktivlegitimation läßt sich daher mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht halten. Da das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin ohnehin der Aufhebung bedarf (vgl. nachfolg. unter II), wird das Berufungsgericht bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung auch der Frage der Aktivlegitimation näher nachzugehen haben. Die Klägerin wird in dem wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit zu weiteren Darlegungen haben. Bei seiner erneuten Prüfung wird das BerG, sofern es die Einräumung ausschließlicher Rechte an dem Titel "Un Canto de Galicia" nicht feststellt, die bislang offen gelassene Frage der Abhängigkeit des Liedes "Alle Liebe dieser Erde" von "Un Canto de Galicia" zu klären haben.
 

II. Auch die Begründung, mit der das BerG das Bestehen urheberrechtlicher Ansprüche verneint hat, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat - gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. - ausgeführt, die in Rede stehende Tonfolge aus "Alle Liebe dieser Erde" bzw. aus "Un Canto de Galicia" sei zwar als eigene Melodie ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Es lasse sich jedoch nicht feststellen, daß der Beklagte diese Tonfolge bewußt oder unbewußt übernommen habe, als er das Lied "Ein bißchen Frieden" komponiert habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß die Ähnlichkeiten zwischen "Ein bißchen Frieden" und den beiden anderen Titeln auf einer - urheberrechtlich nicht erfaßten - zufälligen Doppelschöpfung beruhen. Zwar sei der Klägerin einzuräumen, daß eine Vermutung oder jedenfalls ein erster Anschein für eine wenigstens unbewußte Übernahme sprechen könne, wenn ohne erklärbaren Grund gewisse Übereinstimmungen gegeben seien. Eine solche Vermutung sei vorliegend aber als widerlegt, ein erster Anschein als entkräftet anzusehen, da sich die Übereinstimmungen auch auf andere Weise als durch eine bewußte oder unbewußte Übernahme erklären ließen. Zwar sei davon auszugehen, daß der Beklagte die Lieder "Un Canto de Galicia" und "Alle Liebe dieser Erde" gekannt habe. Gleichwohl sei hier eine zufällige Doppelschöpfung anzunehmen. Dies folge aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. Dieser habe die Melodien der drei Titel vom Auftakt bis zum Takt 8 b miteinander verglichen und sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß die Melodien von "Un Canto de Galicia" und "Alle Liebe dieser Erde" ganz überwiegend als gleich zu bezeichnen seien; die Melodie von "Ein bißchen Frieden" sei dagegen durch eine völlig andere Weiterführung kompositionstechnisch als höherwertig einzustufen und entferne sich dabei so sehr von "Alle Liebe dieser Erde", daß eine Anregung ausgeschlossen werden könne. Der Sachverständige habe weiter herausgearbeitet, daß die Aspekte der Harmonik und des Rhythmus für die Unterscheidung nichts hergeben, hingegen seien die Abweichungen im Spannungsbogen, im Arrangement, im Gesamtverlauf und im spezifischen Charakter beträchtlich. Von den drei Melodien weise allein "Ein bißchen Frieden" ein gewisses Maß an eigenschöpferischer Vernetzung auf, die durchaus das Ergebnis harter Arbeit sein könne und auf eine Entlehnung nicht angewiesen sei; das in allen drei Melodien wesentliche "Kopfmotiv" - die aufsteigende Terz mit dem anschließenden ersten Takt, der dann im zweiten Takt bis zum Leitton hinaufgehe - sei so im Allgemeinbewußtsein verankert, daß eigentlich jedem Hörer dieses Element geläufig sei; es sei so simpel, so elementar und so einfach, daß es jeder Komponist parat habe und nicht zu entlehnen brauche.

2. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Die Annahme einer Urheberrechtsverletzung nach §§ 97, 24 Abs. 2 UrhG setzt die Feststellung voraus, daß (objektiv) die Entnahme einer urheberrechtlich geschützten Melodie vorliegt und daß (subjektiv) der Komponist der neuen Melodie die ältere Melodie gekannt und bewußt oder unbewußt bei seinem Schaffen darauf zurückgegriffen hat (vgl. BGH GRUR 1971, 266 , 268 Magdalenenarie). Davon ist auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen; die von ihm bislang getroffenen Feststellungen reichen jedoch nicht aus, die Frage der unzulässigen Melodienentnahme abschließend zu beurteilen.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß das Interlude aus dem ersten Iglesias-Lied "Un Canto de Galicia" von 1971 und auch das Interlude aus dem Lied "Alle Liebe dieser Erde" von 1973 die für einen urheberrechtlichen Melodienschutz erforderliche schöpferische Eigentümlichkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG aufweisen. Diese Annahme wird von der Revision als ihr günstig - nicht beanstandet, von dem Bekl. in seiner Revisionserwiderung aber zu Recht in Frage gestellt.

In rechtlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß bei Musikwerken keine zu hohen Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit gestellt werden dürfen. Für den Bereich des musikalischen Schaffens ist seit langem die sogenannte kleine Münze anerkannt, die einfache, aber gerade noch geschützte geistige Schöpfungen erfaßt. Es reicht daher aus, daß die formgebende Tätigkeit des Komponisten - wie bei der Schlagermusik regelmäßig - nur einen verhältnismäßig geringen Eigentümlichkeitsgrad aufweist, ohne daß es dabei auf den künstlerischen Wert ankommt (BGH GRUR 1981, 257 , 268 Dirlada). Soweit es - wie hier - nicht um den Urheberrechtsschutz für das ganze Lied, sondern um die für die im Lied enthaltene Melodie geht, muß sich der individuelle ästhetische Gehalt in der Melodie selbst, das heißt in der fraglichen - in sich geschlossenen und geordneten - Tonfolge, ausdrücken.

Das Berufungsgericht hat insoweit keine eigenen tatsächlichen Feststellungen getroffen, sondern lediglich darauf verwiesen, daß der Sachverständige Prof. Dr. R. der in Rede stehenden Tonfolge einen, wenngleich relativ geringen, eigenschöpferischen Charakter zugebilligt habe. Diese Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten reicht vorliegend nicht aus. Denn dem Gutachten läßt sich in diesem Punkt keine revisionsrechtlich nachprüfbare Begründung entnehmen. Zwar heißt es unter Nr. 1 der Zusammenfassung des zweiten Gutachtens, die Tonfolge in dem Lied "Alle Liebe dieser Erde" - Interlude Auftakt bis Takt 2 erste Note - weise einen relativ geringen eigenschöpferischen Charakter auf, weil sie auf der wenig veränderten Übernahme eines gängigen Habanera-Rhythmus beruhe und sich im melodischen Bereich auf gängige "patterns" beziehe. Von den vorausgehenden gutachtlichen Ausführungen wird diese zusammenfassende Feststellung jedoch nicht getragen. Vielmehr heißt es auf Seite 8 des zweiten Gutachtens, bei der Verwendung der zwischen "Alle Liebe dieser Erde" und "Ein bißchen Frieden" identischen Passage vom Auftakt bis hin zur ersten Note in Takt 2 handele es sich um ein sogenanntes pattern (Grundmuster, -modell), das allgemein zugänglich bleiben müsse und deshalb für sich allein nicht urheberrechtsschutzfähig sei; eigenschöpferisch könne aber die Art und Weise sein, in der der Komponist die einzelnen Muster miteinander vernetze; so gesehen weise von den drei zu untersuchenden Melodien allein "Ein bißchen Frieden" ein gewisses Maß an eigenschöpferischer Vernetzung auf. Dieser Widerspruch beruht offensichtlich darauf, daß der Sachverständige zwar die Zusammenfassung seines ersten - später wieder zurückgezogenen - Gutachtens, in dem er den Standpunkt vertreten hatte, die in Rede stehende Tonfolge habe keinen eigenschöpferischen Charakter, nachträglich geändert hat, nicht jedoch die entsprechenden inhaltlichen Ausführungen. Allerdings hat der Sachverständige auch bei seiner mündlichen Anhörung noch erklärt, das in allen drei Melodien wesentliche "Kopfmotiv" (die aufsteigende Terz mit dem anschließenden ersten Takt, der dann im zweiten Takt bis zum Leitton hinaufgeht) sei so im Allgemeinbewußtsein verankert, daß eigentlich jedem Hörer dieses Element geläufig sei; es sei so simpel, so elementar und so einfach, daß es jeder Komponist parat habe; für einen Kompositionslehrer und einen Komponisten sei es geradezu ein Gemeinplatz, eine aufsteigende Terz zu verwenden, zumal bei einer Habanera.

Falls das Berufungsgericht einen Urheberrechtsschutz lediglich unterstellen wollte, so würde dies im Streitfall Bedenken begegnen.

Ein solches Vorgehen wäre nur dann unbedenklich, wenn eine unzulässige Melodienentnahme vorliegend unabhängig von der Frage zu verneinen wäre, worin die urheberrechtsschutzfähigen Elemente der Melodie der Klägerin bestehen. Dies ist jedoch - wie die nachfolgenden Ausführungen unter b) und c) zeigen - nicht der Fall.

b) Die Beurteilung der Frage der Nachbildung bzw. der Entnahme setzt grundsätzlich die Prüfung voraus, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des Originals bestimmt wird. Denn für die Frage der Entnahme sind nur die im Schutzbereich der älteren Melodien liegenden Übereinstimmungen urheberrechtlich bedeutsam. Der Vergleich der Übereinstimmungen im schöpferischen Bereich ermöglicht es, die Grenze zwischen den urheberrechtlich relevanten Benutzungshandlungen (in Form der Vervielfältigung oder Bearbeitung) und der zulässigen freien Benutzung zu ziehen (BGH in GRUR 1981, 267 , 269 Dirlada). Diese Übereinstimmungen sind im Einzelfall konkret festzustellen und darauf zu überprüfen, ob sie nach den Regeln des Anscheinsbeweises einen Rückschluß zulassen, daß der Komponist der jüngeren Melodie die ältere Melodie benutzt, das heißt gekannt und bewußt oder unbewußt bei seinem Schaffen darauf zurückgegriffen hat, wobei weitgehende Übereinstimmungen in der Regel die Annahme nahelegen, daß der Urheber des jüngeren Werkes das ältere Werk benutzt hat (BGH GRUR 1971, 266 , 268 Magdalenenarie; 1981, 267, 269 - Dirlada).

Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob die Übereinstimmungen im Streitfall im - vorausgesetzt eigenschöpferischen melodischen Bereich ausreichen, um den Anscheinsbeweis für eine Entnahme zu rechtfertigen, keine näheren Feststellungen getroffen. Es hat lediglich allgemein ausgeführt, der Klägerin sei einzuräumen, daß eine Vermutung oder jedenfalls ein erster Anschein für eine wenigstens unbewußte Übernahme sprechen möge, wenn in zwei Werken gewisse Merkmale ohne erklärbaren Grund übereinstimmten, die wegen ihrer Eigenart oder in dieser Kombination kaum von verschiedenen Personen so deckungsgleich geschaffen sein könnten, falls diese unabhängig voneinander tätig gewesen wären; vorliegend würden die fraglichen Tonfolgen - bereits für den Laien erkennbar wenigstens äußerlich gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.

Damit unterstellt das Berufungsgericht letztlich das Vorliegen eines Anscheinsbeweises für eine zumindest unbewußte Entlehnung, ohne konkret aufzuzeigen, worin überhaupt die Übereinstimmungen bestehen. Ein solches Vorgehen wäre nur dann unbedenklich, wenn sich der Anscheinsbeweis unabhängig von der Art und dem Umfang vorhandener Übereinstimmungen entkräften ließe. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

c) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Anscheinsbeweis als entkräftet ansieht, trägt nicht. Es ist zwar zu Recht davon ausgegangen, daß der Anscheinsbeweis grundsätzlich als ausgeräumt anzusehen ist, wenn nach den Umständen ein anderer Geschehensablauf naheliegt, nach dem sich die Übereinstimmungen auch auf andere Weise als durch ein Zurückgreifen des Schöpfers der neuen Melodie auf die ältere erklären lassen (vgl. BGH GRUR 1971, 266 , 269 Magdalenenarie). Hinreichende Umstände für einen abweichenden Geschehensablauf hat das Berufungsgericht indessen nicht festgestellt.

aa) Für die Annahme des Berufungsgericht, die Ähnlichkeiten zwischen "Ein bißchen Frieden" und den anderen Titeln beruhten nur auf einer - urheberrechtlich nicht erfaßten - zufälligen Doppelschöpfung, lassen sich den getroffenen Feststellungen keine ausreichende Anhaltspunkte entnehmen. Für die Beurteilung der Frage, ob die im Einzelfall vorhandenen Übereinstimmungen zwischen zwei Werken auf Zufall oder darauf beruhen, daß das ältere Werk dem Urheber des neuen Werkes als Vorbild gedient hat, ist davon auszugehen, daß angesichts der Vielfalt der individuellen Schaffensmöglichkeiten auf künstlerischem Gebiet eine weitgehende Übereinstimmung von Werken, die auf selbständigem Schaffen beruhen, nach menschlicher Erfahrung nahezu ausgeschlossen erscheint (BGHZ 50, 340, 350 f. - Rüschenhaube 1 ). Von diesem Erfahrungssatz ist grundsätzlich auch für den Bereich musikalischen Schaffens auszugehen (BGH GRUR 1971, 266 , 268 Magdalenenarie). Der vom BerG angeführte Umstand, daß dem Komponisten angesichts der beschränkten Anzahl der Töne Grenzen gesetzt seien (Fromm/Nordemann/Vinck, UrhG, 6. Aufl. 1986, Anh. zu § 24 Rdn. 11), ändert daran nicht. Dieser Umstand rechtfertigt es in aller Regel nicht, die Anforderungen an die Entkräftung des Anscheinsbeweises zu erleichtern. Auch im musikalischen Bereich ist bei Anwendung der bestehenden Lehren und Gestaltungsmittel (wie Melodik, Harmonik, Rhythmik, Metrik, Tempo, Phrasierung, Artikulierung, Ornamentik, Kadenz, Periodik, Arrangement) ein weiter Spielraum für eine individuelle Ausdruckskraft gegeben, der die Annahme einer Doppelschöpfung auch hier als Ausnahme erscheinen läßt.

bb) Bei dieser rechtlichen Ausgangslage müssen schon gewichtige Gründe für die Annahme einer zufälligen Doppelschöpfung sprechen, zumal das Berufungsgericht selbst davon ausgeht, daß der Beklagte als ein Fachmann auf dem Gebiet der Schlagermusik die Lieder "Un Canto de Galicia" und "Alle Liebe dieser Erde" in den ersten Jahren nach ihrer Entstehung gehört hat. Gegen eine Entlehnung spricht nicht der vom Berufungsgericht angeführte Umstand, daß die beiden Lieder rund zehn Jahre vor dem Titel "Ein bißchen Frieden" entstanden und daher auch im Gedächtnis des Beklagte - kaum noch aktuell gewesen wäre. Eine urheberrechtlich relevante Melodienentnahme wäre auch dann gegeben, wenn der Beklagte - in dem Glauben, eine eigene Melodie zu schaffen - unbewußt auf die im Gedächtnis gebliebene ältere Melodie zurückgegriffen hätte.

cc) Im übrigen hat das Berufungsgericht das Vorliegen einer zufälligen Doppelschöpfung im wesentlichen damit begründet, zwischen den sich gegenüberstehenden Melodien bestünden erhebliche Abweichungen. Dieses Ergebnis wird von den Feststellungen des Berufungsgericht nicht getragen. Das Vorgehen des Berufungsgericht, einerseits das Vorliegen eines Anscheinsbeweises für eine unbewußte Entlehnung und damit auch wesentliche Übereinstimmungen, ohne diese näher herauszuarbeiten, zu unterstellen, andererseits den Anscheinsbeweis aber wieder durch die Feststellung wesentlicher Abweichungen, die auf eine zufällige Doppelschöpfung schließen ließen, als ausgeräumt anzusehen, ist nicht frei von rechtlichen Bedenken. Besteht eine - für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderliche weitgehende Übereinstimmung zwischen zwei Tonfolgen, so ist es denkgesetzlich schwer vorstellbar, daß zugleich auch gegenüber den Übereinstimmungen als gewichtiger zu beurteilende - gravierende Abweichung vorliegen. Das eine wird in der Regel das andere ausschließen. Das Berufungsgericht hätte zunächst die im schöpferischen Bereich vorhandenen Übereinstimmungen feststellen und sie darauf überprüfen müssen, ob sie ein solches Gewicht haben, daß sie das Vorliegen eines Anscheinsbeweises rechtfertigen. Erst nach einer solchen Prüfung läßt sich jedenfalls vorliegend die Frage der Entkräftung beurteilen.

Die vom Berufungsgericht angeführten Abweichungen sind überdies nicht durchweg beachtlich. Die Abweichungen im "Gesamtverlauf und spezifischen Charakter" beziehen sich auf die jeweils ganzen Lieder und nicht auf die streitigen Tonfolgen; sie sind daher für den Melodienvergleich unwesentlich. Zweifel bestehen auch bezüglich der vom Sachverständigen Prof. Dr. R. betonten Abweichungen im Spannungsbogen, auf die das Berufungsgericht sich weiter stützt. Die Melodie von "Ein bißchen Frieden" sei aufgrund einer völlig anderen Weiterführung (vom Leitton in Takt 2 an) kompositionstechnisch als höherwertig einzustufen und entferne sich dabei so sehr von "Alle Liebe dieser Erde", daß eine Anregung ausgeschlossen werden könne; während sich bei "Alle Liebe dieser Erde" eine gewissermaßen billige Sequenz anschließe, werde der Leitton bei "Ein bißchen Frieden" als spannungssteigerndes und -erhaltendes Element ausgereizt und dann professionell überführt in eine weitere Steigerung bis hin zum a". Demgegenüber hat die Klägerin, gestützt auf das Privatgutachten Prof. Dr. J. vorgebracht, daß diese Abweichung im Spannungsbogen kompositionstechnisch nichts anderes darstelle als ein "Umschlagen" der Melodie von "Alle Liebe dieser Erde" in die Oberstimme, so daß die Melodie von "Ein bißchen Frieden" letztlich nichts anderes als eine Zweitstimme darstelle. Dieser Einwand ist vom Berufungsgericht bislang nicht hinreichend entkräftet worden. Das Berufungsgericht beruft sich insoweit auf den gerichtlichen Sachverständigen, der bei seiner mündlichen Anhörung u. a. ausgeführt hat, das Umschlagen einer Melodie (im Terz- und Sextabstand) treffe auf den Stil- und Kulturbereich der Habanera nicht zu. Diese Erwägung schließt indessen nicht aus, daß der Habanera-Rhythmus mit anderen Gestaltungselementen verbunden wird, die im Kulturbereich der Habanera fremd sein mögen.

dd) Auf die von der Revision weiter vorgebrachten Bedenken, die Ergebnisse des Sachverständigen Prof. Dr. R. zu übernehmen, kommt es beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht an. Das gilt insbesondere für die Beanstandung der Revision, der Sachverständige habe sich nicht an die traditionelle Methodik gehalten und sich nicht auf die herkömmliche strukturelle Analyse anhand von Melodie, Harmonik, Rhythmus, Spannungsbogen, Arrangement u. ä. beschränkt, sondern eine von ihm entwickelte sozio-kulturelle Analyse unter Berücksichtigung einer psychologischen Dimension vorgenommen und überdies selbst eingeräumt, daß seine Methode noch nicht gesichert sei, ihr aber gleichwohl den Vorrang vor der herkömmlichen strukturellen Analyse eingeräumt.

3. Die Sache bedarf nach alledem, sofern sich die Aktivlegitimation der Klägerin feststellen läßt (vgl. oben unter I 2.) auch im übrigen einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung. Das Berufungsgericht wird zweckmäßigerweise zunächst zu prüfen haben, ob die Melodie, auf die die Klägerin ihre Klage stützt, die von ihr behaupteten eigenschöpferischen Elemente aufweist und damit Melodienschutz in Anspruch nehmen kann. Sollte dies zu bejahen sein, wird das Berufungsgericht weiter zu untersuchen haben, ob und gegebenenfalls welche Übereinstimmungen der sich gegenüberstehenden Melodien im schöpferischen Bereich bestehen. Dabei wird das Berufungsgericht auch die Gestaltungshöhe der Melodie der Klägerin zu berücksichtigen haben, da sich im Falle einer nur geringen Eigenart - von der der Sachverständige ausgeht auch nur ein enger Schutzumfang ergibt (vgl. BGH GRUR 1981, 267 , 269 Dirlada). Sollten sich wesentliche Übereinstimmungen im schöpferischen Bereich feststellen lassen, so könnten diese nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen unter II 2 b den Anscheinsbeweis für eine Entnahme rechtfertigen. Dabei wird das Berufungsgericht die zwischen dem Umfang der Übereinstimmungen und dem Anscheinsbeweis bestehende Abhängigkeit zu beachten haben. Je weniger Übereinstimmungen bestehen, desto schwächer wird der Anscheinsbeweis sein bzw. ganz entfallen; umgekehrt gilt, je mehr Übereinstimmungen, desto stärker der Anscheinsbeweis.
 

III. Das Berufungsurteil war mithin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 

 

v. Gamm               Piper               Erdmann

Teplitzky               Mees

 

Gerichtsart Vorinstanz: 
anderes
Gerichtsort Vorinstanz: 
KG Berlin
Datum Vorinstanz: 
9. Mai 1986
Aktenzeichen Vorinstanz: 
5 U 2615/84

Landgericht München I, Urteil vom 5. Dezember 2008, AZ: 21 O 23120/00, zur Beurteilung eines Musikplagiats - Still Got The Blues - Jud's Gallery -

LG München I,
Urteilstext: 

LANDGERICHT MÜNCHEN I

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 3. Dezember 2008

Aktenzeichen: 21 O 23120/00

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

wegen Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz

erlässt das Landgericht München I, 21. Zivilkammer, durch die Richter am Landgericht … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 am 3. Dezember 2008 folgendes

TEIL- UND ENDURTEIL:

I. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang das Werk „Still got the Blues“ vervielfältigt und verbreitet wurde, und zwar unter Angabe der Auflagenhöhe, der bestellten und ausgelieferten Exemplare, der Namen und Adressen der Lieferanten und Abnehmer der Verkaufsexemplare sowie des getätigten Umsatzes und zwar aufgeschlüsselt nach DM- bzw. €-Werten und Kalendermonaten sowie über den erzielten Gewinn.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus in Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 30. Mai 2000 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

III. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Umfang der ihm als Interpret und Komponist gewährten Vergütung hinsichtlich des Werkes „Still got the Blues“.

IV. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus der Mitwirkung des Beklagten zu 2) als Musiker an der öffentlichen Aufführung des Musiktitels „Still got The Blues“ seit dem 30. Mai 2000 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

V. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, die … hinsichtlich des Titels „Still got The Blues“ anzuweisen, den Kläger als Mitkomponisten dieses Werkes zu führen.

VI. Die weitergehende Klage bezüglich der Anträge I.1., I.2., I.4., II.1, II.5. und II.6. wird abgewiesen.

VII. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

VIII. Das Urteil ist hinsichtlich der Ziffern I. und III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von je € 10 000,00 und hinsichtlich der Ziffer V. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 100 000,00 vorläufig vollstreckbar.

TATBESTAND

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zu 2) das Gitarrensolo seines weltweit bekannten Songs „Still got the Blues“ aus dem Stück „Nordrach“ übernommen hat.

Die Beklagte zu 1) stellt Tonträger von bei ihr unter Vertrag stehenden Künstlern her. Vom Beklagten zu 2) hat sie im Jahre 1990 einen Tonträger mit dem Titel „Still got the Blues“ veröffentlicht. Auf diesem Album findet sich auch der gleichnamige Song „Still got the Blues“, den der Beklagte zu 2) eingespielt hat. Auf sämtlichen Vervielfältigungsstücken dieses Albums wird der Beklagte zu 2) als Urheber angegeben. „Still got the Blues“ wurde ein Riesenerfolg. Er ist deshalb etwa auf zahlreichen Compilations enthalten und wurde in der Werbung benutzt. Die Beklagte zu 1) hat die mechanische Lizenzgebühr, die für die Nutzung eines Werkes auf Tonträgern zu zahlen ist, an die … abgeführt.

Der Kläger war seinerzeit (neben den Herren Oehler, Siebert und Winterhalter) Musiker der Band „…“ und war als solcher an der Entstehung von „Nordrach“, eines ca. zwölf Minuten langen Musikstückes zumindest beteiligt. Ein vom Kläger vorgelegter Auszug aus dem …-Archiv gibt als Komponist von „Nordrach“ die gesamte Gruppe „…“ an. „Nordrach“ ist vor Erscheinen von „Still got the Blues“ nicht auf Tonträger erschienen. Am 4. August 2000 hat der Kläger „Nordrach“ bei der … angemeldet. Das Stück wurde im Jahr 2000 erstmals auch auf CD (…“) veröffentlicht.

Mit Einschreiben vom 29. Mai 2000 (Rückschein als Anlage A 10) hat der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) erstmals vorgeworfen, das Gitarrensolo aus „Nordrach“ übernommen zu haben. Darüber hinausgehende Übereinstimmungen beider Stücke hat der Kläger nicht behauptet.

Ausweislich einer Werbeanzeige in der Zeitschrift „Good Times“ (Ausgabe …) wurde „Still got the Blues“ nach Klageerhebung („digital remastered“) erneut vervielfältigt und verbreitet.

„Still got the Blues“ war schon einmal – nämlich Anfang der 1990er Jahre – Gegenstand eines Plagiatsprozesses. Das Landgericht München I verneinte damals eine Übernahme des Musikstücks „Dana“ von R. Kovac ( LG München I 7 O 11024/91).

Der Kläger behauptet, bei dem von der Beklagten veröffentlichten Titel „Still got the Blues“ handele es sich in seinem wesentlichen Teil um ein Plagiat der allein vom Kläger stammenden Komposition „Nordrach“. Dementsprechend bestünden die geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadensersatz- und Vernichtungsansprüche.

„Still got the Blues“ beruhe auf der urheberrechtlich geschützten Schlusspassage (ab 8:15 Minuten) des von ihm alleine komponierten Musikstückes „Nordrach“. Stil und rhythmische Grundstruktur, Phrasierung, Tempo und Takt, Tonart, Sound, Melodik und Harmonik und sogar die Instrumentation seien identisch oder jedenfalls nahezu gleich. Schon der spontane Höreindruck bestätige das. Die in beiden Titeln identitätsstiftende Gitarrenmelodie sei der künstlerische Werkkern, die „Schlüsselmelodie“, ja das „melodische Identifikations-Siegel“. Die Melodie sei von musikpsychologischer Signalhaftigkeit und einem extrem hohen Wiedererkennungswert. Schon die durch das bloße Hören wahrzunehmenden Übereinstimmungen rechtfertigten den Vorwurf des Plagiats. Zwar läge beiden Werken die musikhistorische „Binse“ des Quintschrittmodells zugrunde, die der Kläger auch nicht für sich monopolisieren wolle. Dieses Harmonieschema gebe die „Nordrach“-Melodie, mit der dieses Harmonieschema bedeutungsvoll aufgeladen werde, aber nicht zwangsläufig vor.

Der Kläger habe mit seiner Gruppe „…“ am 29. März 1974 unter anderem den Anfang 1973 komponierten Titel „Nordrach“ für den Südwestfunk aufgenommen. Es handele sich dabei auch um die alleinige Komposition des Klägers. Zwar sei laut Archivauszug die Musikgruppe insgesamt als Komponist von „Nordrach“ angegeben; dies beruhe jedoch auf einem Irrtum bzw. einer Fehlinformation des zuständigen Archivars. Die anderen Gruppenmitglieder hätten lediglich Anregungen zum Arrangement eingebracht. „Nordrach“ sei zumindest am 27. November 1974 in der Radiosendung „20: 1“ des …, wohl aber auch noch ein weiteres Mal, nämlich Ende Juli/Anfang August 1974 im … gespielt worden. Außerdem sei der Titel – meist Höhepunkt – zahlreicher öffentlicher Auftritte von „…“ im gesamten Bundesgebiet gewesen.

Der Beklagte zu 2) müsse „Nordrach“ gekannt haben, als er „Still got the Blues“ komponiert habe. Er habe in den Jahren 1974–1975 nämlich für mindestens ein bis anderthalb Jahre im Raum Bonn, dem Einzugsgebiet des … gelebt. In dieser Zeit sei er häufig Gast in der Lokalität „…“ in … gewesen. Dort sei neben vielen bekannten nationalen und internationalen Gruppen auch „…“ aufgetreten, und zwar im Juli/August 1974. In ihrer gemeinsamen Zeit mit dem Beklagten zu 2) hätten die Zeugen … mindestens drei Mal wöchentlich den Club „…“ in … besucht. Letztlich ergebe sich die Kenntnis des Werkes Nordrach durch den Beklagten zu 2) schon aus der Gestaltung von „Still got the Blues“; eine solche Übereinstimmung, wie sie hier zwischen beiden Stücken vorherrsche, könne schlechterdings kein Zufall sein.

Die Beklagten hätten auch schuldhaft gehandelt. Die Beklagte zu 1) müsse sich das Verschulden des Beklagten zu 2) zurechnen lassen. Diesem sei zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Spätestens seit dem Schreiben des Klägers vom 29. Mai 2000 handele die Beklagte zu 1) aber auch selbst mindestens fahrlässig.

Der Beklagte zu 2) habe das Urheberrecht des Klägers zumindest fahrlässig verletzt. Es bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Plagiat bewusst, zumindest fahrlässig, erstellt worden sei. Dafür sprächen die völligen Identitäten in den verschiedensten Bereichen des Werkes und auch das Bewusstsein des Beklagten zu 2), als dieser zur Anmeldung des Werkes anzugeben hatte, wer Urheber des Werkes sei. Es könne auf keinen Fall auf Zufall oder unbewusster Entlehnung beruhen, dass Harmonik und Melodie übereinstimmten. Auch dies widerspreche der These, dass ein einmaliges Hören der Melodie die vielfachen Identitäten hervorrufen könne.

Die Ansprüche seien auch weder verwirkt noch verjährt. Der Kläger sei nicht trotz Kenntnis der Urheberrechtsverletzung mehr als zehn Jahre untätig geblieben. Der Kläger sei nämlich erst 1999 von dritter Seite auf das Plagiat aufmerksam gemacht worden. Er selbst habe sich seinerzeit an „Nordrach“ nicht mehr erinnert. Erstmals im Frühjahr 2000 habe der Kläger „Nordrach“ nach über 25 Jahren aufgrund einer …-Recherche wieder hören können. „Nordrach“ sei auch nicht das Schlüsselwerk der Gruppe „…“ gewesen, sondern ein Werk von vielen im Rahmen des Bandprogramms, welches weit über 20 Titel umfasst habe. Es sei allerdings einer der Titel gewesen, die beim Publikum begeistert aufgenommen worden seien.

Zuletzt macht der Kläger auch ein angemessenes Schmerzensgeld geltend, da vorliegend eine erhebliche Rechtsverletzung zu beklagen sei.

Da der Beklagte zu 2) gegenüber den Verwertungsgesellschaften … usw. als Komponist von „Still got the Blues“ geführt ist, erhalte er Entgelte, die aufgrund der Urheberrechtsverletzung überwiegend dem Kläger, der die prägende Melodie des Titels komponiert habe, zustünden. Die Melodie verleihe dem Titel den „Ohrwurmcharakter“ und sei dementsprechend auch für den Erfolg des Songs verantwortlich. Der Beklagte zu 2) sei daher verpflichtet, sämtliche im Rahmen seiner Angabe als Komponist und Interpret erzielten Einkünfte für den Titel „Still got the Blues“ dem Kläger mitzuteilen, damit zu dessen Gunsten eine entsprechende Vergütungs-/Schadensersatzzahlung berechnet werden könne.

Aufgrund seiner Stellung als – zumindest – Mitkomponist von „Still got the Blues“ habe der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 2) Anspruch darauf, als Komponist bei den Leistungsschutzgesellschaften geführt zu werden. Der Beklagte sei verpflichtet, die entsprechenden Leistungsschutz-/Leistungsverwertungsgesellschaften anzuweisen, den Kläger als (Mit-)Komponist des Titels „Still Got The Blues“ zu führen.

Der Beklagte zu 2) dürfe „Still got the Blues“ bei öffentlichen Auftritten nicht zur Aufführung bringen; andernfalls mache er sich schadensersatzpflichtig.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

I. die Beklagte zu 1) zu verurteilen,

I. 1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250 000, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, den Musiktitel „Still got the Blues“ zu vervielfältigen und in den Verkehr zu bringen.

I. 2. die im Besitz der Beklagten zu 1) befindlichen CDs und Videos, die den zu Ziffer I.1. genannten Musiktitel enthalten, zu vernichten.

I. 3. dem Kläger Auskunft zu erteilen, über den Umfang der in Ziffer I.1. bezeichneten Handlung und zwar unter Angabe der Auflagenhöhe, der bestellten und ausgelieferten Exemplare, der Namen und Adressen der Lieferanten und Abnehmer, der Verkaufsexemplare sowie des getätigten Umsatzes und zwar aufgeschlüsselt nach DM-Werten und Kalendermonaten sowie über den erzielten Gewinn.

I. 4. festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der aus der in Ziffer I.1. bezeichneten Handlung entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

I. 5. nach Erledigung des Klageantrags Ziffer I.3. der Klageschrift in einer noch zu bestimmenden Höhe Zahlung zu leisten.

II. den Beklagten zu 2) zu verurteilen,

II. 1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250 000,00, ersatzweise der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, den Musiktitel „Still got the Blues“ unter seiner Mitwirkung als Musiker öffentlich aufzuführen.

II. 2. dem Kläger Auskunft zu erteilen, über den Umfang der ihm als Interpret und Komponist gewährten Vergütung hinsichtlich des unter Ziffer II.1. genannten Musiktitels.

II. 3. an Eides statt zu versichern, dass die Auskünfte gemäß Ziffer II.2. des Klageantrages zutreffend sind.

II. 4. nach erteilter Auskunft über die Vergütung gemäß Ziffer II.2. des Klageantrages an den Kläger sich daraus noch zu berechnenden Schadensersatz zu leisten.

II. 5. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der aus der in Ziffer II.1. bezeichneten Handlung entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

II. 6. die Leistungsschutz- und Leistungsverwertungsgesellschaften hinsichtlich des Titels „Still got the Blues“ anzuweisen, den Kläger als (Mit-) Komponisten dieses Werkes zu führen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Klage – kurz gefasst – mit folgenden Argumenten entgegengetreten: Der Kläger sei schon nicht aktivlegitimiert, weil er „Nordrach“ nicht alleine geschaffen habe. Außerdem sei die streitgegenständliche Passage aus „Nordrach“ gar nicht urheberrechtlich geschützt. Ferner werde in „Still got the Blues“ nichts aus „Nordrach“ übernommen, zumal der Beklagte zu 2) „Nordrach“ seinerzeit gar nicht gekannt habe. Selbst wenn er es gehört haben sollte, habe er es nicht über sechzehn Jahre lang im Langzeitgedächtnis abspeichern können. Die Beklagten hätten auch nicht schuldhaft gehandelt und seien jedenfalls nicht bereichert. Letztlich seien die geltend gemachten Ansprüche auch verjährt bzw. verwirkt.

Im Einzelnen haben die Beklagten Folgendes vorgetragen:

Der Kläger habe schon seine Aktivlegitimation nicht schlüssig dargelegt. Obwohl der Auszug aus dem …-Archiv als Komponist die gesamte Musikgruppe „…“ ausweist, mache der Kläger Ansprüche als Alleinurheber geltend. Zum Beweis seiner Alleinurheberschaft habe er auch nicht alle Bandmitglieder benannt; schon deshalb sei der Vortrag unschlüssig. Liege keine Alleinurheberschaft vor, könne der Kläger auch nur Leistung an alle Miturheber verlangen (§ 8 Abs. 2 S. 3 UrhG). Der Klageantrag entspreche dem nicht. Außerdem sei auf der Internetseite ‚www…com‘ die Rede davon, dass der … die Rechte an Nordrach einem Dritten eingeräumt habe.

Die Klage sei auch deshalb unschlüssig, weil der Kläger seine Klageansprüche in Bezug auf das Gesamtwerk „Still got the Blues“ geltend mache, welches aus Text und Musik bestehe. Nach dem Vortrag des Klägers sei jedoch aus dem Gesamtwerk nur eine Teilpassage bezüglich der Komposition im Streit. Auch dies spiegele sich im Klageantrag nicht wider.

Die Beklagten haben der Klage ferner entgegengehalten, das streitgegenständliche Gitarrensolo aus Nordrach sei gar nicht urheberrechtlich geschützt. Der Kläger verwende bei der streitgegenständlichen Tonfolge in „Nordrach“ melodisch lediglich dreieinhalbmal eine stufenweise fallende Sequenz („Terzpendel“), die in ständigen Sekundschritten die Melodie-Tonfolge bilde. Diese Aneinanderreihung zeichne sich durch formale „Einfallslosigkeit“ aus. Solch stufenweise fallenden Sequenzen fänden sich in unzähligen Melodien aus allen Epochen und Genres (beispielsweise die Choräle „Oh heiliger Geist“, die Lieder aus dem evangelischen Kirchengesangsbuchs EKG 1950 „Mit Ernst“, „Freuet Euch“, „Werde Licht“ und „Herr J.…;“ sowie die Volkslieder „Es zogen“, „Es blies“, „Ein Tiroler“, „Zum Tanze“, „Widele“, „Wohl heute noch“, „Es, es, es“, „Alle Weil ein wenig“, „Alle Weil kam er“ sowie „Es ist ein Schnitter“). Hinsichtlich der Harmoniefolge und des Verlaufs der Melodie bestünde auch weitgehende Übereinstimmung mit „Les feuilles mortes“ („Autumn Leaves“). In Tonfolge samt Harmonie entprechend sei auch das berühmte Wolga-Lied aus der Operette „Der Zarewitsch“ von Franz Lehar, wenn es heißt: „Vorüber rauscht die Jugendzeit in langer, banger Einsamkeit“. Verwiesen werde auch auf das cis-moll Prelude von Rachmaninoff. Das gegenständliche Modell habe der Kläger harmonisch und melodisch unmittelbar aus dem „Frühling“ der „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi entnommen. Jeder höre, dass der Kläger Vivaldi nachspreche. Die Übernahme der Sequenz in der streitgegenständlichen Tonfolge ergebe sich auch aus den dem Gericht vorgelegten Musikbeispielen von Corelli (Concerto Op. 6) und Telemann (Tafelmusik III). Auch bei Schumanns „Kinderszenen“ und Lionel Richies „Hello“ handele es sich um Referenzmelodien. Auch Parallelen zu Smetanas „Moldau“ seien unverkennbar.

Die beiden streitgegenständlichen Werken zugrundeliegende Harmonik mit dem in der Musik häufig anzutreffenden Modell der sog. „Quintschrittsequenz“ sei eine seit dem Barock zum Allgemeingut gehörende musikalische Standardformel, also keine schutzfähige kompositorische Leistung. Die fragliche Gestaltung der Akkordfolge sei ein gemeinfreies, dem rein handwerklichen Schaffen zuzurechnendes Strickmuster. Aus diesem Grund habe das Landgericht München I auch die Klage abgewiesen, mit der der Komponist des Songs „Dana“ (R. Kovac) im Jahr 1991 gegenüber dem Beklagten zu 2) ebenfalls wegen der hier streitgegenständlichen Gitarrensequenz aus „Still got the Blues“ einen Plagiatsvorwurf erhoben hatte (LG München I, Az. 7 O 11024/91). Das Gericht habe mit dieser Entscheidung außerdem bestätigt, dass bei Verwendung dieses Harmoniemodells die Melodieführung durch das angewandte Harmonieschema bestimmt werde. Die allen drei Werken („Dana“, „Nordrach“ und „Still Got The Blues“) zugrunde liegende – aber wegen ihres Allgemeingutcharakters nicht monopolisierbare – Quintschrittsequenz präge diese Werke in Melodie und Gesamteindruck.

Soweit in „Nordrach“ agogische Verzierungen anzutreffen sein sollten, handele es sich um rein interpretatorische Elemente, die nicht das werk und dessen Schutzfähigkeit beträfen, sondern nur dessen Vortrag, die Interpretation. Auf den Sound oder das Arrangement der Werke komme es mit Blick auf die urheberrechtliche Schutzfähigkeit nicht an.

„Still Got The Blues“ sei jedenfalls kein Plagiat von „Nordrach“. Die beiden streitgegenständlichen Werke seien sich nicht zum Verwechseln ähnlich. Aufgrund zahlreicher Unterschiede zwischen beiden Werken seien die für den Plagiatsvorwurf erforderlichen Übereinstimmungen nicht vorhanden. Dies belege insbesondere das von der Beklagten zu 1) vorgelegte Gutachten von …. Auch das Gutachten von … bestätige das.

Zu vergleichen sei allein die Gitarrenmelodie der musikalischen Einleitung zu „Still got the Blues“, die auch als Zwischenspiel eingesetzt wird, mit dem Schlußteil des Titels „Nordrach“. Im Melodiebereich seien beide Werke völlig verschieden konzeptioniert.

Soweit überhaupt Übereinstimmungen festzustellen seien, bezögen sich diese lediglich auf einzelne sog. „Liege-Töne“ (= jeweils längste Töne, z.B. nach dem Taktstrich), die in beiden Werken in der klingenden Tonhöhe aufgrund des in beiden Fällen gewählten Harmoniemodells der Quintschrittsequenz gleich seien. Im Gutachten … werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die durch das Harmoniemodell bedingten Liegetöne vorgegeben seien und die Quintschrittsequenz geradezu zwingend die Tonhöhe der Melodiestimme bestimme. Das beiden Werken zugrundeliegende Harmonieschema durchsetze beide Titel mit dem Geist der Titelmelodie. Dieses vorbestehende, gemeinfreie Harmonieschema gebe auch zwingend die Melodieführung beider Werke vor und erzeuge somit einen ähnlichen Klangeindruck beim Hörer.

„Still got the Blues“ könne mit Blick auf die Harmonik schon deshalb kein Plagiat von „Nordrach“ sein, da schon das noch ältere „Dana“ diese prägende Harmonik aufweise. Wie „Nordrach“ arbeite schon „Dana“ mit denselben durch die Harmonik der Quintschrittsequenz vorgegebenen Melodietönen. Da „Dana“ bereits 1971 geschrieben wurde und „Nordrach“ drei Jahre später, könne „Still got the Blues“ kein Plagiat von „Nordrach“ sein, da beiden Werken ein drittes, noch älteres Werk mit gemeinsamer Tonfolge zugrunde liege. Die Vorbekanntheit der Melodiefolge belege darüber hinaus das Werk „Mädel sag,Igen‘“ von Heinrich Strecker, Opus 160, das eine dem Werk „Nordrach“ und „Dana“ entsprechende Tonfolge enthalte.

Trotz des in beiden Werken gewählten Harmoniemodells, sei der Melodieverlauf der Werke offenkundig völlig unterschiedlich. Während bei „Still got the Blues“ als Verbindung der durch das Harmoniemodell vorgegebenen Liege-Töne leitereigene Töne (also durch die Tonleiter der Tonart a-moll vorgegebene Töne) eingesetzt würden, habe der Kläger Halbtonschritte gewählt, so dass seine Melodie in den kleinstmöglichen Intervallstufen, nämlich Halbtönen, fortschreite. Dies habe bei „Still got the Blues“ den Effekt, dass die Melodie eingängiger und vor allen Dingen sanglicher sei, da sich Halbtonschritte äußerst schwer singen ließen. Bei „Still got the Blues“ bewege sich die Melodie linear von Liegeton zu Liegeton entweder (nur) aufwärts oder (nur) abwärts, während die Melodie bei „Nordrach“ in kleinen Nebennoten in einer Wellenbewegung verlaufe, was zusätzlich dazu führe, dass sich unterschiedliche Umfange der einzelnen Melodieabschnitte ergäben. Der Kläger habe mehr und gleichzeitig andere Melodietöne gesetzt als der Beklagte zu 2) und dadurch seine abweichende kompositorische Haltung dokumentiert. Beide Melodieläufe unterschieden sich auch auffällig hinsichtlich der Notenwerte. Bei „Still got the Blues“ seien die Auftaktnoten kürzer als bei „Nordrach“, die Liegetöne hingegen länger. Auch die bei „Still got the Blues“ vorhandenen Pausen in der Melodie strukturierten die Melodie anders. In der Melodie von „Nordrach“ seien demgegenüber überhaupt keine Pausen enthalten. Die unterschiedliche Verwendung der Pausen lasse die Melodie bei „Still got the Blues“ in kurze, deklamatorisch anmutende Phrasen auseinanderfallen, was im Fortgang des Vokalteils den sanglichen Charakter des gesamten Werkes unterstreiche, wohingegen bei „Nordrach“ der ununterbrochene melodische Fluß entsprechend einer rein instrumentalen Komposition dominiere. Auch die beiden, Gitarrenmelodien wiesen eine unterschiedliche strukturelle Gesamtlänge auf („Nordrach“: 8 Takte; „Still Got The Blues“: 4 Takte). Bei „Still Got the Blues“ sei die Gitarrenmelodie in sich geschlossen, während der Kläger sein „Nordrach“ formal „offen“ enden lasse. Außerdem weise Nordrach mit 180 bpm ein deutlich höheres Tempo als „Still Got The Blues“ (160 bpm) auf. Auch die Gesamtlänge der Werke („Nordrach“: 12 Minuten, „Still Got The Blues“: 6:10 Minuten) sei sehr unterschiedlich. Beide Melodiefolgen seien folglich unterschiedlich rhythmisiert („Nordrach“: ausschließliche Verwendung von Achteln und punktierten Viertel-Noten, keinerlei Pausen; dem gegenüber „Still got the Blues“ Sechzehntel-Noten, Achtel-Noten, punktierte Viertel-Noten, punktierte halbe Noten, mehrere Viertel-, Sechzehntel-, Achtel- und halbe Pausen). Ferner seien die Verbindungstöne anders, nämlich bei „Nordrach“ chromatisch, bei „Still got the Blues“ in Ganztonschritten.

Auch die Notenniederschrift der relevanten Passagen beider Werke belege, dass eine den Plagiatsvorwurf stützende Übereinstimmung beider Werke nicht vorliege (vgl. Gutachten …, Anlage B 2, S. 7). Schon durch Betrachtung der Melodie und der Begleitstimme in der Notenniederschrift werde klar, dass der Plagiatsvorwurf nicht zu halten sei. Die Melodieverläufe seien signifikant unterschiedlich. Der Verlauf der Baßstimme unterscheide sich ebenfalls in augenfälliger Weise.

Der vermeintlich psychologisch ähnliche Höreindruck werde ausschließlich durch die beiden Werken gemeinsame, urheberrechtlich jedoch nicht schützbare und daher nicht monopolisierbare Harmonik sowie identische – aber ebenfalls nicht schutzfähige – Terzsequenzen und Sextsprünge (Auftakt) verursacht; gerade die aufsteigende Sexte finde sich in einer Unzahl gemeinfreier Werke. Die Strukturtöne beider Melodien seien durch gängige Regeln der Harmonielehre vorgegeben. Die bloße Klangähnlichkeit beider streitgegenständlicher Werke rühre ausschließlich daher, dass sie sich in derselben „typischen Gitarrentonart“, demselben Harmoniemodell und in ähnlicher, für Rock-Bands typischer Instrumentierung bewegten, was jedoch dem urheberrechtlichen Schutzbereich nicht zugeordnet werden könne.

Der Beklagte zu 2) habe „Still Got the Blues“ im Jahre 1990 komponiert, ohne dabei von „Nordrach“ Kenntnis gehabt zu haben. Deshalb scheide eine bewusste oder unbewusste Entlehnung aus. Es fehle insoweit an einer substantiierten Darlegung einer entsprechenden Kenntnis. Selbst nach dem Vortrag des Klägers sei „Nordrach“ nur in flüchtiger Form wahrnehmbar geworden; es habe lediglich eine Hörfunksendung des Werkes auf … sowie einige wenige Live-Aufführungen gegeben. Der Kläger trage zur Kenntnis des Beklagten zu 2) lediglich hypothetisch vor und räume selbst ein, dass nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass der Beklagte zu 2) von „Nordrach“ Kenntnis gehabt habe.

Die Behauptung des Klägers, die behauptete Kenntnis des Beklagten zu 2) folge bereits aus der Gestaltung seines Werkes „Still Got The Blues“, sei nicht haltbar. Andernfalls hätte ja die allgemein anerkannte sog. „Doppelschöpfung“, die keine Urheberrechtsverletzung darstellt, keinerlei Daseinsberechtigung.

Der Beklagte zu 2) habe in den Jahren 1974–1975 auch nicht für mindestens ein Jahr im Raum … gelebt, zumal er sich in den fraglichen Jahren auf Tourneen mit den Bands „…“ und „…“ befunden habe. Selbst wenn er sich aber seinerzeit im Raum … aufgehalten habe, sei damit noch kein Anscheinsbeweis für die Kenntnis des Stückes „Nordrach“ erbracht. Seit dem 29. Juli 1974 habe er sich in aufgehalten; dort habe er in der Wohnung der Mutter des Zeugen … gelebt; einige Nächte habe er auch in der Wohnung des Zeugen … verbracht; etwa eine Woche nach seiner Ankunft in … habe er zusammen mit den Zeugen … einen zweiwöchiger Campingurlaub in … angetreten; Ende August 1974 sei er nach … zurückgekehrt. Zwischen dem 29. Juli und Ende August 1974 habe er den Club „…“ in … lediglich zwei Mal besucht; der Kläger oder dessen Gruppe „…“ seien bei diesen Gelegenheiten nicht aufgetreten. Seit seiner Rückkehr nach … sei er von den Zeugen … in … nicht mehr gesehen worden; da mit dem Zeugen … auch weiterhin Kontakt bestand, hätte dieser von einem weiteren Aufenthalt des Beklagten zu 2) in … Kenntnis haben müssen,

Selbst wenn man beim Beklagten zu 2) einen einmaligen, flüchtigen Höreindruck des Stückes „Nordrach“ unterstelle, sei es ausgeschlossen, dass der Beklagte zu 2) über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren das Stück „Nordrach“ im Gedächtnis konserviert habe und sich bei der Komposition von „Still Got the Blues“ von diesem lange zurückliegenden Höreindruck habe leiten lassen. Eine Speicherung im Langzeitgedächtnis über sechzehn Jahre könne nicht aufgrund eines ephemeren Live-Höreindrucks stattgefunden haben. Es fehle daher an der für den Plagiatsvorwurf erforderlichen bewußten Anmaßung fremder Urheberschaft.

Dies bestätige auch das von der Beklagten zu 1) vorgelegte Gutachten von … (Anlage B 13), nach dem es auszuschließen ist, dass das Gitarrensolo aus Nordrach im (impliziten) Langzeitgedächtnis von … verankert war.

Einer bewußten oder unbewußten Entlehnung stehe im übrigen das aus dem Jahre 1971 stammende Werk „Dana“ entgegen, welches in seinem Kerngehalt – ebenso wie „Nordrach“ und „Still got the Blues“ – auf dem gemeinfreien Harmoniemodell der Quintschrittsequenz fuße.

Außerdem könne sich der Beklagte zu 2) auch auf die Vermutung seiner Urheberschaft gem. § 10 UrhG berufen. Somit habe der Kläger den Nachweis zu führen, dass der als Urheber von „Still got the Blues“ bezeichnete Beklagte zu 2) nicht der wahre Urheber ist

Bei der vom Beklagten zu 2) vorgelegten Tonaufnahme „The William and Caroline Suite“ (Anlage S 16) handele es sich um ein Stück, das der Beklagte zu 2) 1969 – also vor „Nordrach“ – komponiert habe und das unter anderem während einer Darbietung der „…“ an der … im Jahre 1972 öffentlich aufgeführt worden sei. Die Tonaufnahme verdeutliche, dass es sich um eine in Melodie, Melodielinie, Struktur, tonaler Gestaltung sowie Harmonik sehr ähnliche, in zentralen Merkmalen übereinstimmende Sequenzfolge und damit um ein Referenzwerk für „Still got the Blues“ handele. Bestätigt werde das durch die Gutachten von … (Anlage S 21) und … (Anlage S 22). Die Gutachten belegten, dass „The William and Caroline Suite“ wegen der starken harmonischen und melodischen Ähnlichkeit als Vorläufer von „Still Got The Blues“ gelten könne.

Die Beklagte zu 1) treffe auch kein Verschulden. Sie habe keinerlei Anlaß gehabt, bei ihren Verwertungshandlungen an der alleinigen Urheberschaft des Beklagten zu 2) zu zweifeln, zumal das Werk „Nordrach“ als „unbekanntes Werk“ einzustufen sei.

Der vom Kläger behauptete Bereicherungsanspruch bestehe nicht. Die Beklagte zu 1) habe sich keine Lizenzgebühr für die Komponistenrechte erspart. Sie habe die mechanische Lizenzgebühr, die für die Nutzung des Werkes auf Tonträgern zu zahlen ist, ordnungsgemäß an die … abgeführt. Daher habe die Beklagte zu 1) auch keine Gewinne aus der Werknutzung erzielt, sondern lediglich aus der Nutzung der Tonaufnahme, interpretiert durch den Beklagten zu 2). Die … habe die vereinnahmten Gelder ordnungsgemäß an den Verleger und den Urheber des Werkes „Still got the Blues“ ausgeschüttet. Die Beklagte zu 1) habe keine Gewinne erzielt, die unter Verletzung des Urheberrechts des Klägers erreicht worden seien. Sie habe lediglich Masteraufnahmen, also die Leistungsschutzrechte des ausübenden Künstlers sowie der Produzenten, ausgewertet. Gegenstand des Unternehmens und der Tätigkeit der Beklagten zu 1) sei im vorliegenden Fall nicht die Gewinnerzielung aus der Vermarktung von Urheberrechten. Sie habe die für die Vervielfältigung der Tonträger angefallenen Gebühren der mechanischen Vervielfältigung an die … abgeführt, mithin also nichts erspart oder erlangt. Rein vorsorglich hat die Beklagte zu 1) deshalb den Einwand der Entreicherung erhoben.

Die geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls verjährt und verwirkt. Trotz des immensen Erfolges und der daraus resultierenden großen Bekanntheit von „Still got the Blues“ habe der Kläger seinen Anspruch erstmals Mitte des Jahres 2000, also mehr als 10 Jahre später, geltend gemacht. Es sei unglaubwürdig, dass der Kläger von der angeblichen Verletzungshandlung keine Kenntnis gehabt habe. Angesichts des Welterfolgs von „Still got the Blues“ habe der Beklagte zu 2) das Werk zumindest kennen müssen, wenn er es nicht gar gekannt habe. Die Einlassung des Klägers, er habe angeblich bis 1999 keine Erinnerung mehr an das von ihm Anfang der 70-er Jahre komponierte Hauptwerk und den Höhepunkt seines damaligen Repertoires gehabt, sei völlig ausgeschlossen und werde bestritten. Der durch den immensen Erfolg von „Still got the Blues“ begründete Besitzstand der Beklagten sei so stark gewesen, dass der Kläger die etwaige Rechtsverletzung habe bemerken müssen, so dass die Beklagten sein Schweigen als Billigung deuten durften.

Die Klage sei auch deshalb nicht begründet, weil der Kläger seine Ansprüche in Bezug auf die Gesamtverwertung des Werkes „Still got the Blues“ (bestehend aus Text und Musik) begehre, während nach seinem eigenen Vortrag ausschließlich die musikalische Komposition betroffen ist und diese auch nicht insgesamt, sondern lediglich in einem zeitlich begrenzten Teilbereich des Gesamtwerkes, nämlich dessen Einleitung und Zwischenspiel.

Gemäß Beweisbeschluss vom 16. Januar 2002 hat die Kammer ein Sachverständigengutachten zur Frage der Übernahme des Gitarrensolos aus „Nordrach“ in „Still got the Blues“ erholt. Auf Vorschlag des Beklagten zu 2) wurde Herr … mit der Begutachtung beauftragt. Dieser hat sein schriftliches Gutachten am 28. April 2003 erstattet. Die Beklagten haben den Sachverständigen daraufhin ohne Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Zurückweisungsbeschluss des Landgerichts vom 15. September 2003, Zurückweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts vom 4. März 2004, Az. 6 W 2557/03 ). Der Sachverständige … hat sein Gutachten am 20. August 2003, am 19. Januar 2004 und am 9. Mai 2004 schriftlich ergänzt. Im Termin vom 3. November 2004 ist er mündlich angehört worden.

Gemäß Beweisbeschluss vom 9. Dezember 2005 hat die Kammer im Termin vom 12. April 2006 Beweis erhoben zu der Frage der Alleinurheberschaft des Klägers sowie zu der Frage, ob der Beklagte zu 2) von „Nordrach“ Kenntnis haben konnte.

Gemäß Beweisbeschluss vom 9. August 2006 hat der Sachverständige … am 30. Januar 2008 ein Gutachten zu der Frage erstattet, ob es möglich ist, aufgrund eines ephemeren Höreindrucks eine Musiksequenz über sechzehn Jähre im Langzeitgedächtnis zu speichern. Die Beklagten haben den Sachverständigen daraufhin ohne Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Zurückweisungsbeschluss des Landgerichts vom 6. Juni 2008, Zurückweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts vom 22. Juli 2008, Az. 6 W 1840/08 ). Im Termin vom 17. September 2008 ist der Sachverständige mündlich angehört worden.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig. Mit Ausnahme der Klageanträge I.5., II.3. und II.4. (2. bzw. 3. Stufe der Stufenklage) ist die Klage entscheidungsreif und im tenorierten Umfang begründet; im übrigen war die Klage abzuweisen.

I.

Die Klage ist schlüssig.

Insbesondere behauptet der Kläger, Alleinurheber von „Nordrach“ zu sein; dementsprechend hat er auch nicht Leistung an alle Mitglieder der Gruppe „…“, sondern an sich alleine verlangt.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Kläger seine Klageansprüche in Bezug auf das Gesamtwerk „Still got the Blues“ geltend macht. Zwar besteht „Still got the Blues“ in der Tat aus Text und Musik, wobei der Kläger nur eine Teilpassage der Musik für sich beansprucht. Gleichwohl betreffen die geltend gemachten Ansprüche das ganze Werk, solange sich die streitgegenständliche Passage darin findet.

II.

Die gegenüber den Beklagten geltend gemachten Unterlassungsansprüche bestehen nicht.

Der Kläger möchte den Beklagten einerseits die Vervielfältigung, Verbreitung und Aufführung von „Still got the Blues“ verbieten lassen (Klageanträge I.1. und II.1.), andererseits möchte er bei den Verwertungsgesellschaften, die gerade die genannten Rechte an Dritte vergeben, als (Mit-) Komponist dieses Werks geführt werden (Klageantrag II.6.). Beides zugleich geht nicht, und zwar aus folgenden Gründen:

1. Ist das Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung und Aufführung von „Still got the Blues“ vom Kläger und dem Beklagten zu 2) – und damit von allen in Betracht kommenden Urhebern dieses Werkes (zur Urheberschaft an „Nordrach“ siehe II.1.c) – der … (diese vertritt in Deutschland die Komponisten und Textdichter) zur Wahrnehmung übertragen, nimmt allein die … die genannten Rechte wahr. In dem Umfang, in welchem der Urheber seine Rechte der … zur Wahrnehmung einräumt, verliert er aber auch jeglichen Einfluss und jegliche Kontrolle darüber, von wem und wie sein Werk genutzt wird. Er kann zum Beispiel keine Vorbehalte gegen die Auswahl derjenigen Personen einbringen, die sein Werk künftig nutzen; denn auf Grund des Abschlusszwangs (§ 11 WahrnG; ferner ist auf § 42a Abs. 4 UrhG hinzuweisen) ist die … verpflichtet, jedermann auf Verlangen die genannten Rechte einzuräumen (vgl. dazu nur LG München I in GRUR 2005, 574 mit zahlreichen Nachweisen zum Meinungsstand).

2. Der Kläger kann dagegen auch nicht einwenden, er habe einer Nutzung seines Gitarrensolos aus „Nordrach“ im Rahmen von „Still got the Blues“ und damit der Verwertung der Bearbeitung seines Werkes bis heute nicht zugestimmt.

Eine Bearbeitung des Gitarrensolos aus „Nordrach“ ergibt sich hier (neben der gleichzeitig erfolgenden Vervielfältigung) allein schon aus der Einbettung der Passage in ein anderes Werk (vgl. dazu nur Schricker/Loewenheim, UrhR, § 23 Rn. 6).

Zwar nimmt die … ausweislich des Berechtigungsvertrages, den sie mit den Komponisten abschließt, nicht das Bearbeitungsrecht wahr, so dass dieses beim Urheber verbleibt (vgl. nur BGH GRUR 1998, 376 – Coverversion). Es wäre hinsichtlich der Urheberpersönlichkeitsrechte auch problematisch, wenn jedermann von den Verwertungsgesellschaften das Recht erhielte, ein Werk umgestalten, ändern oder bearbeiten zu dürfen. Die Verwertungsgesellschaften vergeben daher Nutzungsrechte grundsätzlich nur am vollständigen und unveränderten Originalwerk, also an dem Werk in seiner vom Urheber für die Öffentlichkeit vorgesehenen konkreten Form.

Durch den Klageantrag II.6. hat der Kläger allerdings eindeutig zu erkennen gegeben, dass er mit der Einbettung des aus „Nordrach“ übernommenen Gitarrensolos in der streitgegenständlichen und bekannten Fassung von „Still got the Blues“ – also mit der Verwertung der bearbeiteten Fassung des Gitarrensolos durch die – einverstanden ist.

3. Damit hat sich der Kläger also sowohl unter materiellen (Verwertungsrechte) als auch ideellen (Urheberpersönlichkeitsrecht) Gesichtspunkten der Möglichkeit begeben, von den Beklagten Unterlassung der Vervielfältigung, Verbreitung und Aufführung des Werks zu verlangen. Denn durch die Verurteilung des Beklagten zur Anmeldung von „Still got the Blues“ für beide, den Kläger und den Beklagten zu 2), setzt er sich mit Blick auf die Unterlassungsanträge dem Einwand unzulässiger Rechtsausübung aus: Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est. Sobald nämlich der Beklagte zu 2) dem Urteil gemäß die Anmeldung bei der … vollzogen hat, bestehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht mehr.

Die Kammer geht nach allem davon aus, dass für den Kläger die weitere Verwertung von „Still got the Blues“ – soweit er an den Erlösen zu beteiligen ist – gegenüber dem Unterlassungsbegehren und den damit verbundenen finanziellen Einbußen vorrangig ist.

4. Mit der gleichen Begründung war auch der unter Ziffer I.2. geltend gemachte Vernichtungsanspruch abzuweisen. Im übrigen erscheint die Vernichtung auch nach § 98 UrhG unverhältnismäßig, da der Kläger zu erkennen gegeben hat, dass er an einer weiteren Verwertung von „Still got the Blues“ durch Vervielfältigung und Verbreitung interessiert ist – soweit er an den Erlösen beteiligt wird.

III.

Die gegenüber den Beklagten geltend gemachten Auskunftsansprüche bestehen im tenorierten Umfang. Sie bestehen allerdings – mangels eines Verschuldens der Beklagten vor dem 30. Mai 2000 – erst seit dem Zugang des Schreiben des Klägers vom 29. Mai 2000 zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen wegen einer Urheberrechtsverletzung; bis zu diesem Zeitpunkt sind lediglich Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB -- Eingriffskondiktion) gegeben.

1. Die Beklagten haben durch die zumindest unbewusste Übernahme der streitgegenständlichen Passage aus dem Werk „Nordrach“ in dem Werk „Still got the Blues“ das Urheberrecht des Klägers verletzt. Dies geschah allerdings bis zum 30. Mai 2000 unbewusst – und damit nicht schuldhaft. Gleichwohl bedeutet auch die bloß unbewusste Verletzung von Urheberrechten einen Eingriff in fremde Rechte und begründet damit einen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

1. a. Die streitgegenständliche Schluss-Passage aus dem Stück „Nordrach“ (Gitarrensolo ab Minute 8:15 der vom Kläger vorgelegten Aufnahme) ist urheberrechtlich geschützt.

Ein Musikstück – und seien es auch nur wenige Takte – ist urheberrechtlich schutzfähig, wenn es eine persönliche geistige Schöpfung darstellt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG). Die schöpferische Leistung kann sich nicht nur aus der Melodie, sondern auch aus der Auswahl und dem Einsatz der musikalischen Ausdrucksmittel (Rhythmik, Metrik, Tempo, Harmonik, Form, Phrasierung, Instrumentierung, Sound) bei der Verarbeitung der Melodie ergeben. Entscheidend ist der sich aus dem Zusammenspiel all dieser Elemente ergebende Gesamteindruck, das Hörerlebnis (vgl. nur Schricker/Loewenheim, UrhR, § 2 Rn. 119, mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung). Schutzfähig sind regelmäßig die Art und Weise der Instrumentierung und Orchestrierung, da sie den klanglichen Charakter des Musikstückes entscheidend beeinflussen und in Anbetracht der unzähligen verschiedenen Wahlmöglichkeiten regelmäßig eine künstlerische Entscheidung des Komponisten darstellen ( BGH GRUR 1968, 321, 324 f. – Haselnuß; 1991, 533, 535 – Brown Girl II; BGH UFITA 51 (1968) 315, 319 ff. – Gaudeamus igitur). Nicht schutzbegründend ist jedoch die Verwendung dessen, was zum musikalischen Allgemeingut gehört.

Mit Blick auf die Schöpfungshöhe ist festzuhalten, dass bei Musikwerken keine zu hohen Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit gestellt werden dürfen. Für den Bereich des musikalischen Schaffens ist seit langem die sogenannte „kleine Münze“ anerkannt, mit der auch einfache geistige Leistungen als gerade noch geschützt erfasst werden. Es reicht daher aus, dass die formgebende Tätigkeit des Komponisten – wie etwa regelmäßig bei der Schlagermusik – nur einen verhältnismäßig geringen Eigentümlichkeitsgrad aufweist. Auf den künstlerischen Wert kommt es dabei nicht an (vgl. nur BGH NJW 1989, 387 – Ein bißchen Frieden). Dies gilt sowohl für originär geschaffene Werke als auch für Bearbeitungen. Die Schutzvoraussetzungen sind insoweit die gleichen (vgl. BGH NJW-RR 1991, 812 – BrownGirl II).

Die streitgegenständliche Passage aus „Nordrach“ ist kein Musikstück, das sich lediglich aus bestimmten melodischen, rhythmischen und harmonischen Grundmustern zusammensetzt, die im Lauf von Jahrhunderten gewachsen sind und überliefert wurden – und das deshalb nicht schutzfähig ist (§ 3 Satz 2 UrhG). Die Kammer geht zwar mit den Parteien und der 7. Zivilkammer des Landgerichts München I (Urteil im Verfahren 7 O 11024/91 – Dana) davon aus, dass das harmonische Grundgerüst der Quintschrittfrequenz – das auch der fraglichen Passage in „Nordrach“ zugrundeliegt – gemeinfrei ist; das hat auch der der gerichtlich bestellte Sachverständige … bestätigt:

„Die Quintschrittssequenz ist seit dem 17. Jh. Public Domain und wird gleichermaßen in Klassik, Jazz und Pop in zahlreichen Kompositionen und Improvisationen verwendet. Man kann sie … als harmonisches Grundmodell ansehen.“

Die streitgegenständliche Passage aus „Nordrach“ auf ihr harmonisches Grundmuster zu reduzieren, greift aber musikalisch wie urheberrechtlich zu kurz. Die fragliche Passage weist als schöpferisch und eigentümlich zu bezeichnende Elemente auf.

Der Sachverständige … hat die schöpferische Eigentümlichkeit der Passage wie folgt beschrieben:

„Durch seine instrumentalspezifische Ausformung als Gitarrenmelodie erreicht diese Passage … einen hohen Grad von einmaliger Individualität und Wiedererkennbarkeit. Die so geschaffene Melodie kann weder mit einer anderen gängigen Schlagermelodie verwechselt werden, noch ist sie von einer eindeutig zu identifizierenden Vorlage abgeleitet. … Die Eigentümlichkeit der melodischen Erfindung von Nordrach besteht insbesondere in der Kombination von sequentieller Melodik, die in sentimentalen Schlagermelodien üblich ist, … verknüpft mit dem Sound der Rockgitarre in der Tradition von großen Rocklegenden wie z.B. die genannten Künstler Clapton und Hendricks.“ (Gutachten vom 28. April 2003)

Und weiter:

„Es ist vor allem dieses Gitarrensolo, das dem Musikstück „Still got the Blues“ seine unverwechselbare Prägung verleiht.“

Damit hat der Sachverständige – ganz im Einklang mit der Rechtsprechung – ein für die Schutzfähigkeit der fraglichen Passage besonders wichtiges Merkmal, nämlich die Instrumentierung hervorgehoben: Es ist nämlich gerade die Art und Weise, wie der Komponist hier die Gitarre und die mit ihr möglichen Klangeffekte einsetzt, die den klanglichen Charakter des Stückes ganz wesentlich prägt. Weiter führt der Sachverständige aus:

„Die … Passage ist … eine in sich geschlossene … Erfindung. Entscheidend für die schöpferische Eigentümlichkeit des zur Debatte stehenden Pop-Musikstückes ist die Melodieführung in Kombination mit den in der Popularmusik besonders charakteristischen Sekundär- und Tertiärkomponenten.“ (Gutachten vom 20. August 2003)

Der Sachverständige hat insbesondere auch zum in der Rechtsprechung für maßgeblich gehaltenen Hörerlebnis Stellung genommen und sich in diesem Zusammenhang auch mit der Bedeutung der Notation für die Begutachtung auseinandergesetzt:

„… die Relevanz hörspsychologischer Faktoren [ist] in der Popularmusikforschung unumstritten. Sie ist nicht Gegenstand der allgemeinen Psychologie, sondern gehört zu den unverzichtbaren analytischen Grundlagen der Musikwissenschaftler, die auf dem Gebiet der Popularmusik forschen …. Es ist gerade der „Schein des bekannten“, der von den erfolgerfolgreichen Autoren der Popularmusik angestrebt wird …. Er ist der rezeptionspsychologische Faktor, der für die Popularität einer Melodie ausschlaggebend ist. Das heißt aber nicht, dass damit alle Pop-Melodien, die auf gängigen Melodiemodellen beruhen, der public domaine zuzuordnen wären. Die schöpferische Eigentümlichkeit und Wirkung wird wesentlich durch sogenannte Sekundär- und Tertiärkomponenten (Arrangement, Sound etc.) verstärkt. Diese können in einer notenschriftlichen Transkription nur bedingt wiedergegeben werden. Sie sind aber durch den Tonträger fixiert und als Hörerlebnis messbar.“ (Gutachten vom 20. August 2003)

Im Rahmen seiner Anhörung hat der Sachverständige dazu weiter ausgeführt:

„Meiner Auffassung nach ist diese Art von Verbindung von Tönen nicht routinemäßiges musikalisches Handwerk, sondern Kunst. Bei der Rock- und Popmusik sind diese Elemente, wie ich sie bereits mehrfach genannt hatte, nicht marginal sondern zentral. Natürlich spielen die Kerntöne auch eine Rolle, aber man muß alles zusammen sehen.

Die Schutzfähigkeit wird begründet durch das, was auf dem Tonträger aufgezeichnet ist und den Eindruck hervorruft. Ich habe das schon vorher so formuliert, dass die Partitur des Jazz und der Popmusik der Tonträger ist. Dies liegt auch daran, dass es keine Methode der Notation für diese Elemente gibt.

Die Grundlage für die streitgegenständlichen Titel sind uralte Sequenzen, die schon in der Popmusik bekannt waren, aber worauf es hier ankommt ist die aktuelle, originelle, kreative Gestaltung.

Meine Auffassung, wonach es bei der Popularmusik auf den Höreindruck und nicht auf den Notiereindruck ankommt, ist die herrschende Auffassung.

Es gibt schon spezifische Spielweisen bei der hier verwendeten E-Gitarre, aber die Art und Weise wie in diesen beiden Stücken gespielt wird, ist … eine besondere.

Die Interpretation, die Artikulation ergeben ein ganz besonderes Klangergebnis.“

Gestützt auf das Sachverständigengutachten kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass das beim streitgegenständlichen Gitarrensolo aus „Nordrach“ zu hörende Zusammenspiel von Instrumentierung, Melodik, Rhythmik, Tempo, Harmonik, Klangeffekten, also das konkrete Arrangement der Melodie – nicht etwa die Melodie selbst – eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. Dabei bewertet die Kammer Tonfolge und Harmonik der fraglichen Passage – für sich genommen – als musikalisches Gemeingut. Nichtsdestotrotz ist mit dem Sachverständigen davon auszugehen, dass auf der Basis einer überlieferter Melodielinie und Harmoniefolge – wie hier geschehen – ein neues, selbständiges und schutzfähiges Musikwerk arrangiert werden kann. Dabei geht die Kammer davon aus, dass für die Begutachtung des Hörerlebnisses eine musikwissenschaftliche Analyse anhand der Notation – wie sie von den Beklagten durchgängig favorisiert und vorexerziert wird – zweitrangig ist. Denn aus der Betrachtung der Notation und dessen Analyse entsteht nun einmal kein Klang- und Hörerlebnis, sondern allenfalls eine Beschreibung, die angesichts der beschränkten Möglichkeiten der Verbalisierung eines Musikstückes unzureichend und abstrakt bleiben muss. Auch in der bildenden Kunst entsteht durch eine Bildbeschreibung – und sei sie auch noch so zutreffend, exakt und gelungen – vor dem menschlichen Auge und in der menschlichen Vorstellung nicht das beschriebene Bild in seiner konkreten Gestalt.

Die Kammer hat den seitens des Beklagten zu 2) vorgeschlagenen Sachverständigen … mit der Erstattung des Musikgutachtens betraut, weil der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 2) Herrn … als in zahlreichen urheberrechtlichen Verfahren zur Frage der Entlehnung kundigen gerichtlichen Sachverständigen empfohlen hatte. Herr … war seinerzeit Präsident der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in …, er ist promovierter Musikwissenschaftler. Nach Ansicht des Beklagten zu 2) ist – bzw. war (bis zur Erstattung seines Gutachtens) – er

„vorzüglicher Kenner der U-Musik sowie (insbesondere im kompositorischen Vergleich) der E-Musik. Er ist durch besondere Kenntnisse im Bereich Rock, Pop, Jazz, Musical, Chanson, Schlager und Liedermacherei sowie Improvisation in der D-Musik hervorgetreten.“

Außerdem habe … – so der Prozeßvertreter des Beklagten zu 2) –

„eine Reihe von Modellversuchen mit mehrwöchigen Kompaktkursen von namhaften Praktikern unter seiner Leitung an der Hamburger Hochschule für Musik und darstellender Kunst betreffend die Musikbereiche Rock, Pop, Jazz, Musical, Chanson, Schlager und Liedermacherei durchgeführt.“

Herr … sei

„somit außerordentlich befähigt, zu den verfahrensgegenständlichen Beweisthemen fundiert Stellung zu nehmen.“

und stehe

„dem Rechtsstreit völlig objektiv gegenüber.“

Diese Vorschußlorbeeren hat der Sachverständige nach Ansicht der Kammer durch sein Wirken im Rahmen des Verfahrens durchaus bestätigt. Der Sachverständige … hat – schriftlich wie mündlich – detailliert und kenntnisreich die schutzbegründenden Merkmale des Gitarrensolos aus „Nordrach“ herausgearbeitet.

Bestätigt werden die Ergebnisse des Sachverständigen … im übrigen auch durch den mit einer weitergehenden Frage befassten Sachverständigen …. Dieser hat die Schutzfähigkeit des Gitarrensolos wie folgt auf den Punkt gebracht:

„Ich bleibe dabei, dass die streitgegenständliche Sequenz auch in ihrer Spielweise, Rhythmisierung, Agogik, Tongebung und Attacke einzigartig ist.“

Den Einwänden des Prozeßvertreters des Beklagten zu 2), der – nachdem er der Kammer … als Sachverständigen wärmstens empfohlen hatte – selbigen nach Erstattung des Gutachtens als völlig unfähig und unbrauchbar abqualifizierte, folgt die Kammer ebensowenig wie den Einwänden der Beklagten zu 1). Der Prozeßvertreter des Beklagten zu 2) versucht ohne Erfolg, Widersprüche des Gutachtens zu konstruieren, wenn er es für unvereinbar hält, dass sich das Gitarrensolo in „Nordrach“ einerseits im Rahmen gängiger Vorlagen bewegt (Stichwort Quintschrittsequenz), andererseits aber durch die instrumentalspezifische Ausformung als Gitarrenmelodie einen hohen Grad an einmaliger Individualität und Wiedererkennbarkeit erreicht; letzteres hat der Sachverständige auch ausführlich begründet. Der Sachverständige hat sich auch eingehend und in allen von den Parteien zur Sprache gebrachten Facetten – einschließlich der beklagtenseits vorgebrachten Werke aus allen Jahrhunderten – mit dem Thema Quintschrittfrequenz auseinandergesetzt; die fraglichen Ausführungen sind rundweg überzeugend und stimmen im übrigen auch mit den Erkenntnissen aus dem „Dana“-Verfahren überein. Es ist angesichts dieses – nach Auffassung aller Prozeßbeteiligten – nicht schutzfähigen Harmonieschemas auch nicht verfehlt, die Bedeutung der Harmonisierung der Melodie hier als Sekundärkomponente zu bewerten. Im Ergebnis nichts anderes bedeutet es übrigens, wenn der Privatgutachter …, „… die Betrachtung der Harmoniefolge „Quint-Sequenz“ allein für wenig ergiebig…“ hält. Der Einwand, der Sachverständige halte das Gitarrensolo für schutzwürdig, obwohl er die für die Bestimmung der schöpferischen Eigentümlichkeit maßgeblichen Merkmale (Quintschrittsequenz, Terzsequenz, aufsteigender Sextsprung) im wesentlichen als althergebracht, handwerklich sowie dem vorbestehenden Formenschatz verhaftet bezeichnet habe, trifft insofern nicht, als nach der Rechtsprechung auch die Kombination von mehreren an sich schutzunfähigen Elementen neu und eigentümlich sein kann. So kann etwa das Zusammenspiel in einem von dem Originalwerk abweichenden Rhythmus und Harmonik schon eine schutzfähige Bearbeitung darstellen ( BGH GRUR 1981, 267, 268 – Dirlada), ebenso der akzentuierte Rhythmus in Verbindung mit der Instrumentierung oder einem Chorsatz ( BGH GRUR 1968, 321, 324 – Haselnuß). Auch der Vorwurf des Prozeßvertreters des Beklagten zu 2), der Sachverständige habe aufgrund „hörpsychologischer“ Eindrücke, der „Wiedererkennbarkeit“ und sogar noch mit dem Hörverständnis eines „durchschnittlichen Laienhörers“ argumentiert, verfängt nicht: Der Sachverständige hat insofern nichts anderes getan, als – entsprechend der Rechtsprechung und damit gemäß seinem Auftrag – gerade den Gesamteindruck, das Hörerlebnis zum Gegenstand seiner Begutachtung zu machen. Auch den Vorwurf, er habe in seinem Gutachten keine einzige eigene Note zu Papier gebracht und die Notationen der vorliegenden Parteigutachten nur am Rande und marginal erwähnt, ist der Sachverständige – für die Kammer überzeugend – unter Hinweis auf die Bedeutung der Notation in diesem Fall entgegengetreten. Zuletzt soll die fehlende Sachkenntnis des Sachverständigen auch noch mit einem Rechtschreibfehler (Hendricks statt Hendrix) belegt werden; mit einem sachlichen und ernsthaften Diskurs über die Fähigkeiten des Sachverständigen hat das nur noch am Rande zu tun.

Der Versuch des Prozeßvertreters des Beklagten zu 2), die schutzbegründenden Merkmale von „Still got the Blues“ in Worte zu kleiden, kann im übrigen – gemessen an den Maßstäben, die beklagtenseits an das Gutachten des Sachverständigen angelegt werden – nicht überzeugen: Bei „Still got the Blues“ würden – so heißt es da – in subtiler und schutzwürdig hochwertiger Form die Bausteine aus dem Gemeingut rhythmisch und tonal weiterentwickelt. Bedeutsam ist diese Einschätzung aber vor allem deshalb, weil eben dies auf das Gitarrensolo in „Nordrach“ zutrifft.

1. b. „Nordrach“ ist auch mit Blick auf zum Zeitpunkt der Komposition (1974) bekannte Melodien eigenständig und nicht angelehnt.

Der Sachverständige … hat zu der Frage, inwieweit sich die streitgegenständliche Passage aus „Nordrach“ an zum Zeitpunkt der Komposition (1974) bekannte Melodien anlehnt, Folgendes ausgeführt:

„Die … zitierten Melodien wie z.B. Schumann „Von fremden Ländern und Menschen“ … haben nichts mit der hier zur Debatte stehenden Melodiesequenz gemein. Es … handelt sich hier um Parallelen, die weder vom Melodischen, noch vom Harmonischen … mit der zur Debatte stehenden Melodiesequenz identifiziert werden können.“

„Die 19 angeführten Parallelmelodien – komponierte Melodieausschnitte aus der Musikgeschichte von Barock bis Romantik sowie Lied/Volkslied; Operette/Unterhaltungsmusik – stimmen in keinem Fall mit der zur Debatte stehenden auf der E-Gitarre improvisierten Passage überein.“ (Gutachten vom 20. August 2003)

Speziell zu „Dana“ hat der Sachverständige Folgendes ausgeführt:

„Die Analyse von Dana zeigt zwar … entscheidende Parallelen zu „Nordrach“. Dana erscheint wie ein primitives Grundmodell, auf dem Nordrach aufbaut. Gemeinsam ist beiden Melodien eine auf- und absteigende Terzfigur, die viermal jeweils eine Stufe tiefer sequenziert wird. Diese wird harmonisiert mit einer aus der Barockmusik bekannten Bassführung, die von der Tonika (= I Stufe) über die Stufen: IV-VII-III-VMI zur Dominante (= 5. Stufe) führt. [Ein Modell, das] schon in der Barockzeit als Grundlage für improvisatorische Übungen benutzt [wurde]. „Nordrach“ erweitere dieses Schema durch die Hinzufügung des Sextsprungs a-f. … Die ursprüngliche Terzfigur d-e-f wird in „Nordrach“ mit der Hinzufügung von a als Eckton des charakteristischen Sextsprungs a-f zu einem triolischen Auftakt umgeformt. Der einfache 4/4 Takt bekommt nun durch die triolische Pulsierung einen wesentlich stärkeren Groove. … In keinem Fall wird auf die Kleinterz-Sequenz aus „Dana“ zurückgegriffen. Der Sextsprung bleibt das charakteristische Intervall für diese Melodie. Die nun folgenden Terzsequenzen sind mehr oder weniger mit Dana identisch. … Die Variantenbildung bei Nordrach führt zur Einführung chromatischer Gleittöne. So entsteht aus f-e-d das triolische f-e-es-d, bzw. e-es-d-c und d-des-c-h. Die chromatischen Gleittöne helfen auch, die binäre rhythmische Struktur in eine tertiäre umzuwandeln. … Die melodische Ähnlichkeit zwischen Dana und Nordrach ist sehr viel enger afs z.B. mit dem Mittelteil von Schumann's Kinderszenen. Zwar benutzt Schumann eine Quintfallsequenz in der linken Hand, die aber schon nach dem dritten Akkord in eine charakteristische Bassmelodie umgeformt wird d (punktiert) c-h, während die rechte Hand aufsteigende Sekunden h-c/a-h/g-a/fe-g in Terzenparallelen vier Mal sequenziert. Insbesondere diese sequenzierten Sekunden geben kaum eine charakteristische Melodie ab, die eine „Ohrwurmwirkung“ entfalten kann wie es bei Nordrach der Fall ist. …

In der Popularmusik gehören diejenigen Lieder zu den erfolgreichsten, die auf einfachen Sequenzmustem beruhen. … Im Einzelnen greift jeder Autor im Bereich der Popularmusik auf vorgeprägte Muster zurück, die den „Schein des Bekannten“ erzeugen sollen. … Ein Museme wie die aufsteigende Sexte ist so weit verbreitet, dass es als Einzelkomponente nicht schutzfähig ist. Das gleiche gilt für die Quintfallsequenz. Die in „Dana“ vorgeprägte vierfach sequenzierte Terzfigur ist melodisch als sehr charakteristisch anzusehen, ist aber an für sich noch keine Melodie im Sinne einer Gesamtkomposition …. Es ist ein musikalischer Baustein, der ohne melodischen Kontext als fragmentarisch und unabgeschlossen angesehen werden muss.“ (Gutachten vom 9. Mai 2004)

Mündlich hat der Sachverständige weiter ausgeführt:

„Ich würde „Dana“ fast für nicht schutzfähig halten, weil es ein Klischee ist, das in allen drei Ebenen vorhanden ist. Die drei Ebenen sind Melodik, Harmonik, Rhythmik. (Anhörung)“

Auch in S 2 kommt zwar der Sextsprung vor, aber der Kontext ist ein anderer. Es ist die Art und Weise der Anwendung des Sextsprunges in der Kombination mit der Terzfigur. Das kann man gerade am Beispiel von „Autumn leaves“ gut belegen. Dort setzt die Melodie, im Gegensatz zu dem streitgegenständlichen Fall, immer wieder von unten an. Die chromatischen Durchgänge bei „Nordrach“ steigern die Emotionalitat und damit die Attraktivität.

Dieser chromatische Durchgang fehlt auch bei „Dana“.

Die Verbindung von Terzmodell und aufsteigender Sext ist auch bei „Autumn leaves“ vorhanden, aber die Art und Weise dieser Verbindung ist anders.

Auch [bei Vivaldi; Anlage S 6 Seite 2] … ist die Kombination als solche vorhanden, aber es fehlt der chromatische Durchgang, die Agogik der Interpretation und die weiteren genannten Kriterien.

Entscheidend für mich ist die außerordentlich definierte Rhythmik, die in den drei Titel „Nordrach“ „Still got the Blues“ „Autumn leaves“ ist. In beiden kommen triolische Rhythmen – wir reden von Triolenschmäh – vor.

Auch „Hello“ von Lionel Richie ist weiter weg als „Nordrach“ und „Still got the Blues“.

Die Kammer folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ausdrücklich. Auch hier zeigt sich wieder, dass einer rein musikwissenschaftlichen Analyse auf Grundlage der Notation Schranken gesetzt sind. Wer wie die – musikalisch vorgebildeten und teilweise auch musikalisch aktiven – Mitglieder der Kammer zunächst einmal vom Hörerlebnis ausgeht, kann kaum zu dem Ergebnis kommen, das Gitarrensolo aus „Nordrach“ weise im Verhältnis zu „Dana“ nur marginale Zusätze auf und „Nordrach“ setze nur stereotyp die Tonfolge zusammen (so aber der Beklagte zu 2). Es ist nämlich nicht einfach so, dass „Nordrach“ herauskommt, wenn man „Dana“ mit der E-Gitarre spielt. Es mag musikwissenschaftlich richtig sein, dass „Nordrach“ und „Still got the Blues“ auf dem melodischen und harmonischen Modell von „Dana“ aufbauen, so wie auch alle anderen notationsanalytischen Erkenntnisse zutreffen mögen. Hört man sich alle drei Stücke aber einmal an, erweist sich, dass „Nordrach“ und „Still got the Blues“ von ganz anderem musikalischen Charakter und ganz anderer Qualität sind als „Dana“. Unter dem unmittelbaren Eindruck des Hörerlebnisses zeigt sich dann, wie gering der Wert der Feststellung eines übereinstimmenden melodischen und harmonischen Modells ist: Trotz der Übereinstimmungen in diesen gemeinfreien Merkmalen entstehen denkbar unterschiedliche Werke.

Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen ist der gegen ihn seitens der Beklagten erhobene Vorwurf, er habe sich völlig unvollständig und lückenhaft mit der Dana-Thematik auseinandergesetzt, nicht haltbar. Der Sachverständige hat insgesamt ausführlich zu den beklagtenseits vorgebrachten Musikbeispielen Stellung genommen. Die Kammer hält die entsprechenden Ausführungen vor allem deshalb überzeugend, weil sie dem eigenen Hörerlebnis der Kammermitglieder entsprechen.

1. c. Der Kläger ist auch Urheber von „Nordrach“.

Die seitens der Beklagten unter Verweis auf den Auszug aus dem …-Archiv behauptete Mitwirkung aller Mitglieder der Band … an der streitgegenständlichen Passage aus „Nordrach“ – mögliche andere Urheber kommen nach dem Vortrag der Parteien nicht in Betracht – hat sich nicht bestätigt.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass dieses Dokument nicht von den Bandmitgliedern herrührt, so dass sich ohnehin die Frage stellt, welchen Beweis- oder Erklärungswert es haben soll. Letztlich besagt diese Dokument lediglich, das ein Mitarbeiter des Senders (…) – aus welchem Grund auch immer – die ganze Musikgruppe als Urheber eingetragen hat. Auch bei der … sind entgegen dem Vortrag des Beklagten zu 2) andere Personen nicht als Komponisten angemeldet (vgl. die beklagtenseits vorgelegte Anlage S 26; eine Musikgruppe ist keine natürliche Person).

Es hat aber auch keiner der Bandmitglieder, die die Kammer vernommen hat, eine Beteiligung an dem Stück behauptet – obwohl eine solche finanziell nicht ohne Wert ist. Allein dieses Moment spricht dafür, den Zeugen in diesem Punkt zu glauben.

Der Zeuge … hat ausgesagt, der Kläger habe der Band den streitgegenständlichen Passus vorgesungen und mit seinem Instrument, der Bassgitarre, begleitet.

Die Band habe das Stück einschließlich dieses Passus‘ dann gespielt und aufgenommen. Genau die Melodie, die im fertigen Stück vorkommt, habe der Kläger vorgesungen. Zwar hat der Zeuge … darüber hinaus – und das spricht nicht unbedingt für seine Glaubwürdigkeit – auf Vorhalt eines Notenbildes ausgesagt, der Kläger habe seinerzeit die gesamte in diesem Notenbild wiedergegebene Tonfolge vorgesungen, um dann eingestehen zu müssen, gar nicht Noten lesen zu können. Seine Erklärung, er habe die Frage dahin verstanden, dass nach der Melodie gefragt war, ist nicht gerade überzeugend. Selbst wenn er damit – was naheliegt – die Interessen des Klägers fördern wollte, bleibt es dabei, dass er selbst keinen Beitrag geleistet hat. Das glaubt ihm die Kammer, denn Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge seine eigenen Interessen denen des Klägers derart unterordnet, hat die Kammer nicht. Nachdem die Berechtigung konkreter anderer Personen außerhalb der Band nicht einmal behauptet wurde und damit nicht in Rede steht, kommt es auch nicht darauf an, woher der Kläger irgendwelche Fragmente hatte.

Auch der Zeuge … hat ausgesagt, Ende 1973 habe er mitbekommen, dass der Kläger im Probenraum irgendetwas gesungen oder gedudelt hat. Das sei die Melodie, an die er sich von Nordrach erinnern könne, die bei Gigs immer mitgesungen und am Schluss nochmal wiederholt worden sei. Diese Melodie sei nach seiner Einschätzung von Herrn … komponiert worden. Er selbst habe nicht mitkomponiert.

Die Beklagten haben zuletzt auch nicht dargetan, dass sich der Kläger seiner Rechte an „Nordrach“ – etwa gegenüber dem … – begeben hätte.

1. d. In „Still got the Blues“ wird das Gitarrensolo aus „Nordrach“ übernommen.

Die Streitparteien sind sich einig, dass die im Streit stehende Parallele der beiden Musikstücke lediglich die Gitarrensoli betrifft. Abgesehen von den die Gitarrensoli betreffenden Passagen haben beide Werke nichts miteinander gemein.

Der Sachverständige … hat hierzu ausgeführt:

„Das Musikstück „Still got the Blues“ besteht aus einem Gesangsteil, der keinerlei Ähnlichkeiten oder Parallelen zu „Nordrach“ aufweist und einem instrumentalen Vor-, Zwischen- und Nachspiel, das von einer Solo-Elektrogitarre intoniert wird. Dieses Gitarrensolo ist im Hörvergleich mit dem Gitarrensolo aus der Komposition Nordrach leicht als identisch zu identifizieren. Es ist vor allem dieses Gitarrensolo, das dem Musikstück „Still got the Blues“ seine unverwechselbare Prägung verleiht. …In dem Stück Nordrach ist das erwähnte Gitarrensolo Höhepunkt und Abschluss des Stückes. … (Gutachten vom 28. April 2003)

Den zur Debatte stehenden Musikausschnitt (E-Gitarrensolo) habe ich in seiner akustischen Originalform sowie in den beiden notenschriftlichen Transkriptionen miteinander verglichen und sofort eine frappierende Übereinstimmung festgestellt. … Notenschriftliche Transkriptionen einer mündlich überlieferten Musik sind differenziert zu betrachten. Die Analysemethoden der historischen Musikwissenschaft können zu Verzerrungen führen. Weder Jürgen Winter, noch Gary Moore sind von einer notierten Vorlage ausgegangen, noch haben sie die Melodie und Begleitung notenschriftlich fixiert ….

Die Komposition „Still got the Blues“ ist geprägt durch den Gesangsteil und das Instrumentalsolo, wobei der „Ohrwurm-Effekt“ des Titels insbesondere durch das Instrumentalsolo erzeugt wird. Ohne den Gesangsteil wäre jedoch die Komposition fragmentarisch. Er bildet die Grundlage, auf der das Solo sich erst entfalten kann. Aus der Kombination dieser beiden Elemente ist ein neues in sich homogenes Ganzes geschaffen. Ich kann hier nur noch einmal wiederholen, dass das E-Gitarrensolo aus „Nordach“ mit dem E-Gitarrensolo in „Still got the Blues“ völlig miteinander übereinstimmt“ (Gutachten vom 20. August 2003).

„Still got the Blues“ hat diese chromatischen Gleittöne nicht übernommen, sondern die diatonische Skala durch Synkopierungen in den triolischen Rhythmus überführt.“ (Gutachten vom)

In der Anhörung hat der Sachverständige ausgeführt:

„Natürlich sind die Kerntöne bei den drei hier diskutierten Stücken bzw. Stückteilen [Dana, Nordrach, Still got the Blues] identisch. Das ist die Basis und es kommt darauf an, wie das zum Ausdruck gebracht wird.

Es ist richtig, dass die Chromatik bei „Still got the Blues“ fehlt, es ist anders nämlich diatonisch. Genau in einer tonleitereigenen Diatonie. Dies ist aber ein Vergleich der Transskriptionen und ich habe schon ausgeführt, dass entscheidend die gespielte Interpretation auf dem Tonträger ist. Ich würde auch anders transskribieren. Auch dann würden keine identischen Notenbilder herauskommen.

Die Notenfolge mit dem Quartensprung am Anfang könnte Gary Moore auch bei Kenntnis nur von „Dana“ eingefallen sein. Dies ist kein Widerspruch zu meiner anfänglichen Aussage hinsichtlich der Möglichkeit, ob Gary Moore nur bei Kenntnis von „Dana“ zu „Still got the Blues“ hätte kommen können.

Meiner Auffassung nach kann man nicht von derartigen Details ausgehen, sondern es kommt auf den Gesamteindruck, den Höreindruck an. Auch wenn bei Gary Moore keine chromatischen Schritte vorhanden sind, ist doch der Höreindruck so ähnlich, dass ich glaube, dass er „Nordrach“ gekannt hatte.

Es sind Unterschiede vorhanden, aber die Ähnlichkeit ist so frappierend, dass ich nach wie vor den Eindruck habe, dass Gary Moore „Nordrach“ gekannt hatte, „Dana“ ist im 3-Viertel-Takt, die beiden anderen im 4-Viertel-Takt.

Auch ein Vergleich der Melodielinien – den ich eigentlich ablehne – zeigt eine frappierende Ähnlichkeit.

Ich sage nochmals, dass die Notation ohnehin dem nicht entspricht, was den Höreindruck hervorruft und auf dem Tonträger fixiert ist. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob es im Dreiviertel-, Vierviertel-, oder Sechsvierteltakt fixiert ist.

Auch diese Ausführungen sind nachvollziehbar und überzeugend. Sie decken sich wiederum mit dem Höreindruck der Kammer. Die oben als wesentlich bezeichneten eigenschöpferischen Elemente aus „Nordrach“ finden sich auch bei „Still got the Blues“ wieder; unter dem Gesichtspunkt der musikalischen Form, der Melodik, der Rhythmik, des Tempos, der Harmonik, der Instrumentierung und des Arrangements sind frappierende Übereinstimmungen zu hören. Die von den Beklagten notationstechnisch aufgezeigten Unterschiede sind angesichts des Höreindrucks als nicht bedeutsam zu bewerten. Deshalb teilt die Kammer auch die Ansicht der Beklagten, wonach „Hello“ und „Dana“ als Referenzmelodien für die Komposition von „Still got the Blues“ gedient hätten und es des Werkes „Nordrach“ also nicht bedurfte, um „Still got the Blues“ zu komponieren, nicht. Angesichts der Ähnlichkeit der Gitarrensoli von „Nordrach“ und „Still got the Blues“ hält die Kammer mit dem Sachverständigen die Wahrscheinlichkeit, dass dem Beklagten „Nordrach“ nicht bekannt war, für sehr gering, denn „Nordrach“ geht in seiner schöpferischen Eigentümlichkeit eben deutlich über die aus „Hello“, „Dana“ und all den anderen von den Beklagten angeführten Werken bekannten Grundmuster hinaus. Es ist deshalb letztlich nicht erheblich, ob der Beklagte zu 2) auf diese gemeinfreien Grundmuster zurückgegriffen hat. Die beklagtenseits als Referenzmelodien benannten Werke legen keinen anderer Geschehensablauf nahe.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass „The William and Caroline Suite“ bei „Still got the Blues“ Pate gestanden hat. Im unmittelbaren Hörvergleich erweist sich das Gitarrensolo insbesondere in Klang und Charakter schlicht als etwas anderes als das Gitarrensolo aus „Still got the Blues“. Eine Ähnlichkeit beider Gitarrensoli vermag die Kammer – trotz der von den Beklagten dazu vorgelegten Musikgutachten – nicht zu erkennen.

1. e. Es ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2) „Nordrach“ bei Komposition von „Still got the Blues“ gekannt hat. Dafür spricht vor allem die klangliche Nähe beider Stücke zueinander, aber auch, dass es alles andere als ausgeschlossen ist, dass der Beklagte zu 2) seinerzeit einmal „Nordrach“ von gehört hat.

1. e. A. Die streitgegenständlichen Gitarrensoli in „Nordrach“ und „Still got the Blues“ stimmen klanglich frappierend überein.

Welche Anforderungen im Einzelfall zu stellen sind, um den Abstand zwischen zwei Werken zu ermitteln, hängt von der Gestaltungshöhe des als Vorlage benutzten Werks ab. Je auffallender die Eigenart des benutzten Werks ist, umso weniger werden dessen übernommene Eigenheiten in dem danach geschaffenen Werk verblassen. Umgekehrt gilt, dass ein Werk von geringer Eigenart eher in dem nachgeschaffenen Werk aufgeht als ein Werk besonderer Eigenprägung (vgl. BGH GRUR 1981, 267 (269) – Dirlada). Weitgehende Übereinstimmungen legen in der Regel die Annahme nahe, dass der Urheber des jüngeren Werks das ältere Werk benutzt hat (vgl. nur BGH NJW 1989, 387 – Ein bißchen Frieden).

Die Übereinstimmungen sind hier so deutlich, dass sie nach den Regeln des Anscheinsbeweises einen Rückschluß darauf zulassen, dass der Beklagte zu 2) das ältere Werk gekannt und bewußt oder unbewußt bei seinem Werk darauf zurückgegriffen hat.

Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt:

„Die Urheber der hier zur Debatte stehenden Kompositionen haben die entsprechenden Melodien niemals in schriftlicher Form veröffentlicht. Es ist auch davon auszugehen, dass ihre musikalische Praxis darauf beruht, musikalisches Repertoire ohne jegliche Hinzuziehung schriftlicher Notenfixierungen nur über das Gehör aufzunehmen und nachzuspielen. Bei der Frage der Identität dieser Melodien muss also von einer Analyse des Höreindruckes ausgegangen werden, während der Vergleich der Transkriptionen nur bedingt beweiskräftig ist.

Für die Wiedererkennbarkeit des Höreindruckes spielen die charakteristischen Gerüsttöne einer Melodie die ausschlaggebende Rolle und nicht die Durchgangstöne. Von daher ist die von Herrn S.… festgestellte Differenz von diatonischen und chromatischen Durchgangstönen zwischen der abfallenden Terz F-D hörpsychologisch unerheblich.

Wesentlich ist neben der charakteristischen Melodiestruktur und der Identität der Tonart (in beiden Fällen a-moll), die Frage der Identität von Sound, Tempo, Instrumentalgestus und Phrasierung. Diese musikalischen Parameter werden im Notenbild gar nicht wiedergegeben. Auch die Frage der Harmonisierung der Melodie muss grundsätzlich als Sekundärkomponente eingestuft werden. Hier wird die von Sauter festgestellte Variantenbildung (s. Gutachten Sauter S. 4) sicherlich überbewertet.

Das Melodiemodell selber weist eine Vielzahl von Parallelen zum Repertoire sentimentaler Liebeslieder auf. Dazu gehört vor allem der initiale Sextsprung (al-f2) der hier in der Instrumentalversion gitarristisch mit den Durchgangstönen d2 und e2 ausgefüllt wird. Dieser Sextsprung bildet den Kern des Ohrwurmcharakters dieser Melodie und ist an für sich urheberrechtlich nicht als schutzfähig einzuschätzen, denn er ist in Volksliedern wie „Es waren zwei Königskinder“, „In einem kühlen Grunde“ oder dem klassischen Kunstlied „Ich schnitt es gern in alle Rinden ein“ (Schubert), „Ich liebe dich so wie du mich“ (Beethoven) und Schlagern wie „Ramona, zum Abschied reiche ich dir die Hand“ oder „Ich weiß es wird einmal ein Wunder gescheh'n“ universell verbreitet3. Die Frage ist, ob es sich um eine wiedererkennbare Melodie handelt, denn auch wenn „Ramona“ oder „Ich weiß es wird ein Wunder gescheh'n“ sich derselben strukturellen Melodieelemente bedienen, wird man sie nicht miteinander verwechseln können. Vergleicht man jedoch unter diesen Kriterien die Melodiesequenz von Winter und Moore, dann hört man hier Identitäten. Diese Identitäten würde gerade auch der durchschnittliche Laienhörer hören und sie keinesfalls mit dem Schlager „Ramona“ verwechseln, was sicherlich mit einem empirischen Hörervergleich bestätigt werden könnte.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein so hoher Übereinstimmungsgrad zwischen zwei Melodien auf Zufall beruht, muss als sehr gering eingeschätzt werden, denn die Übereinstimmung bezieht sich nicht nur auf die Melodieführung, sondern auch auf die Tonart, auf den instrumentalen Habitus der Gitarre, Phrasierung, Tempo usw. Die Differenzen sind leicht erklärbar aus dem Vorgang einer nach dem Gehör nachgespielten Melodie. Diese Nachbildungsvarianten sind weltweit in der Geschichte der Popularmusik bekannt, da, wie oben geschildert, traditionell die Mehrzahl jugendlicher Musikgruppen eine große Übung darin hatte, bekannte Rockmusikkompositionen nach dem Gehör nachzuspielen (vergleiche die Coverversionen der Rolling Stones von Chuck-Berry- und Muddy-Waters Titeln).

Die zur Debatte stehende Melodie ist in sich so einfach gestrickt und folgt einem gängigen Muster, dass sie auch nach einmaligem Hören sofort im Gedächtnis gespeichert und insbesondere von einem Rockgitarristen sofort nachgespielt werden kann. Tonart und der geschickte Gebrauch von leeren Gitarrensaiten lässt eine solche Imitation für jeden Profi zum Kinderspiel werden. Dabei ist es gerade diese Simplizität und der hohe Wiedererkennbarkeitsgrad, der in Sekunden vom Kurzzeitgedächtnis gespeichert und durch die vielen Wiederholungen der gleichen Phrasen nach einmaligem Durchhören gefestigt wird, der die Popularität der Melodie und ihren durchschlagenden Erfolg bei breiten Publikumsschichten ausmacht. …

Dabei bleibt aber die Frage der bewussten Entlehnung offen. Melodien, die auf einem einfachen Sequenzierungsmodell beruhen (vergleiche „Strangers in the Night“) verleiten zu der Annahme, dass jedermann sie erfinden könne. Dies ist aber meistens nicht der Fall. Auch in dem hier vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass es einen eindeutigen Urheber gibt, der im Kontext einer improvisatorischen Aktion spontan eine Melodiesequenz erfand. Der kommerzielle Erfolg wurde aber erst durch einen neuen Werkzusammenhang möglich. Gary Moore mag diese Melodiesequenz als eine von Hunderten in seinem Unterbewusstsein gespeichert haben. Er hat sie dann in einem neuen Kontext wiederverwendet. Ob er sich dieser Entlehnung bewusst war, wird schwer zu beweisen sein. … (Hauptgutachfen)

Meine Ausführungen erforderten eine differenzierte Stellungnahme, da es bei der Übernahme mündlich überlieferter Musik keine Möglichkeit der Beweisführung für „gekannt, bewusst oder „unbewusst“ gibt. Dies ist in der Popularmusikforschung ein wohlbekanntes Phänomen. Im Gedächtnis eines Pop-Musikers, der professionell tätig ist, ist meist ein beträchtliches Repertoire von Melodien und Melodieversatzstücke gespeichert. Diese bieten ihm die Grundlage, bei der Improvisation oder Komposition neuer Werke. Da er über keine schriftlichen Aufzeichnungen verfügt, vermischt sich Eigenes mit Bekanntem. Erst seit der Tonaufzeichnung lassen sich diese kreativen Prozesse empirisch teilweise nachvollziehen.

Im Falle der Gitarrensoli von „Nordach“ und „Still got the Blues“ sind die Übereinstimmungen so frappierend, dass die Vermutung, Gary Moore habe „Nordach“ gekannt und das Gitarrensolo nach dem Gehör nachgespielt, nicht ausgeschlossen werden kann. (Gutachten 20.8.)

In der Anhörung hat der Sachverständige erklärt:

„Die Schutzfähigkeit bei der Sequenz aus Nordrach entsteht nicht durch die Elemente, sondern durch die Art und Weise der Kombination. Deshalb glaube ich nicht, dass der Streitverkündete auch bei unterstellter Kenntnis von „Dana“ ohne Kenntnis von „Nordrach“ zu „Still got the Blues“ hätte kommen können. Meine Einschätzung gründet auf dem Höreindruck und dem Vergleich mit anderen Kombinationen. Eine ähnliche Kombination ist mir noch nicht begegnet. Entscheidend sind Harmonik, Melodik und Rhythmik und hier bestehen besondere Übereinstimmungen. In der Harmoniefolge und in der Baßstimme besteht eine Übereinstimmung zwischen allen dreien, nicht aber in der Melodie. Entscheidend ist, wie die Melodie von der Gitarre gespielt wird mit agogischen Verzierungen, Umspielungen, Klangfärbungen bei der Rock- u. Popmusik. Wie beim Jazz ist im Grunde die Interpretation das Schutzfähige im Gegensatz zur klassischen Musik. Derartiges ist nicht notierbar, so dass die Transskriptionen im dem Bereich der Musik kein vollständiges Bild der Musik wiedergeben. Bei einer entsprechenden Wiedergabe muss der neue Interpret den alten gehört haben.

Die Kammer hält auch diese sachverständigen Ausführungen für nachvollziehbar und richtig, zumal auch der zur Gedächtnisleistung befragte Sachverständige Prof. Dr. Altenmüller, ebenfalls Musikwissenschaftler, hat dies in seiner mündlichen Anhörung bestätigt:

„Ich glaube, dass „Still got the Blues“ in dieser Form nicht geschaffen worden wäre ohne Nordrach. Die Tonfolge an sich ist in beiden Werken, Nordrach und „Still got the Blues“, banal, es ist die Art und Weise, wie er das Stück spielt, die so besonders ist.“

1. e. B. Die Kammer kann auch nicht davon ausgehen, dass der Beklagte zu 2) das Gitarrensolo aus „Nordrach“ nicht kannte.

Schon wegen der eingangs beschriebenen besonderen Umstände („Nordrach“ war lediglich auf diversen Live-Konzerten auf dem europäischen Festland und jedenfalls einmal im deutschen Rundfunk zu hören, wurde aber seinerzeit nicht auf Tonträgern verbreitet; der Beklagte zu 2) ist Brite), aber auch aufgrund des Vertrags der Beklagten, war es veranlasst, soweit möglich aufzuklären, ob der Beklagte zu 2) das Gitarrensolo aus „Nordrach“ überhaupt kennen konnte, als er „Still got the Blues“ komponierte. Beweisbelastet waren insoweit die Beklagten, da angesichts der klanglichen Übereinstimmungen der beiden Gitarrensoli entsprechend der Rechtsprechung der Anschein dafür spricht, dass der Beklagte zu 2) das Gitarrensolo aus Nordrach kannte. Dabei ging die Kammer davon aus, dass diese Frage nach über dreißig Jahren kaum mehr sicher zu klären ist. Sie hat die Parteien deshalb darauf hingewiesen, dass bei dem von den Beklagten zu erbringenden Negativbeweis die Anforderungen an die Beweisführung – insbesondere mit Blick auf die verstrichene Zeit – nicht überspannt werden dürfen; der Beklagte zu 2) brauchte also nicht etwa von vornherein alle denkbaren Möglichkeiten einer Kenntniserlangung auszuschließen. Die Kammer war dementsprechend geneigt, hier großzügig zu verfahren.

Trotzdem ist es den Beklagten nicht gelungen, die Kammer davon zu überzeugen, dass der Beklagte zu 2) das Gitarrensolo aus „Nordrach“ nicht kannte. Im Gegenteil: Im Beweistermin ist offenbar geworden, dass der Beklagte zu 2) und die von ihm benannten Zeugen in einer für die Kammer ungekannten und beispiellosen Weise versucht haben, das Gericht zu täuschen.

Die Zeugen … haben dem Gericht – ohne dass sie dazu durch das Gericht aufgefordert worden wären – jeweils schriftliche Mitteilungen zum Aufenthalt des Beklagten zu 2) in den Jahren 1974/1975 in Deutschland zukommen lassen (Anlagen S 17, 18, 19). Diese Schreiben erwecken aufgrund der Orts- und Datumsangaben den Eindruck, als ob sie unabhängig voneinander gefertigt worden seien.

Der Zeuge … hat dem Gericht erklärt, die von ihm bei Gericht eingereichte Anlage S 18 habe er nicht gemeinsam mit dem Zeugen … niedergelegt. Auf den Vorhalt des Gerichts, dass doch schon von der Schrifttype her zur vom Zeugen … verfassten Anlage S 19 Ähnlichkeiten bestehen, blieb der Zeuge … dabei, dass man das nicht zusammen geschrieben habe. Mit dem Beklagten zu 2) habe er nach 2003 keinen Kontakt gehabt. Der Zeuge hat das Gericht dann ein drittes Mal angelogen, als er sagte, es stimme schon, dass man sich am Telefon kurzgeschlossen habe, der Herr …, der Herr und er. Aber niedergelegt habe er das allein. Erst nachdem die Kammer den Zeugen nochmals eindringlich ermahnt hat, die Wahrheit zu sagen und deshalb sogar die Sitzung unterbrochen hat, hat der Zeuge seine bisherige Aussage wir folgt berichtigt: Der Beklagte zu 2) hat mich vor dem 6. Mai 2005 angerufen. Der Beklagte zu 2), Herr … Herr … und ich haben uns zusammengesetzt und haben überlegt, wie es damals war und dann diese Erklärungen geschrieben.

Einem solchen Zeugen ist nichts zu glauben.

Es ist aber nicht etwa so, dass es die alleinige Idee des Zeugen … war, das Gericht zu täuschen. Die von den Zeugen … schon vor dem Beweistermin vorgelegten Erklärungen (S 17, 18, 19) weisen unterschiedliche Orts- und Datumsangaben auf – auf dass das Gericht glaube, jeder der drei habe sich ganz selbstständig und unabhängig (und selbstverständlich nur der Wahrheit verpflichtet, wie der Zeuge … in der Anhörung glaubte sagen zu dürfen) hingesetzt, um dem Gericht mitzuteilen, wo der Beklagte zu 2) sich damals aufgehalten hat.

Tatsächlich hat der Beklagte zu 2) sich mit den fraglichen Zeugen getroffen. Zusammen hat man sich dann besprochen. Das Gericht wollte man über diese Kooperation nicht nur durch die Anlagen S 17, 18 und 19 täuschen. Diese Täuschung sollte selbstverständlich auch im Rahmen einer möglichen Anhörung als Zeugen vor Gericht aufrecht erhalten werden. Und zwar von allen Zeugen, nicht nur vom Zeugen …, der das Pech hatte als erster aussagen zu müssen und dabei aufzufliegen. Es wäre angesichts des Vorspiels zu diesem Schwindel völlig lebensfremd, anzunehmen, dass der Zeuge … dem Gericht diese Lüge auftischen wollte, während die beiden anderen Zeugen dann im Widerspruch dazu die Wahrheit hätten sagen wollen, so dass keinem der Zeugen zu glauben ist.

Ohne dass es darauf noch ankäme – aber der Vollständigkeit halber – sei darauf hingewiesen, dass sich aus den Aussagen des Zeugen … ergibt, dass der Beklagte zu 2) von Frühjahr bis Spätsommer 1974 in … war und man am Wochenende auch mal mit dem Beklagten zu 2) im Club … war, der für Musiker ein zentraler Punkt war; da dort viele Livebands spielten – und wo man deshalb öfter hinging. Auch der Zeuge … hat bestätigt, dass der Beklagte zu 2) im Jahr 1974 in … war und man regelmäßig in diesem gewesen sei.

Es ist also nach allem alles andere als ausgeschlossen, dass der Beklagte zu 2) seinerzeit „Nordrach“ von … gehört hat.

1. f. Das Gitarrensolo aus „Still got the Blues“ ist auch keine Doppelschöpfung

Den Beklagten ist weder der Nachweis dafür gelungen, dass der Beklagte zu 2) „Nordrach“ nicht gekannt hat, noch der Nachweis dafür, dass es unmöglich ist, dass sich der Beklagte zu 2) bei der Komposition von „Still Got the Blues“ von einem 16 Jahre zurückliegenden Höreindruck hat leiten lassen, da eine Speicherung im Langzeitgedächtnis über sechzehn Jahre nicht aufgrund eines ephemeren Live-Höreindrucks stattgefunden haben kann.

1. f. A. Die Beklagten konnten – wie oben gezeigt – nicht nachweisen, dass der Beklagte zu 2) das Gitarrensolo aus „Nordrach“ nicht kannte

1. f. B. Auch den Nachweis dafür, dass es unmöglich ist, dass sich der Beklagte zu 2) bei der Komposition von „Still got the Blues“ von einem 16 Jahre zurückliegenden Höreindruck hat leiten lassen, da eine Speicherung im Langzeitgedächtnis über sechzehn Jahre nicht aufgrund eines ephemeren Live-Höreindrucks stattgefunden haben kann, haben die Beklagten nicht erbracht.

Die Kammer hat zu dieser Frage ein Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses Gutachten hat – als einer der wenigen, die hierzu aufgrund ihrer Vita als Wissenschaftler überhaupt in der Lage sind – … erstattet. Der Sachverständige ist Arzt für Neurologie und Direktor des Instituts für Musikphysiologie an der Hochschule für Musik und Theater

Die Kammer hat keinen Anlaß, mit Blick auf die Beweisfrage die Sachkunde des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Der Sachverständige befasst sich seit 1997 mit durch Musik ausgelösten Emotionen, seit 2000 mit dem Gänsehauteffekt und seit 2004 mit dem Einfluss von Emotionen auf die musikalische Gedächtnisbildung einschließlich des Langzeitgedächtnisses. Zu diesen Themen hat er auch veröffentlicht und Promotionen betreut. Seit 1994 befasst er sich mit den Hirngrundlagen der Musikwahrnehmung. Die von ihm vorgenommenen Untersuchungen zur Musikrezeption betrafen nach seiner Auskunft – an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen – einen Zeitraum von 14 Tagen und damit das Langzeitgedächtnis (in der neurogeologischen Definition spricht man ab einer Spanne von drei Tagen ebenso wie bei einem Zeitraum – wie hier – von 16 Jahren vom Langzeitgedächtnis). … geht in seinem ausführlichen, kundigen und ebenso nachvollziehbaren wie überzeugend begründeten Gutachten davon aus, dass der Beklagte zu 2) die fragliche Passage im Langzeitgedächtnis speichern konnte und sich bei der Komposition „Still got the blues“ von diesem 16 Jahre zurückliegenden Höreindruck aus „Nordrach“ hat leiten lassen. Der Sachverständige hat allerdings schon eingangs seines Erstgutachtens darauf hingewiesen, dass die ihm gestellte Frage

„… möglicherweise aus grundsätzlichen Erwägungen und aus Mangel an substantieller wissenschaftlicher Erforschung der Gedächtnisleistungen von Berufsmusikern nicht endgültig zu klären“ … ist.

Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass nach heutigem Wissen folgende Faktoren für die Einspeicherung von Musik in das Langzeitgedächtnis maßgeblich sind:

Musikalische Expertise: Berufsmusiker sind eher in der Lage, Musikstücke zu behalten als musikalische Laien

Musikalische Lernweise: Musiker, die das „Abhören“ von Musikstücken erlernt haben, haben diese Form der Gedächtnisbildung geübt. Es gelingt ihnen präziser, musikalische Werke im Langzeitgedächtnis zu behalten.

Musikalische Vertrautheit: Musik, die als melodisch, vertraut, wenig komplex und angenehm empfunden wird, eher im Langzeitgedächtnis behalten. Redundanz und Sequenzierung unterstützen die Gedächtnisbildung ….

Wiederholtes Hören: Häufige Wiederholung der gehörten Musikstücke unterstützen die Gedächtnisbildung ….

Strukturmerkmale: Alle Strukturmerkmale können zur Gedächtnisbildung beitragen. Besonders wichtig sind sogenannte „Pop-Outs“, das heisst ungewöhnliche und überraschende Wendungen. Dazu gehören plötzliche Akzente, ungewöhnliche Klangfarben, aber auch getäuschte Erwartung

Biographische und emotionale Beteiligung

Emotionale Bewertung

Auf den zur Begutachtung stehenden Sachverhalt angewandt hat der Sachverständige fünf dieser Faktoren mit ausführlicher Begründung als erfüllt angesehen. Lediglich die Punkte „Wiederholtes Hören“ und „Biographische und emotionale Beteiligung“, hinsichtlich derer der Sachverständige keine tatsächlichen Kenntnisse haben konnte, hat er verneint.

Dabei hat der Sachverständige auch die Privatgutachten von und … – insbesondere die sich aus dem Gutachten … ergebenden Zweifel an einer solchen Gedächtnisbildung – berücksichtigt.

Entscheidend ist letztlich, dass der Sachverständige – und dies in wissenschaftlichem Einvernehmen mit dem Privatgutachter … – in seiner mündlichen Anhörung nochmals erklärt hat, dass keine systematischen, wissenschaftlich fundierten Studien mit professionellen Musikern zur Frage der Bildung, Zuverlässigkeit und Stabilität des musikalischen Langzeitgedächtnisses existieren. In seiner mündlichen Anhörung hat er noch einmal betont, dass es

„… weltweit niemanden gibt, der die hier gestellte Frage aufgrund von wissenschaftlichen Studien oder entsprechenden eigenen Forschungen beantworten könnte. Es gibt keinen Gedächtnispsychologen, der diese Frage bearbeitet hat.

Auch Herr C.… hat zu dieser speziellen Frage nicht publiziert, obwohl er ein Gedächtnispsychologe von Weltruf ist.“

Damit steht für die Kammer fest, dass die Beklagten den Nachweis dafür, dass es unmöglich ist, dass sich der Beklagte zu 2) bei der Komposition von „Still Got the Blues“ von einem 16 Jahre zurückliegenden Höreindruck hat leiten lassen, da eine Speicherung im Langzeitgedächtnis über sechzehn Jahre nicht aufgrund eines ephemeren Live-Höreindrucks stattgefunden haben kann, nicht erbringen kann. Es gibt insofern keine wissenschaftlichen Fakten, sondern nur die Möglichkeit einer Plausibilitätsprüfung. Eine solche hat der gerichtliche Sachverständige in überzeugender Manier geliefert.

1. g. Für die Entscheidung ist allerdings davon auszugehen, dass die Übernahme des Gitarrensolos aus „Nordrach“ unbewusst erfolgte. Die Kammer hat jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 2) bei seinem Schaffen bewußt auf „Nordrach“ zurückgegriffen hat. Für das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung ist das allerdings unerheblich. Schadensersatzansprüche, die zumindest fahrlässiges Handeln voraussetzen, sind aber solange ausgeschlossen, als nicht von einer Kenntnis oder einem Kennenmüssen der Verletzung auszugehen ist. Eine bloß unbewusste Übernahme ist aber nicht als fahrlässiges Handeln zu qualifizieren. Fahrlässiges Handeln ist den Beklagten daher erst seit dem 30. Mai 2000 – also der Inkenntnissetzung durch den Kläger – vorzuwerfen (Eingang des klägerischen Einschreibens bei der Beklagten zu 1) laut Rückschein). Seitdem ist es auch zu neuen Verwertungshandlungen gekommen.

1. h. Der auch gegenüber der Beklagten zu 1) bestehende Bereicherungsanspruch – und damit der diesen vorbereitende Auskunftsanspruch – ist auch nicht wegen Entreicherung ausgeschlossen.

Die Beklagte zu 1) ist nicht durch ihre Zahlungen an die … entreichert. Abgegolten ist damit nämlich – solange der Kläger nicht als an „Still got the Blues“ beteiligter Komponist bei der … angemeldet ist – lediglich die Einräumung der Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte des Beklagten zu 2) an dem Song. Daneben bestehende Ansprüche des Klägers aus der Nutzung des Werkes sind damit aber nicht erfüllt. Eine Entreicherung tritt aber nicht ein, wenn lediglich einer von zwei selbständig anspruchsberechtigten Gläubigern befriedigt wird, jedenfalls dann nicht, wenn – wie hier – zwei verschiedene Rechtspersonen (die … und der Kläger) die Rechte und die daraus resultierenden Ansprüche wahrnehmen.

1. i. Die Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche sind auch nicht verjährt oder verwirkt. Die Beklagten haben nicht nachgewiesen, dass der Kläger bereits in verjährter Zeit Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung hatte.

Die Kammer teilt zwar die Verwunderung der Beklagten darüber, dass der Kläger nicht bemerkt haben will, das mit dem Anfang der 1990er Jahre veröffentlichten Welterfolg von „Still got the Blues“ seine Urheberrechte verletzt wurden – er also entweder „Still got the Blues“ nicht gehört oder „Nordrach“ vergessen hatte.

Es ist aber auch nicht so, dass dies auszuschließen ist, denn nach den Ausführungen des Sachverständigen … kann der entsprechende Vortrag des Klägers mit dem bekannten Phänomen erklärt werden, dass man seine eigenen Werke vergisst, diese also im Gedächtnis „überschrieben“ werden (sog. Interferenz); dies gelte – so der Sachverständige – auch dann, wenn sich der Künstler intensiv mit dem Werk befasst hat (Probe, Aufführung etc.).

Die Kammer kann in diesem Zusammenhang auch nachvollziehen, dass es den Beklagten nicht eingeht, dass der Beklagte zu 2) einen einmaligen Höreindruck sechzehn Jahre lang im Gedächtnis behalten haben soll, während beim Kläger davon ausgegangen wird, dass er sein eigenes, ungezählte Male gehörtes Stück derart vergessen haben soll, dass nicht einmal der Welthit „Still got the Blues“ ihm dies wieder in Erinnerung rief. Während der Vortrag des Klägers aber – und hier liegt rechtlich der Unterschied – schon wegen der Erläuterungen des Sachverständigen nicht widerlegt werden kann, begründet die frappierende klangliche Nähe der beiden streitgegenständlichen Gitarrensoli einen Anscheinsbeweis dafür, dass der Beklagte zu 2) „Nordrach“ kannte. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass der Kläger nach seinem Vortrag bis zum Jahr 2000 selbst keine Aufnahme von „Nordrach“ hatte und dieses Stück – nachdem sich „Jud's Gallery“ aufgelöst hatte – lange nicht gespielt und gehört hat.

2. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche bestehen – wie oben dargelegt – erst ab dem 30. Mai 2000, also seit von fahrlässigem Handeln der Beklagten auszugehen ist.

IV.

Der Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 2) auf Nennung als Mitkomponist ergibt sich aus der Übernahme des streitgegenständlichen, urheberrechtlich geschützten Werkes in das bei der … angemeldete Werk „Still got the Blues“. Da allein die … die Werke der Komponisten und Textdichter wahrnimmt und über Leistungsschutzrechte nicht gestritten wurde, besteht der Anspruch nur in der tenorierten Fassung.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

Unterschriften

Landgericht Bremen, Urteil vom 30.05.2013, AZ: 7 O 1648/12 - Öffentliche Wahrnehmbarmachung von Fernsehsendung - Sky

Landgericht Bremen zum Schadensersatz wegen öffentlichen Wahrnehmbarmachung von Fussballsendungen in Gaststätten - Sky
Urteilstext: 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.452,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Mai 2012 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 5.085,85 € und ab dem 8. Mai 2013 auf 4.452,70 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Fernsehveranstalter und bietet im Rahmen ihres kostenpflichtigen Fernsehprogramms („Pay-​TV“) ihren Kunden auch die Ausstrahlung von Fußballfernsehsendungen an, die von der Klägerin selbst produziert werden.

Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Rechte zur gewerblichen Vorführung und zur gewerblichen öffentlichen Widergabe von Sendungen der Live-​Spiele der deutschen Fußball-​Bundesliga. Ein Auftragnehmer der Klägerin erstellt von den Fußballspielen der Deutschen Fußball Liga vor Ort ein Live-​Signal aus Ton und Bewegtbildern vom Spielgeschehen. Mitarbeiter der Klägerin verfassen hierzu einen Live-​Kommentar von der Tribüne. Aus diesem Material stellen weitere Mitarbeiter der Klägerin die Sendung zusammen und ergänzen diese mit Einspielern wie Interviews, Analysen, Kommentaren und vorproduzierten Hintergrundberichten. Zudem wird das Live-​Signal vom Spielgeschehen mit Einblendungen und Zusatzinformationen angereichert.

Für gewerbliche Zwecke gestattet die Klägerin ihren Kunden die öffentliche Wiedergabe ihres Fernsehprogramms und insbesondere ihrer Fußballfernsehsendungen im Rahmen sogenannter Abonnementverträge für Gewerbe und Vereine („BAR PACKAGE Standard“) gegen Nutzungsentgelt. Interessenten bietet die Klägerin den Abschluss solcher Verträge mit einer anfänglichen Mindestlaufzeit für ein Jahr an. Das hierbei von der Klägerin verlangte Nutzungsentgelt variiert nach Fläche der in Rede stehenden Gewerbefläche. Für den Abschluss eines Abonnentenvertrages für Gewerbe und Vereine mit einer Gaststätte, deren Fläche zwischen 76 – 100 qm liegt, verlangt die Klägerin ein Nutzungsentgelt von monatlich 309,00 € netto.

Der Beklagte betreibt die Gaststätte „O.L.“ in Bremen als Schankwirtschaft.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. November 2011 (Bl. 37 d.A.) mahnte die Klägerin den Beklagten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung in Form der nicht erlaubten gewerblichen öffentlichen Wahrnehmbarmachung einer Fußballsendung der Klägerin ab. Mit Beschluss vom 30. November 2011, Geschäfts-​Nr. 7- O- 2126/11 untersagte das Landgericht Bremen dem Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung, Fußballfernsehsendungen der Klägerin ohne deren Einwilligung öffentlich wahrnehmbar zu machen.

Mit Faxschreiben vom 24. Januar 2012 (Bl. 44 d.A.) erklärte der Beklagte, dass er die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bremen als abschließende Regelung akzeptiere. Zugleich verpflichtete er sich, Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 408,80 €, die für die Aufforderung der Abgabe des Abschlussschreibens entstanden seien, zu erstatten.

Die Klägerin begehrt Verurteilung des Beklagten zum Schadensersatz in Höhe des entgangenen Lizenzentgeltes, das sie auf 3.708,00 € beziffert. Zudem verlangt sie Erstattung ihrer Aufwendungen für die Heranziehung ihres Prozessbevollmächtigten zur anwaltlichen Abmahnung in Höhe der nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 335,90 €. Ferner begehrt die Klägerin auch Ausgleich ihrer Aufwendungen für die Hinzuziehung ihres Rechtsanwaltes zur Fertigung des Abschlussschreibens in Höhe von 408,80 €.

Die Klägerin behauptet, in der Gaststätte des Beklagten sei am 28. Oktober 2011 gegen 22:15 Uhr das Programm „Sky Sport“ mit der von der Klägerin produzierten Fußballfernsehsendung zur Live-​Übertragung des Bundesligaspieles zwischen dem SC Freiburg und Bayer Leverkusen auf einem Fernsehbildschirm im Gastraum gegenüber anwesenden Gästen der Schankwirtschaft gezeigt worden.

Der auf Antrag der Klägerin erlassene Mahnbescheid des Amtsgerichts Coburg, Geschäfts-​Nr. 12-​7360223-​00-​T über eine Hauptforderung in Höhe von 4.452,70 € wurde dem Beklagten am 11. Mai 2012 zugestellt (Bl. 14 d.A.).

Mit der Klageschrift hat die Klägerin auch angekündigt, zu beantragen, den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über die Flächengröße der Gasträume seiner Gaststätte und über die Zeitpunkte, in denen er weitere Fußballfernsehsendungen der Klägerin in der Gaststätte öffentlich wahrnehmbar gemacht habe, zu verurteilen. Zudem begehrte die Klägerin die Feststellung der weitergehenden Schadensersatzpflicht des Beklagten nach Maßgabe der zu erteilenden Auskünfte. Nachdem die Parteien diese Anträge übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.452,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2013 (Bl. 86 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 3.708,00 € gegen den Beklagten gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Beklagte das Urheberrecht der Klägerin in schuldhafter Weise widerrechtlich verletzt hat und der Klägerin hieraus ein Schaden entstanden ist. Dies ist hier der Fall.

a) Die Klägerin ist nach ihrem unwidersprochenen Vortrag Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Filmwerk, welches die in Rede stehenden Fußballfernsehsendungen darstellen.

aa) Ein dem Urheberrechtsschutz zugängliches Filmwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG liegt vor, wenn Bild- oder Bildtonfolgen geschaffen werden, die dem Betrachter den Eindruck von der Wiedergabe eines bewegten Geschehensablaufs vermitteln (vgl. Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 2 Rn. 120; Ahlberg, in: Beck`scher online-​Kommentar Urheberrecht, Stand: 15.09.2012, § 2 UrhG Rn. 37 f.). Ein solcher Film stellt gemäß § 2 Abs. 2 UrhG ein schutzfähiges Werk dar, wenn er eine persönliche geistige Schöpfung enthält, d.h. Werkhöhe erlangt. Daran fehlt es etwa dann, wenn durch das Bewegtbild ein reales Geschehen mit feststehender Kamera lediglich abgefilmt wird, so dass die bloße Fixierung eines tatsächlichen Geschehens als Informationsquelle im Vordergrund steht, ohne dass sich in dem entstehenden Film eine schöpferische Leistung niederschlägt (Ahlberg, in: Beck-​OK UrhG, a.a.O., § 2 Rn. 38). Urheberrechtsschutz als Filmwerke genießen demgegenüber etwa die aufwendigen Aufzeichnungen von Fußballspielen der Bundesliga. Bereits die Schnittregie, die Bilder aus diversen, auch beweglichen Kameras umfasst und die für das Endprodukt Nahaufnahmen und Zeitlupen, Wiederholungen und Einspielungen von Spielsequenzen miteinander verbindet, stellt eine geistige Schöpfung mit genügend gestalterischem Spielraum dar, um solchen Bewegtbildfolgen die Werkqualität zuzubilligen. Selbst die Führung einer einzelnen bewegten Kamera kann bereits ein Filmwerk entstehen lassen, da bereits die Kameraführung in solchen Fällen Ergebnis einer schöpferischen Leistung sein kann. Die zeitgenössische filmerische Wiedergabe großer Sportveranstaltungen ist keineswegs nur durch die reine Informationsvermittlung geprägt, sondern auch durch ihre ästhetische Gestaltung. So liegt es auch hier. Neben der Schnittregie selbst kommen aber noch diverse weitere filmerische Elemente hinzu, die in ihrer Gesamtheit die dem Publikum präsentierte Fernsehsendung ausmachen; dies umfasst Einspielungen etwa vorproduzierter Berichte, Kommentare, Interviews und ähnlicher Zusätze ebenso wie die Einblendungen während des Spiels selbst. Jedenfalls in dieser Zusammenstellung erreichen die Fußballsendungen der Klägerin Werkqualität.

bb) Die Klägerin ist auch ausschließliche Nutzungsberechtigte des Zweitwiedergaberechtes des § 22 UrhG. Gemäß §§ 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, das Werk öffentlich wiederzugeben. Dieses Recht zur öffentlichen Wiedergabe umfasst gemäß §§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, 22 UrhG auch das Recht, Funksendungen durch Bildschirm oder ähnliche Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.

Allerdings hat die Klägerin nicht dargelegt, dass sie selbst Urheberin dieses Filmwerkes sei; dies ist auch schon deshalb ausgeschlossen, weil Urheber nur eine natürliche Person sein kann, da nur eine solche fähig zur schöpferischen Leistung ist. Jedoch folgt aus § 89 Abs. 1 UrhG eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die verschiedenen Personen, die sich zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmwerkes verpflichtet haben, dem Filmhersteller das ausschließliche Recht einräumen, das Filmwerk auf alle Nutzungsarten zu nutzen. Diese Regelung entbindet den Filmhersteller, hier die Klägerin, von der detaillierten Darlegung, dass alle an der Produktion des Filmwerkes beteiligten Miturheber der Klägerin die Nutzungsrechte in ausschließlicher Form eingeräumt haben. Diese Vermutung erfasst dem Gesetzeswortlaut nach auch das vom Urheberrecht umfasste Zweitwiedergaberecht in Form der öffentlichen Wahrnehmbarmachung der ausgestrahlten Fernsehsendung im Sinne des § 22 UrhG. Soweit in der Literatur demgegenüber die Auffassung vertreten wird, dass diese Zweitwiedergaberechte nicht von der Rechtseinräumungsvermutung des § 89 Abs. 1 UrhG umfasst sei (so etwa Manegold, in: Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 89 Rn. 25; Katzenberger, in: Loewenheim/Schricker, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 89 Rn. 19), so findet dies weder in dem uneingeschränkten Gesetzeswortlaut eine Stütze, der ausdrücklich „alle“ Nutzungsarten umfasst, noch rechtfertigt der Zweck der Regelung, dem Filmhersteller, der das wirtschaftliche Risiko der Produktion trägt, die wirtschaftliche Verwertung des Produktes zu ermöglichen, diese Einschränkung (vgl. auch Diesbach, in: BeckOK UrhG, a.a.O., § 89 Rn. 27). Demnach ist die Klägerin gemäß § 89 Abs. 1 UrhG als Filmherstellerin die ausschließlich Nutzungsberechtigte auch mit Blick auf das Zweitwiedergaberecht im Sinne des § 22 UrhG. Gemäß § 31 Abs. 3 UrhG berechtigt das ausschließliche Nutzungsrecht den Inhaber zur alleinigen Nutzung des Werkes auf die vom Recht umfasste Weise. Sind ausschließliche Nutzungsrechte übertragen, ist demnach aktivlegitimiert, wer Inhaber dieser ausschließlichen Rechte ist. Dies ist hier die Klägerin.

b) Dieses ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin hat der Beklagte verletzt, indem er die Sportsendung der Klägerin am 28. Oktober 2011 in der von ihm betriebenen Gaststätte auf einem Bildschirm den Gästen zeigte bzw. zeigen ließ.

aa) Dass der Beklagte auf diese Weise die Sky-​Sport-​Fernsehsendung vom betreffenden Spieltag der Bundesliga zeigte bzw. zeigen ließ, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den Angaben des Zeugen E. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass er bei der damals durchgeführten Kontrolle in den Gasträumen der O.L. auf einem der beiden vorhandenen Bildschirme eine laufende Fußballsendung einschließlich des eingeblendeten Sky-​Logos wahrgenommen habe. In der ausführlichen Befragung hat der Zeuge in nachvollziehbarer Weise einzelne Erinnerungen geschildert, aber zugleich auch anhand von seinen Aufzeichnungen rekonstruierte Erinnerungen dargelegt. Dabei bekräftigte der Zeuge, dass er sich erinnern könne, dass auf dem Bildschirm in den Gasträumen der Gaststätte des Beklagten eine Fußballsendung mit dem eingeblendeten Logo der Klägerin zu sehen gewesen sei.

Das Gericht erachtet diese Angaben als ergiebig und überzeugend. Der Umstand, dass sich der Zeuge an die Kontrollsituation nur in ihren groben Zügen und in einigen wenigen Details erinnerte, spricht jedenfalls nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben, sondern eher dafür. Die seit dem Geschehen verstrichene Zeit lässt es als plausibel erscheinen, dass zahlreiche Details in der Erinnerung des Zeugen bereits verblasst waren. Aus dem Umstand, dass der Zeuge aber auf Nachfrage durchaus einzelne Details der Räumlichkeiten und die empfundene Atmosphäre in der Gaststätte schildern konnte, folgt, dass der Zeuge gleichwohl über eine konkrete Erinnerung an die in Rede stehende Kontrollsituation verfügt, wenn eben auch nur noch in groben Zügen. Nach dem Eindruck des Gerichts war der Zeuge auch darum bemüht, seine Wahrnehmungen wahrheitsgemäß zu schildern. Dies folgt u.a. daraus, dass er auf Nachfragen bekundete, dass lediglich eine einzige Kontrolle positiv ausgefallen sei, aber auch daraus, dass er seine Erinnerungslücken freimütig einräumte. Insgesamt konnte eine Belastungstendenz in den Angaben des Zeugen nicht ausgemacht werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge von einem Eigeninteresse geleitet ausgesagt haben könnte, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Die zusätzlichen Aufwandsvergütungen für positive Kontrollen, die der Zeuge schilderte, fallen so gering aus, dass hieraus kaum ein ernstliches Eigeninteresse an der unrichtigen Darstellung einer positiven Kontrolle folgt, zumal ein solches Kontrollergebnis nach der plausiblen Darstellung des Zeugen einen erhöhten Dokumentationsaufwand nach sich zieht. Auch nach dem persönlichen Eindruck von dem Zeugen ist das Gericht überzeugt, dass dieser seine Erinnerungen wahrheitsgemäß schilderte. Demnach steht fest, dass am Kontrolltag in der Gaststätte des Beklagten eine Fußballsendung der Klägerin gezeigt worden ist.

bb) Diese Wiedergabe stellt auch ein öffentliches Wahrnehmbarmachen im Sinne des § 22 UrhG dar. Die Sendung der Klägerin wurde auf einem Bildschirm für menschliche Sinne wahrnehmbar wiedergegeben. Dies erfolgte auch öffentlich. Dies ist gemäß § 15 Abs. 3 UrhG der Fall, wenn die Wiedergabe – wie hier – für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Dabei zählt jeder zur Öffentlichkeit, der nicht mit dem Verwerter in persönlicher Beziehung verbunden ist. Der Beklagte hat vorliegend nicht dargelegt, dass die seinerzeit in seiner Gaststätte anwesenden Personen durchweg mit ihm persönlich verbunden gewesen seien. Der Zeuge E. hat hierfür bei der Kontrolle auch keine Anhaltspunkte feststellen können; insbesondere wurde er nicht etwa darauf aufmerksam gemacht, dass der Schankbetrieb für eine geschlossene Gesellschaft erfolge und er daher das Lokal zu verlassen habe.

cc) Auch die Begrenzung der Reichweite des Wiedergaberechts, wie sie in § 52 Abs. 1 UrhG enthalten ist, greift hier nicht. Danach ist eine öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes u.a. dann zulässig, wenn sie keinem Erwerbszweck dient. Angesichts dessen, dass die Wiedergabe aber im Rahmen des gewerblichen Schankbetriebes erfolgte, kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Wiedergabe zulässig gewesen sei.

dd) Eine Einwilligung der Inhaberin des ausschließlichen Nutzungsrechts, welche die Widerrechtlichkeit der Verwertung beseitigen könnte, liegt unstreitig nicht vor.

c) Die Verletzung des Urheberrechts der Klägerin erfolgte auch schuldhaft. Dabei kann es offen bleiben, ob den Beklagten Vorsatz traf, da ihm jedenfalls Fahrlässigkeit zum Vorwurf zu machen ist. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 BGB. Eine Fahrlässigkeit kann sich auch dadurch ergeben, dass Abläufe nicht derart organisiert werden, dass Rechtsverletzungen effektiv vorgebeugt wird. Die Schadensersatzhaftung resultiert dann aus einem Organisationsverschulden (vgl. Reber, in: BeckOK UrhG, a.a.O., § 97 Rn. 104). Angesichts dessen ist hier ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten anzunehmen, selbst wenn man sein Vorbringen berücksichtigt, er selbst habe zu keinem Zeitpunkt den Fernsehsender der Klägerin gezeigt.

aa) Das Gericht erachtet den Vortrag des Beklagten aus der mündlichen Verhandlung, dass die Monteure, welche die Satellitenempfangsanlage eingerichtet hätten, eigenständig den Sender der Klägerin eingestellt haben müssen, als unsubstantiiert. Der Beklagte bleibt jede konkrete Darstellung schuldig, wann die Installation vorgenommen worden sein soll und welche Personen hierbei an der Anlage gearbeitet haben sollen. Der Beklagte bleibt auch jede Erklärung dafür schuldig, wie es dazu kommen konnte, dass ein Fernsehprogramm auf dem Bildschirm in den Räumen seiner Gaststätte wahrnehmbar war, dessen Empfang und unverschlüsselte Wiedergabe gesonderte technische Einrichtungen – wie einen vorgeschalteten Decoder oder einen eingebundenen Computer mit Internetzugang – erforderlich macht. Dass er, der Beklagte, überraschenderweise solche Einrichtungen vorgefunden habe, trägt er jedenfalls nicht vor. Die Darstellung des Beklagten ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil es kaum glaubhaft ist, dass der Beklagte eine Fernsehanlage installieren ließ und deren Funktionsfähigkeit nicht überprüft haben will. Andernfalls wäre es ebenso wenig nachvollziehbar, wenn der Beklagte behaupten wolle, dass er bei einer solchen Kontrolle nicht bemerkt habe, dass das Programm des hinlänglich als solchen bekannten größten deutschen Pay-​TV-​Anbieters unverschlüsselt auf dem Bildschirm läuft, obwohl der Beklagte gar keinen Vertrag mit der Klägerin unterhält. Diese Darstellung ist nicht nur unsubstantiiert. Sie ist auch derart unglaubhaft, dass sie als Schutzbehauptung anzusehen und unbeachtlich ist.

bb) Unabhängig von vorstehenden Erwägungen ist das Vorbringen des Beklagten aber auch rechtlich unerheblich. Eine Fahrlässigkeit kann sich auch dadurch ergeben, dass Abläufe nicht derart organisiert werden, dass Rechtsverletzungen effektiv vorgebeugt wird. Die Schadensersatzhaftung resultiert dann aus einem Organisationsverschulden (vgl. Reber, in: BeckOK UrhG, a.a.O., § 97 Rn. 103). So liegt es hier. Im Rahmen der Ausübung eines Gewerbebetriebes treffen den Gewerbetreibenden strenge Anforderungen mit Blick darauf, durch seine Geschäftstätigkeit Rechte Dritter nicht zu verletzen. Wie im gewerblichen Rechtsschutz und im Wettbewerbsrecht werden auch im Urheberrecht strenge Anforderungen an die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gestellt (v. Wolff, in: Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 97 Rn. 52). Den Beklagten traf daher auch die Pflicht, im Rahmen seines Geschäftsbetriebes durch Einweisungen und Kontrollen sicherzustellen, dass seine Mitarbeiter und Verrichtungsgehilfen keine Urheberrechtsverletzungen begehen. Diese Pflicht hat der Beklagte, folgte man seinem Vorbringen, offenkundig missachtet.

cc) Im Übrigen haftet der Geschäftsherr aber auch im Rahmen des Urheberrechts und des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 2 UrhG für rechtswidrige Handlungen der von ihm eingesetzten Verrichtungsgehilfen (Reber, in: BeckOK UrhG, § 97 Rn. 50). Angesichts dessen haftete der Beklagte aus § 831 BGB, sollten tatsächlich die von ihm eingesetzten Monteure und nicht er selbst die Fußballsendungen der Klägerin wahrnehmbar gemacht haben. Dass ihn, den Beklagten, insoweit ein Auswahlverschulden, das gemäß § 831 Abs. 1 BGB zu vermuten ist, nicht träfe, hat der Beklagte nicht dargelegt.

d) Der Höhe nach kann die Klägerin Zahlung von 3.708,00 € als Schadensersatz verlangen.

Zunächst ist die Klägerin berechtigt, die entgangene Lizenzgebühr für den Vertragszeitraum von 1 Jahr vom Beklagten zu verlangen. Abweichend vom allgemeinen Schadensrecht der §§ 249 ff. BGB erlaubt es das Urhebergesetz mittlerweile dem Verletzten ausdrücklich, seinen Schaden im Wege der zuvor bereits anerkannten Rechtsfigur der Lizenzanalogie zu berechnen. Gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG gilt als zu ersetzender Schaden auch der Betrag, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis für die rechtsverletzende Handlung eingeholt hätte. Angemessen ist eine Lizenzgebühr, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (vgl. v. Wolff, in: wandtke/Bullinger, a.a.O., § 97 Rn. 74; Reber, in: BeckOK UrhG, a.a.O., § 97 Rn. 122). Verwendet der Rechteinhaber für die rechtsverletzende Verwertungsform einen Tarif oder eine Preisliste und entspricht diese der Branchenübung, so können auch diese für die Bemessung der Lizenzgebühr herangezogen werden (Reber, in: BeckOK UrhG, a.a.O., § 97 Rn. 123; Wild, in: Loewenheim/Schricker, a.a.O., § 97 Rn. 156). Ausgehend hiervon kann die Klägerin Zahlung von 3.708,00 € verlangen. Sie hat unwidersprochen dargelegt, dass sie neue Gaststättenabonnementverträge regelmäßig jeweils nur mit einer anfänglichen Mindestvertragslaufzeit von 1 Jahr abschließt und dass sie zur Bemessung der Vergütung ihre Preislisten zu Grunde legt. Nach Maßgabe dieser Preislisten bemisst sich ein einjähriges Lizenzentgelt für eine Gaststätte mit der Flächengröße, wie sie der Beklagte eingeräumt hat, auf 3.708,00 € netto.

2. Die Klägerin hat zudem einen Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 335,90 € aus § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Voraussetzung hierfür ist, dass die Klägerin den Beklagten berechtigterweise wegen einer Urheberrechtsverletzung abgemahnt hat.

Dies ist hier der Fall. Ausgehend von vorstehenden Erwägungen hat der Beklagte das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin an dem Filmwerk aus §§ 15 Abs. 2, 22 UrhG verletzt, so dass der Klägerin seinerzeit auch ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung weiterer Rechtsverletzungen zustand, § 97 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. UrhG bestand. Die mit Anwaltsschreiben vom 10. November 2011 erfolgte Abmahnung war daher berechtigt.

Als Rechtsfolge kann der Verletzte die Kosten der ersten Abmahnung ersetzt verlangen. Der Erstattungsanspruch erfasst sämtliche erforderliche Aufwendungen, die dem Verletzten durch die Abmahnung entstanden sind. Dazu gehören auch Rechtsanwaltskosten; etwas anderes gälte allenfalls dann, wenn der Verletzte über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die den Verstoß ohne Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes verfolgen kann (vgl. Kefferpütz, in: Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 97a Rn. 28). Dass die Klägerin über eine eigene Rechtsabteilung verfügte, welche auch personell in der Lage wäre, die in Rede stehende Urheberechtsverletzung zu verfolgen, hat der Beklagte nicht dargelegt. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass die hierfür anfallenden Kosten geringer ausfielen als die Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes.

Bei Einschaltung eines Rechtsanwalts, der für die Abmahnung beauftragt worden ist, kann die nach dem RVG für die vorgerichtliche Abmahntätigkeit angemessene Gebühr erstattet verlangt werden. Für diese Tätigkeit steht dem Rechtsanwalt gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 2300 VV eine Geschäftsgebühr zu, die bei überschaubaren und nicht besonders schwierig gelagerten Tätigkeiten auf eine Geschäftsgebühr von höchstens 1,3 begrenzt wird. Da eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr zur Hälfte auf eine später anfallende gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist und die Klägerin den abgemahnten Anspruch gerichtlich durchsetzte, wofür eine solche gerichtliche Verfahrensgebühr ungeschmälert anfiel, ist es sachgerecht, dass die Klägerin im vorliegenden Schadensersatzprozess nur den nicht anrechenbaren Anteil der Regelgebühr in Höhe von 0,65 geltend macht, die bei dem mit 10.000,00 € angesetzten Streitwert zutreffend berechnet worden ist und daher in voller Höhe zuzusprechen war.

3. Ferner hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für das Abschlussschreiben in Höhe von 408,80 € gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

a) Soweit die Klägerin ein Faxschreiben des Beklagten vom 24. Januar 2011 vorlegt, in dem der Beklagte sich zur Übernahme der Kosten der Abschlusserklärung verpflichtet, so liegt hierin allerdings kein wirksames Schuldanerkenntnis, da die Einhaltung der Formvorgaben der §§ 780, 781 BGB nicht dargelegt worden ist. Danach bedarf sowohl das deklaratorische als auch das konstitutive Schuldanerkenntnis der Schriftform. Die Schriftform ist gewahrt, wenn der Erklärende auf einer Urkunde eigenhändig unterzeichnet, § 126 Abs. 1 BGB. Empfangsbedürftige Willenserklärungen, die der Schriftform bedürfen, werden nur wirksam, wenn dem Erklärungsempfänger die formgerecht errichtete Erklärung zugeht, d.h. die eigenhändig unterzeichnete Urkunde. Die Übermittlung einer solchen Urkunde per Fax wahrt im Privatrechtsverkehr die Schriftform nicht (Palandt-​Ellenberger, BGB, 72. Aufl. 2013, § 126 Rn. 12 mwN); allein im Prozessrecht ist die Übermittlung bestimmender Schriftsätze zur Fristwahrung ausreichend.

b) Ungeachtet dessen hat die Klägerin aber auch einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes zur Abfassung des Abschlussschreibens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Die Haftung dem Grunde nach folgt aus den vorstehenden Erörterungen. Auch die Kosten zur endgültigen Regelung des durch eine einstweilige Verfügung nur vorübergehend geregelten Rechtszustandes, hier der Abwendung der drohenden Wiederholungsgefahr der Urheberrechtsverletzung, stellen – ebenso wie die Abmahnkosten – Teil des gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu ersetzenden konkreten Schadens dar, da auch sie dazu dienen, die erfolgte Verletzung zu beenden und die eingetretenen Schäden zu beseitigen (vgl. zu den Abmahnkosten als Schaden Wild, in: Loewenheim/Schricker, a.a.O., § 97a Rn. 30). Selbst wenn man dies entgegen der Auffassung der Kammer anders sehen wollte und Aufwendungen zur Abmahnung bzw. für ein Abschlussschreiben deshalb nicht als Schaden begreifen wollte, weil sie allein der Verhinderung zukünftiger Verletzungen dienten, so ergäbe sich ein Aufwendungsersatzanspruch hier aus §§ 683 Satz 1, 677, 666 BGB, da die Abfassung des Abschlussschreibens als auch fremdes Geschäft im Interesse des Beklagten anzusehen ist, mit dessen Übernahme ein Hauptsacherechtsstreit auch im Interesse des Beklagten vermieden worden ist.

4. Insgesamt ist die Klage gerichtet auf Zahlung von 4.452,70 € daher begründet, so dass ihr stattzugeben war. Der ebenfalls im zugesprochenen Umfang begründete Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.   

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien die Klage gerichtet auf Auskunftserteilung und Feststellung einer weitergehenden Schadensersatzpflicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei Anwendung dieser Maßstäbe waren die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da bei Fortgang des Prozesses ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses die Klageanträge zulässig und begründet gewesen wären. Die Urheberrechtsverletzung, die zuvor bereits festgestellt worden ist, begründet einen gewohnheitsrechtlich anerkannten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung der Schadensersatzforderung (vgl. statt vieler Reber, in: BeckOK UrhG, a.a.O., § 97 Rn. 134), wonach der Verletzte all die Angaben vom Verletzer verlangen kann, die erforderlich sind, um dem Verletzten zu ermöglichen, den Schaden nach der von ihm gewählten Berechnungsmethode zu beziffern. Im Falle der Lizenzanalogie kann der Geschädigte daher Auskunft über die Umstände verlangen, die nach seiner eigenen Preisliste die Vergütungshöhe bestimmen. Dies sind vorliegend die Flächengröße der Gasträume und die Dauer der unberechtigten Verwertung. Ohne Erteilung der Auskünfte durch den Beklagten nach Klageerhebung wäre er antragsgemäß zu verurteilen gewesen, so dass ihm nach billigem Ermessen die Kosten nach Erledigung aufzuerlegen waren. Vor Erteilung der Auskünfte durch den Beklagten war zugleich auch der Feststellungsantrag zulässig. Erst nach Auskunftserteilung im Prozess entfiel die Zulässigkeit des unbezifferten Klageantrages wegen des Vorrangs der Leistungsklage, § 256 ZPO. Bei fortbestehender Zulässigkeit wäre die Feststellungsklage angesichts des festgestellten Urheberrechtsverstoßes auch begründet gewesen, so dass auch hinsichtlich dieses Klageantrages dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen waren.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

IV.

Die in den Urteilstenor aufgenommene Streitwertentscheidung beruht auf § 3 ZPO. Danach war neben dem Wert des Zahlungsantrages der Wert des Auskunfts- und des Feststellungsbegehrens zu schätzen. Der Wert eines Auskunftsbegehrens bemisst sich nach einem Bruchteil des zu erwartenden Anspruches, dessen Geltendmachung mit der Auskunft vorbereitet werden soll. Hier diente die Auskunft dazu, einerseits die geschätzte Größe des Gastraumes zu bestätigen, also abzusichern, dass nicht doch ein höherer Schadensersatzanspruch in Form der Lizenzanalogie bestanden hat. Bei Erreichen der nächsthöheren Flächenkategorie, die allenfalls in Rede stand, wäre eine Jahreslizenz als Schadensersatz geschuldet gewesen, die insgesamt 1.080,00 € netto höher gelegen hätte als der bereits mit dem Zahlungsantrag begehrte Schaden. Hiervon ist ein Bruchteil von 1/5 anzusetzen, mithin 216,00 €. Soweit auch Auskunft über die Dauer der Nutzung begehrt wurde, diente dies dazu, festzustellen, ob der Beklagte die Sendungen der Klägerin länger als ein Jahr unberechtigt verwertet hat und deshalb eine höhere als die mit dem Klageantrag bereits geltend gemachte Lizenzgebühr schuldete. Der Wert dieses zusätzlichen, aufzuklärenden Anspruches kann mit einem Bruchteil des Wertes von drei Monatsgebühren angesetzt werden; dass die Klägerin Vertragsverlängerungen immer nur in Jahreszyklen erlaubte, ist nicht dargetan worden. Soweit keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Verletzer die Verwertungshandlung deutlich länger als ein Jahr vorgenommen hat, erscheinen die Gebühren von drei Monaten als Berechnungsgrundlage für einen lediglich vermuteten weitergehenden Schadensersatzanspruch als angemessen. Ausgehend hiervon stünde hier ein weitergehender Anspruch, dessen Wert auf 927,00 € zu schätzen ist, in Rede, dessen Bestehen mit der Auskunft aufgeklärt werden sollte. Setzt man für das Begehren 1/5 des Anspruchswertes an, ergibt sich ein Wert dieses Auskunftsanspruches in Höhe von 185,40 €. Der Wert des Feststellungsanspruches ist mit einem Bruchteil von ¼ des soeben geschätzten Wertes des weitergehenden Schadensersatzanspruches, der Gegenstand des Feststellungsantrages ist, anzusetzen, mithin mit 231,75 €. In der Summe (4.452,70 € + 216,00 € + 185,40 € + 231,75 €) ergibt sich der festgesetzte Wert von 5.085,85 €. Mit teilweiser Erledigung des Rechtsstreits im Verlauf der mündlichen Verhandlung reduzierte sich der Gebührenstreitwert auf den Wert der restlichen anhängigen Hauptforderung.

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