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Oberlandesgericht

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 05.10.2010, AZ: 6 W 82/10 - Offensichtlichkeit einer Rechtsverletzung im Urheberrecht

OLG Köln zur Offensichtlichkeit einer Urheberrechtsverletzung im Auskunftsverfahren
Urteilstext: 

 

Oberlandesgericht Köln

Beschluss

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 230 O 49/10 - vom 23.04.2010 die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt hat, soweit darin der Beteiligten gestattet worden ist, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift desjenigen Inhabers eines Internetanschlusses zu erteilen, dem am 11.03.2010 um 10:51:00 Uhr MEZ die IP-Adresse … zugewiesen war.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens ist Inhaberin ausschließlicher von den ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern abgeleiteter Nutzungsrechte an einem im August 2008 erschienenen Popmusik-Album. Mit Hilfe automatischer, von einem Beauftragten entwickelter und kontrollierter Ermittlungen stellte sie fest, dass dieses Album in Form digitaler Musikdateien innerhalb eines P2P-Netzwerks (einer sogenannten Internet-Tauschbörse) unter anderem am 11.03.2010 um 10:51:00 Uhr MEZ öffentlich zugänglich gemacht wurde. Auf ihren Antrag hat das Landgericht Köln der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 9 UrhG gestattet, unter Verwendung der Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift des Nutzers zu erteilen, dem die für den betreffenden Vorgang ermittelte IP-Adresse zugewiesen war. Die Beteiligte erteilte die Auskunft und benannte die Beschwerdeführerin als Anschlussinhaberin; von der Antragstellerin wurde diese unter Beifügung einer Kopie des landgerichtlichen Gestattungsbeschlusses zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Kostenübernahme oder zur Zahlung eines abschließenden Vergleichsbetrages von 1.200,00 € aufgefordert. Mit ihrer persönlich eingelegten Beschwerde beanstandet die Anschlussinhaberin nunmehr, dass die Beteiligte Informationen über ihren Internetanschluss weitergegeben und das Landgericht dies gestattet habe, ohne sie davon in Kenntnis zu setzen. In der Sache verweist sie darauf, dass das Musikalbum nur von ihrer 11jährigen Enkeltochter, die gerade einen Computerkurs beendet habe, aus dem Internet heruntergeladen worden sein könne. Sie sehe nicht ein, für so eine Kindermusik und den Übereifer ihrer Enkelin einen Betrag in der geforderten Höhe bezahlen zu sollen.

II.
Die Beschwerde, mit der erkennbar die Feststellung der Rechtswidrigkeit der die Beschwerdeführerin betreffenden Anordnung im angefochtenen Beschluss erstrebt wird, ist zulässig. Soweit der Senat in anderer Besetzung vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zum 01.01.2009 und vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 02.03.2010 (NJW 2010, 833 - Vorratsdatenspeicherung [Rn. 251, 254 ff.]) eine eigene Beschwerdeberechtigung des am Ausgangsverfahren nicht beteiligten Anschlussinhabers verneint hat (Senatsbeschluss vom 05.05.2009 - 6 W 39/09 = GRUR-RR 2009, 321 - John Bello Story 2; vgl. - die Frage für den geltenden Rechtszustand offen lassend - die Senatsbeschlüsse vom 18.05.2010 - 6 W 51/10; vom 21.07.2010 - 6 W 63/10; 69/10; 79/10; 18.8.2010 - 6 W 112/10), wird daran nicht festgehalten.

1.
Der Anschlussinhaber - hier die Beschwerdeführerin - ist durch die richterliche Gestattungsanordnung beschwert.

a)
Eine formelle Beschwer, die bei Zurückweisung des Antrags auf richterliche Anordnung nur in der Person des Antragstellers besteht (§ 101 Abs. 9 S. 4 und 6 UrhG i.V.m. § 59 Abs. 2 FamFG), kann der Anschlussinhaber allerdings nicht geltend machen. Weil er dem Antragsteller wie dem Gericht vor Erteilung der Auskunft durch die Beteiligte, über deren Zulässigkeit in dem Anordnungsverfahren erst entschieden wird, naturgemäß noch unbekannt ist, kann er weder vor der richterlichen Anordnung angehört noch von Amts wegen davon benachrichtigt oder über mögliche Rechtsbehelfe belehrt werden; da schon eine entsprechende verfahrensrechtliche Verpflichtung des Gerichts nicht besteht, kommt es nicht darauf an, ob ihre Verletzung allein ein Beschwerderecht begründen könnte.

b)
Eine materielle Beschwer, also eine mit der angefochtenen Entscheidung bewirkte Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in seinen Rechten, die für das Beschwerderecht in dem FamFG unterfallenden Verfahren regelmäßig - auch in Antragsverfahren bei stattgebender Entscheidung - genügt (§ 59 Abs. 1 FamFG, vgl. Keidel / Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 59 Rn. 44), kann dagegen im Ergebnis nicht verneint werden. Im Licht des grundrechtlich verbürgten Telekommunikationsgeheimnisses (Art. 10 GG), das gegenüber dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) die speziellere Garantie darstellt (BVerfG, NJW 2010, 833 [Rn. 191]) und in § 101 Abs. 10 UrhG als durch § 101 Abs. 2 und 9 UrhG eingeschränktes Grundrecht genannt wird, dient der dort vorgesehene Richtervorbehalt vor allem dem Schutz der rechtlichen Interessen der noch unbekannten Anschlussinhaber. Obgleich verfassungsrechtlich für die Auskunft über Bestandsdaten - wozu die Identität des hinter einer IP-Adresse stehenden Anschlussinhabers gehört - kein Richtervorbehalt gefordert wird, zumal wenn ein prozessordnungsgemäßes Ersuchen der Staatsanwaltschaft vorliegt (BVerfG, a.a.O. [Rn. 261]; BGH, GRUR 2010, 633 = WRP 2010, 912 [Rn. 29] - Sommer unseres Lebens; Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16/5048 S. 56), hat der Gesetzgeber für das Verhältnis zwischen privatem Rechtsinhaber und Provider am Erfordernis einer richterlichen Anordnung festgehalten, weil der Provider für die Zuordnung der IP-Adresse besonders schutzwürdige, im Vergleich zu Telefonverbindungen wesentlich sensiblere Verkehrsdaten heranziehen muss (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, a.a.O. [Rn. 259]). Auch wenn sich der Entscheidungssatz des Gerichtsbeschlusses nur an den Provider richtet, betrifft er insofern doch auch unmittelbar die an Hand der angegebenen Daten identifizierbaren Anschlussinhaber - dies umso mehr, als der Provider durch die richterliche Anordnung von eigenen Prüfungen entlastet und damit praktisch zur Auskunft veranlasst wird (vgl. BT-Drucks. 16/5048 S. 63; BT-Plenarprot. 16/16318 B/C).

2.
Da sich die Auskunft des Providers über die Person des hinter einer bestimmten IP-Adresse stehenden Anschlussinhabers an Hand von Verkehrsdaten nach ihrer Erteilung nicht mehr rückgängig machen lässt, so dass sich damit die richterliche Gestattungsanordnung in der Hauptsache erledigt, ist für die Statthaftigkeit der Beschwerde eines betroffenen Anschlussinhabers allerdings zusätzlich ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse erforderlich. Näher geregelt ist diese Konstellation nunmehr in § 62 FamFG i.V.m. § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, wonach das Beschwerdegericht auf Antrag ausspricht, dass die in der Hauptsache erledigte erstinstanzliche Entscheidung den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

a)
Insbesondere wenn der Betroffene - wie die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren - nicht anwaltlich vertreten ist, dürfen die Anforderungen an die Formulierung eines solchen Antrags nicht überspannt werden; es genügt, dass sich aus dem gesamten Vorbringen des Betroffenen konkludent das Begehren ergibt, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung überprüfen zu lassen (Keidel / Budde, a.a.O., § 62 Rn. 10; Bork / Jacoby / Schwab / Müther, FamFG, § 62 Rn. 6; Schulte-Bunert / Weinreich / Unger, FamFG, 2. Aufl., § 62 Rn. 16 f. m.w.N.). So liegt es hier: Die Beschwerdeführerin beanstandet den in das Telekommunikationsgeheimnis eingreifenden, ohne ihre Beteiligung ergangenen Gestattungsbeschluss ersichtlich als unrechtmäßig und erstrebt dazu eine - nur noch als nachträgliche Feststellung mögliche - Entscheidung des Beschwerdegerichts.

b)
Nach zutreffender Ansicht setzt der Antrag auf Fortsetzung eines abgeschlossenen Verfahrens in der Beschwerdeinstanz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der in der Hauptsache erledigten erstinstanzlichen Entscheidung nicht voraus, dass die Beschwerde - was bei Einwänden der Anschlussinhaber gegen eine richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG praktisch nie der Fall ist - schon vor dem erledigenden Ereignis eingelegt war. Gemäß der vom Gesetzgeber (BT-Drucks. 16/6308 S. 205) aufgegriffenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 104, 220 [231 ff.] = NJW 2002, 2456NStZ 2009, 166 [167] m.w.N.) muss der Begriff der Erledigung vielmehr weit ausgelegt und das Feststellungsbegehren im Interesse effektiven Rechtsschutzes auch dann als zulässig angesehen werden, wenn sich die angegriffene Maßnahme - wie hier - bei Einlegung der Beschwerde bereits erledigt hatte (Keidel / Budde, a.a.O., Rn. 7-9; Prütting / Helms / Abramenko, FamFG, § 62 Rn. 5; Schulte-Bunert / Weinreich / Unger, a.a.O., Rn. 3).

c)
Ein berechtigtes Interesse der Beschwerdeführerin an der begehrten Feststellung besteht im Streitfall in der Form des Regelbeispiels eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG).

Die richterliche Anordnung betrifft - wie oben zu Nr. 1 lit. b dargestellt - das von Verfassungs wegen unverletzliche und nur auf Grund eines Gesetzes beschränkbare Telekommunikationsgeheimnis (Art.10 Abs. 1 und 2 GG). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02.03.2010 bedarf die Aufhebung der Anonymität im Internet gerade wegen des erheblichen Gewichts des darin liegenden Eingriffs ihrerseits einer Rechtsgutbeeinträchtigung, der von der Rechtsordnung auch sonst ein hervorgehobenes Gewicht beigemessen wird (BVerfG, NJW 2010, 833 [Rn. 262]). Der Betroffene, der in der Regel davon ausgehen kann, das Internet anonym zu nutzen, hat nicht nur grundsätzlich ein Recht zu erfahren, dass und warum diese Anonymität aufgehoben wurde (BVerfG, a.a.O. [Rn. 263]), sondern ihm ist auch, wenn er vor Durchführung der Maßnahme keine Gelegenheit hatte, sich vor den Gerichten gegen die Verwendung seiner Telekommunikationsdaten zur Wehr zu setzen, eine gerichtliche Kontrolle nachträglich zu ermöglichen (vgl. BVerfG, a.a.O. [Rn. 251]), und zwar wenigstens in denjenigen Konstellationen, für die der Gesetzgeber - wie in § 101Abs. 9 UrhG - eine vorbeugende richterliche Kontrolle der Maßnahme bewusst vorgesehen hat, in denen dem davon Betroffenen innerhalb der Zeitspanne bis zur Erledigung der Maßnahme aber typischerweise kein rechtliches Gehör gewährt werden kann.

Obwohl der Erlass der richterlichen Anordnung noch keine Entscheidung über das Vorliegen einer gerade vom Anschlussinhaber zu verantwortenden Rechtsverletzung erfordert und insoweit keine schwerwiegende stigmatisierende oder diskriminierende Wirkung von ihr ausgehen mag, ist im Ergebnis ein Rehabilitationsinteresse (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.07.2010 - 1 BvR 2579/08 [Rn. 32] m.w.N., zitiert nach juris) des betroffenen Anschlussinhabers zu bejahen, der sich gegen die gerichtliche Feststellung einer offensichtlichen Verletzung geschützter Rechte des Gläubigers in gewerblichem Ausmaß unter Benutzung der seinem Internetanschluss zugeordneten IP-Adresse wendet. Denn er wird durch die erledigte richterliche Anordnung weiterhin erheblich beeinträchtigt, insofern sich der Gläubiger nach erteilter Auskunft zunächst an ihn wendet und ihn gegebenenfalls zwingt, sich gegen den Vorwurf der Urheberrechtsverletzung verteidigen zu müssen. Ohne eigenes nachträgliches Beschwerderecht im Anordnungsverfahren wäre der betroffene Anschlussinhaber gegenüber dem Auskunftsgläubiger zwar nicht rechtlos gestellt. In Bezug auf die im Verfahren nach § 101 Abs. 2 und 9 UrhG zu prüfenden Anspruchsvoraussetzungen (namentlich Rechtsinhaberschaft des Gläubigers, Offensichtlichkeit und gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung) wäre seine Verteidigung aber wesentlich erschwert, wenn er aus seiner Sicht fehlerhafte Feststellungen des anordnenden Gerichts erst im Rahmen eines späteren Klageverfahrens zur Überprüfung stellen könnte. Soweit nicht das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung, sondern nur deren fehlendes gewerbliches Ausmaß und damit das Bestehen eines Auskunftsanspruchs in Rede steht, ist es für die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes im Folgeprozess ebenfalls von nicht zu unterschätzender Bedeutung, ob der Anschlussinhaber auf eine noch im Anordnungsverfahren getroffene Beschwerdeentscheidung verweisen kann.

Dem fortbestehenden berechtigten Interesse der Beschwerdeführerin an einer Überprüfung der richterlichen Gestattungsanordnung steht das gleichfalls anzuerkennende Interesse der Antragstellerin am Schutz ihres geistigen Eigentums (Art. 14 GG) nicht entgegen. Dieses Interesse erfordert nicht, dass die vom erstinstanzlichen Gericht getroffene, mit Erlass wirksam gewordene und mit Auskunftserteilung in der Hauptsache erledigte Anordnung über die Verwendung von Verkehrsdaten bei der Auskunft über die Zuordnung bestimmter IP-Adressen zu einzelnen Anschlussinhabern jeder nachträglichen Überprüfung auf Grund einer (Fortsetzungsfeststellungs-) Beschwerde der Anschlussinhaber entzogen bleibt. Insoweit droht auch kein mit rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbarer Schwebezustand - um so weniger, als das Beschwerderecht unabhängig von gesetzlichen Fristen (§ 101 Abs. 9 S. 4 und 7 UrhG, § 63 FamFG), deren Anwendbarkeit auf die betroffenen Anschlussinhaber zweifelhaft sein mag, zumindest Verwirkungsregeln unterliegt (vgl. BVerfG, NStZ 2009, 166 [167]) und die Antragstellerin es regelmäßig selbst in der Hand hat, wann sie die ihr vom Provider benannten Anschlussinhaber über den Inhalt der sie betreffenden richterlichen Anordnung in Kenntnis setzt.

d)
Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte für eine Verfristung oder Verwirkung des Beschwerderechts. Der Beschwerdeführerin ist der angefochtene Beschluss des Landgerichts zuerst mit dem Anspruchsschreiben der Antragstellerin vom 11.06.2010 in Kopie übermittelt worden (Bl. 159 ff. d.A.); schon mit Einschreiben vom 13.06.2010 (Bl. 155) hat sie Beschwerde eingelegt.

III.
Die Beschwerde ist auch begründet.

Wie bereits aus den vorstehenden Erwägungen (zu Nr. II 2 c) erhellt, kann die von einem Anschlussinhaber begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer seine Internetdaten betreffenden richterlichen Anordnung allerdings nicht mit Erfolg auf Umstände gestützt werden, deren Prüfung überhaupt nicht Gegenstand des Anordnungsverfahrens sind, also insbesondere nicht auf eine angeblich fehlerhafte Auskunft des Providers über die Zuordnung der angegebenen IP-Adresse oder auf tatsächliche Vorgänge in Bezug auf die Nutzung des fraglichen Internet-Anschlusses durch den Beschwerdeführer, seine Familienangehörigen oder sonstige Dritte (vgl. zu derartigen Konstellationen die Senatsbeschlüsse vom 21.07.2010 - 6 W 69/10 - und vom 18.08.2010 - 6 W 112/10).

Hier macht die Beschwerdeführerin aber in der Sache (jedenfalls auch) mit Erfolg geltend, dass das Landgericht zu Unrecht ein gewerbliches Ausmaß der in Rede stehenden Rechtsverletzung angenommen habe, die nach den dargestellten Ermittlungen der Antragstellerin am 11.03.2010 um 10:51:00 Uhr MEZ durch öffentliches Zugänglichmachen einer geschützten Musikdatei von dem Internetanschluss mit der IP-Adresse … aus begangen wurde. Ob eine Rechtsverletzung gewerbliches Ausmaß hat (vgl. zu diesem der Richtlinie 2004/48/EG, Erwägungsgrund 14, entlehnten Merkmal BT-Drucks. 16/5048 S. 65; BT-Drucks. 16/8783 S. 50; BT-Plenarprot. 16/155 S. 16318 C, 16320 A, 16321 B; Senat, GRUR-RR 2009, 9 - Ganz anders; MMR 2009, 334 - Die schöne Müllerin; OLG Schleswig, GRUR-RR 2010, 239 f.; OLG Hamburg, NJOZ 2010, 1222 [1223]), ist nach der Rechtsprechung des Senats unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles festzustellen. Vorausgesetzt werden Handlungen zur Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils, ausgenommen gutgläubige Handlungen von Endverbrauchern (Richtlinie 2004/48/EG, Erwägungsgrund 14), was aus objektiven Kriterien abgeleitet wird: Bei Rechtsverletzungen im Internet ist neben der Zahl der von einem Verletzer öffentlich zugänglich gemachten Dateien (die vor erteilter Auskunft über die Nutzer dynamischer IP-Adressen schwerlich feststellbar ist) vor allem die Schwere der einzelnen Rechtsverletzung zu beachten - etwa wenn eine besonders umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland im Internet angeboten wird (BT-Drucks. 16/8783, S. 50). Das Anbieten irgendeiner Datei in einer Internet-Tauschbörse genügt für sich allein nicht, obwohl es ein Handeln um wirtschaftlicher Vorteile willen indiziert; vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob entweder ein besonders wertvolles Werk (vgl. Senatsbeschluss vom 3.11.2008 - 6 W 136/08, bei juris) oder eine hinreichend umfangreiche Datei innerhalb ihrer relevanten Verkaufs- und Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht wurde (Senat, GRUR-RR 2009, 9 [11] - Ganz anders; ebenso OLG Schleswig,GRUR-RR 2010, 239 [240]; für kurz nach der Erstveröffentlichung angebotene Dateien im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt/Main, GRUR-RR 2009, 15 [16]; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 379 [381]; OLG Hamburg, NJOZ 2010, 1222 [1223]; anders für einmalige Download-Angebote OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2009, 12 [13]; OLG Oldenburg, MMR 2009, 188 [189]). Dabei ist den besonderen Vermarktungsbedingungen des jeweiligen Werkes Rechnung zu tragen, so dass eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß im Einzelfall auch noch vorliegen kann, wenn seit der Veröffentlichung des Werks bereits längere Zeit vergangen ist (Senat, MMR 2009, 334 [335] - Die schöne Müllerin), etwa wenn das Werk in Neuauflage erschienen (Senatsbeschluss vom 04.06.2009 - 6 W 48/09, bei juris) oder in den TOP 50 der Verkaufscharts platziert ist (Senatsbeschlüsse vom 08.01.2010 - 6 W 153/09 - und vom 13.04.2010 - 6 W 28/10). Das gewerbliche Ausmaß der Rechtsverletzung muss nicht offensichtlich sein und ein in Ranglisten zum Ausdruck kommender besonders großer kommerzieller Erfolg wird nicht vorausgesetzt (Senatsbeschluss vom 04.06.2009 -6 W 48/09). Jedoch müssen bei einem aktuellen Musikalbum schon besondere Umstände vorliegen, um nach Ablauf von sechs Monaten seit der Veröffentlichung eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß annehmen zu können (Senatsbeschlüsse vom 26.07.2010 - 6 W 98/10; 77/10; 86/10).

Im Streitfall geht es darum, dass im März 2010 ein schon im August 2008 erschienenes, also über eineinhalb Jahre auf dem Markt befindliches aktuelles Musikalbum innerhalb eines P2P-Netzwerks öffentlich zugänglich gemacht wurde. Von einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß kann deshalb nicht ohne besondere Umstände ausgegangen werden. Derartige Umstände hat die Antragstellerin trotz eines konkreten Hinweises des Senats (Bl. 172 d.A.) nicht mitgeteilt. Mangels zumutbarer Mitwirkung der Antragstellerin entfiel eine weitergehende Pflicht zur Amtsermittlung (§101 Abs. 9 S. 4 UrhG i.V.m. §§ 26 und 27 FamFG; Zöller / Feskorn, ZPO 28. Aufl., FamFG § 26 Rn. 4 m.w.N.; § 27 Rn. 4), für die erfolgversprechende Ansätze auch nicht ersichtlich sind.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, § 84 FamFG.

V.
Der Senat hat gemäß § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil eine höchstrichterliche Klärung der in diesem Beschluss erörterten Fragen noch aussteht, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung aber geboten erscheint.

Beschwerdewert: 1.200,00 €

 

Gerichtsart Vorinstanz: 
LG
Gerichtsort Vorinstanz: 
Köln
Datum Vorinstanz: 
23. April 2014
Aktenzeichen Vorinstanz: 
230 O 49/10

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 04.11.2013, Aktenzeichen: 22 W 60/13

Oberlandesgericht Hamm zur Haftung der Eltern für ihre Kinder
Urteilstext: 


Datum: 04.11.2013

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
22 W 60/13
 
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 4 O 76/13
 
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 27.08.2013 abgeändert, soweit eine Entscheidung nach § 91a ZPO getroffen worden ist.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens bezüglich der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO werden gegeneinander aufgehoben.

Bezüglich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird die sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten vom 13.09.2013 gegen den ablehnenden Beschluss vom 27.08.2013 auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das einstweilige Verfügungsverfahren wird in Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses vom 27.08.2013 für die Zeit bis zum 10.04.2013 auf 2.000,- € und für die Zeit danach auf bis zu 1.200,- € festgesetzt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.200,00 € festgesetzt.

 

OLG Karlsruhe Urteil vom 13.02.2009, AZ: 14 U 156/08, Gegendarstellung Presserecht

1. Die Mitteilung, zwischen zwei Personen bestehe eine Freundschaft, ist eine Tatsachenbehauptung und kann daher Gegenstand einer Gegendarstellung sein.

2. Eine Gegendarstellung braucht sich nicht darauf zu beschränken, die in der Erstmitteilung enthaltene Tatsachenbehauptung als falsch zu bezeichnen und ihr eine andere Tatsachenbehauptung gegenüberzustellen. Vielmehr ist ein erklärender Zusatz zulässig, soweit dieser zum Verständnis der Erwiderung notwendig ist (Bestätigung Senat AfP 2007, S. 494 f. = OLGR Karlsruhe 2007, S. 949 f. = Justiz 2008, S. 19 [LS] = NJW 2008, S. 775 [LS]).

3. Für die Beurteilung, ob eine Gegendarstellung ihrem Umfang nach angemessen ist, ist allein der Umfang der Entgegnung als solcher - ohne Berücksichtigung der auch in der Gegendarstellung wiedergegebenen Erstmitteilung - maßgeblich.

4. Die Rechtsprechung des Senats, wonach die Mindestfläche von auf der Titelseite abzudruckenden Gegendarstellungen auf 150 % der Fläche der Erstmitteilung zu beschränken sein kann (NJW 2006, S. 621 ff. = ZUM-RD 2006, S. 74 ff. = OLGR Karlsruhe 2006, S. 156 ff. = Justiz 2006, S. 179 ff.), ist auf Gegendarstellungen im Heftinneren nicht zu übertragen.

5. Eine Gegendarstellung, die sich gegen eine von der Presse lediglich zitierte Äußerung eines Dritten wendet, kommt allenfalls dann in Betracht, wenn sie in ihrem Wortlaut für den Leser deutlich macht, daß sie nicht eine eigene Behauptung der Redaktion zum Gegenstand hat (Anschluss an OLG Karlsruhe NJW-RR 2000, S. 323 ff. = OLGR Karlsruhe 1999, S. 378 f. = AfP 1999, S. 373 ff. = ZUM-RD 2000, S. 139 ff.).

6. Einzelne selbständige Aussagen einer beantragten mehrgliedrigen Gegendarstellung, welche die gesetzlichen Voraussetzungen einer Veröffentlichungspflicht nicht erfüllen, können vom Gericht dann gestrichen werden, wenn die Streichung durch eine persönliche Ermächtigung des Antragstellers gedeckt ist (Fortführung von Senat, NJW-RR 2003, S. 109 f. = ZUM 2003, S. 314 f. = OLGR Karlsruhe 2003, S. 190 f. = AfP 2003, S. 439 f.).

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 10. November 2008 (4 O 74/08) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Gegendarstellung unter c) entfällt und Buchstabe „d)“ durch „c)“ sowie „e)“ durch „d)“ ersetzt wird.

Im Umfang der Änderung wird der Antrag des Klägers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Von den Kosten beider Instanzen trägt der Kläger 1/10, die Beklagte 9/10.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt EUR 20.000.

Tatbestand
    
I.
   
Der (Verfügungs-)Kläger ist Schauspieler und in den achtziger Jahren durch eine populäre Rolle in einer beliebten Fernsehserie einem breiten Publikum bekannt geworden. Zuletzt war er Leiter mehrerer Theater. Im Jahre 2008 mußte er hinsichtlich der Theaterbetriebe Insolvenzantrag stellen. Die (Verfügungs-)Beklagte gibt als Verlegerin die Zeitschrift F. heraus. In Heft 35/08 vom 20.08.2008 wurde auf S. 28 in einem Artikel mit den Überschriften
   
             „Schwarzwaldklinik“-Star S.
(1)     Mit seiner Insolvenz stürzte er auch seine
             besten Freunde in eine tiefe Krise
 
unter anderem folgendes ausgeführt:
   
(2) „...seine besten Freunde stürzte die Pleite des Regisseurs in eine tiefe Krise. TV-Star Ge. E. (66, „Sesamstraße“) und seine Lebensgefährtin S. s.-K (52) mussten sechs Monate lang auf ihre Gage warten. Mit einem Rechtsanwalt klagte sich das Paar die ausstehenden 10 000 Euro ein.“5
   
(3) „Schauspieler Ge. E. klagte seine Gage von 10.000 EUR ein“
   
(4) „Auch Klaus D., der 2006 nach einem Zusammenbruch starb, bekam kein Geld von S.“
   
(5) „Auch Klaus hat seine Gage nicht bekommen. Seine Witwe Gu. hatte unheimliche Probleme, die Beerdigung zu bezahlen.“
   
(6) „S. hat mir zu viele Lügen aufgetischt“.
   
(7) „Durch sein Verhalten hat S. bereits zwei seiner guten Freunde verloren.“
   
(8) „Der Pleitier kassierte trotz der Insolvenz offenbar noch Abonnenten- und Sponsorengelder und ist seitdem spurlos verschwunden.“
   
Das Landgericht hat im Wege der einstweiligen Verfügung gemäß § 11 bad.-württ. LPresseG dem Antrag des Klägers entsprechend der Beklagten aufgegeben, die nachfolgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:
   
„Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung auferlegt, in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift F. unter der Rubrik PROMISaktuell mit gleicher Schrift wie die Erstmitteilung ohne Einschaltungen und Weglassungen die nachfolgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:
   
  Gegendarstellung des Schauspielers S.
       
In der Zeitung F. vom 20. August 2008 ist ein Artikel abgedruckt, der unwahre bzw unrichtige Behauptungen zu meiner Person enthält, die ich wie folgt richtig stelle:
       
a) Unrichtig sind die Behauptungen:
       
„Mit seiner Insolvenz stürzte er auch seine besten Freunde in eine tiefe Krise.“
bzw     
„seine besten Freunde stürzte die Pleite des Regisseurs in eine tiefe Krise. TV-Star Ge. E. (66, Sesamstraße) und seine Lebensgefährtin S. S.-K. (52) mussten sechs Monate lang auf ihre Gage warten. Mit einem Rechtsanwalt klagte sich das Paar die ausstehenden 10 000 Euro ein.“
bzw     
„Schauspieler G. E. klagte seine Gage von 10.000 Euro ein.“
       
Hierzu stelle ich richtig, dass die offene Gage bei Herrn E. 1.681,37 Euro (netto) betrug. Weder Herr E. noch Frau S.-K. mussten ihre Gagen einklagen, da sie noch im September 2006 vollständig gezahlt wurden. Dieser Vorgang aus dem Jahr 2006 steht mit der derzeit beantragten Insolvenz der Theater in keinem Zusammenhang.
       
b) Unrichtig ist die Behauptung:
       
„Auch Klaus D., der 2006 nach einem Zusammenbruch starb, bekam kein Geld von S..“
bzw     
„Auch Klaus hat seine Gage nicht bekommen. Seine Witwe Gu. hatte unheimliche Probleme, die Beerdigung zu bezahlen.“
       
Richtig ist, dass Klaus D. während seiner Tätigkeit seit mehr als 12 Jahren für die von mir geführten Theater seine Gage erhalten hat. Nach seinem Tod wurde die ausstehende Gage noch im Jahr 2006 vollständig an seine Witwe gezahlt, die keineswegs „unheimliche Probleme“ gehabt hat, die Beerdigung zu bezahlen.
       
c) Unwahr ist die Behauptung, ich hätte Herrn E. „Lügen aufgetischt“.
       
d) Unwahr ist die Behauptung: „Durch sein Verhalten hat S. bereits zwei seiner guten Freunde verloren.“
       
Ich stelle dazu fest, dass Herr E. an zwei von mir geführten Theatern in B. als Schauspieler beschäftigt war. Ich war nie mit ihm befreundet.
       
e) Unrichtig ist insbesondere die Behauptung: „Der Pleitier kassierte trotz der Insolvenz offenbar noch Abonnenten- und Sponsorengelder und ist seitdem spurlos verschwunden.“
       
B., den 29. August 2008                    S.“
   
Der Abdruck der Gegendarstellung ist erfolgt, nachdem der Senat den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil zurückgewiesen und das Landgericht gegen die Beklagte zur Erzwingung ihrer Abdruckverpflichtung ein Zwangsgeld festgesetzt hatte.
   
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung des Verfügungsantrages weiter. Sie ist der Auffassung, bei den Erstmitteilungen (1), (5) 2. Satz, (6) und (7) handele es sich um nicht gegendarstellungsfähige Meinungsäußerungen. Die Gegendarstellung zu (2) Satz 2 sei unwahr, weil der Kläger in der Antragsschrift selbst eingeräumt habe, daß Herr E. Zahlungen auf seine Gage „nicht immer pünktlich“ erhalten habe und weiter ausgeführt habe: „Lediglich ein Teilbetrag... wurde mit einer Verzögerung von ca 4 Monaten an Herrn E. gezahlt.“ Hinsichtlich der Gegendarstellung zu (6) und (7), Herr E. sei „an zwei von mir geführten Theatern in B. als Schauspieler beschäftigt“ gewesen, fehle es auch an einer Entgegnung zu den Erstmitteilungen. Die Gegendarstellung zu (4) und (5) sei „geschwätzig“ und stelle ebenfalls keine Entgegnung dar, weil mit der Erstmitteilung nur behauptet werde, daß Herr D. zuletzt seine Gage nicht bekommen habe, was der Kläger auch nicht in Abrede stelle. Die Gegendarstellung überschreite auch die Grenzen eines angemessenen Umfangs; schon die Überschrift und die Wiederholungen mit „unrichtige Behauptungen, die ich richtig stelle“, die Formulierungen Satz 3 zu (3), zu (5) und Satz 1 zu (7) zeugten von „Geschwätzigkeit“. Durch die Erstmitteilung (5) Satz 2 sei der Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Insgesamt sei die Gegendarstellung zu lang und würde 210 % statt höchstens zulässigen 150 % der Fläche der Erstmitteilung in Anspruch nehmen.
   
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
   
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens und der gestellten Anträge wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, sowie auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
    
II.
   
Die zulässige Berufung ist überwiegend unbegründet. Dem Kläger steht der vom Landgericht zuerkannte Anspruch auf Gegendarstellung - mit Ausnahme der Gegenerklärung unter c) - nach § 11 bad.-württ. LPresseG zu.
   
Nach dieser Vorschrift ist der Verleger eines periodischen Druckwerks zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet, soweit der den Abdruck Verlangende durch eine Tatsachenbehauptung betroffen ist. Anspruchsvoraussetzung ist dabei, daß sich die beantragte Gegendarstellung als Entgegnung auf eine in der Erstmitteilung enthaltene Tatsachenbehauptung darstellt (vgl Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl. 1998, Rn 224; Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 11 Rn 100; Sedelmeier in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, LPG § 11 Rn 126 - jeweils m.w.N.).
   
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte und ihm vom Landgericht zugesprochene Gegendarstellung - mit der Einschränkung zu c) - hier gegeben.
   
1. Die Hauptsache ist nicht wegen des inzwischen erfolgten Abdrucks der Gegendarstellung erledigt. Denn ein -wie hier- lediglich aufgrund drohender Zwangsvollstreckung erfolgter Abdruck führt nicht zur Erledigung (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 666; aA Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 254).
   
2. Die Auffassung der Beklagten, bei den beanstandeten Passagen der Veröffentlichung handele es sich teilweise um Meinungsäußerungen, trifft nicht zu.
   
Maßgeblich für die Interpretation des Sinngehalts veröffentlichter Äußerungen ist das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers (Nachweise bei Burkhardt aaO Kap. 4 Rn 4). Dies gilt für Erstmitteilungen und Gegendarstellungen gleichermaßen. Dabei ist die Äußerung im Gesamtzusammenhang zu sehen, der Kontext ist mit zu berücksichtigen (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 329 m.w.N.).
   
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist das Landgericht zu Recht zum Ergebnis gelangt, daß es sich bei der beanstandeten Äußerung (1)„ Mit seiner Insolvenz stürzte er auch seine besten Freunde in eine tiefe Krise “ um eine Tatsachenbehauptung und nicht um eine Meinungsäußerung, für die das Element der Stellungnahme, der Wertung und des Dafürhaltens charakteristisch ist, handelt (zur Abgrenzung etwa BVerfG NJW 99, 483, 484; Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 304ff; Sedelmeier aaO LPG § 11 Rn 90ff). Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, daß der Durchschnittsleser den Satz dahin verstehen muß, daß die Herren E. und D. die besten Freunde des Klägers gewesen und infolge der Insolvenz und damit ausbleibender Zahlungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten seien.
   
Hinsichtlich des Satzteils „ stürzte er ... in eine tiefe Krise “ liegt der Charakter einer Tatsachenbehauptung bei diesem Verständnis auf der Hand. Aber auch in Bezug auf die Bezeichnung der beiden Herren als „ gute “ und „ beste Freunde “ des Klägers liegt eine Tatsachenbehauptung vor. Gleiches gilt für die unter d) beanstandete Äußerung „ Durch sein Verhalten hat S. bereits zwei seiner guten Freunde verloren “. Zwar handelt es sich insoweit überwiegend um innere Vorgänge auf der Empfindungsebene der an einer Freundschaft beteiligten Menschen, deren Einordnung häufig maßgeblich von der subjektiven Bewertung des Betrachters abhängt und damit der Meinungsäußerung nahesteht. Gleichwohl können auch solche innere Vorgänge Gegenstand von Tatsachenbehauptungen sein („innere Tatsachen“), wenn sie erkennbar zutage getreten und damit beweisbar sind (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 378). Dies trifft für die Behauptung von Freundschaft zwischen zwei Personen zu (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 369). Denn „Freundschaft“ ist als innere Tatsache dem Beweis zugänglich, weil sie regelmäßig nach außen zutage tritt. Sie kann für Dritte erkennbar sein an freiwilligen privaten Treffen der Betreffenden außerhalb des Rahmens, in dem sie sich aus äußerlichen Gründen, sei es beruflich, in einer Zweckgemeinschaft oder bei Ausübung einer Liebhaberei, ohnehin begegnen, aber auch an einem besonders vertrauten Umgang miteinander. Dies gilt umso mehr, weil noch deutlicher hervortretend, wenn es sich um „gute“ oder die „besten Freunde“ handelt. Gerade den erstgenannten Gesichtspunkt spricht der Kläger mit seiner Entgegnung unter d) („ Ich stelle dazu fest, dass Herr E. an zwei von mir geführten Theatern in B. als Schauspieler beschäftigt war. Ich war nie mit ihm befreundet .“) auch ausdrücklich an, wenn er klargestellt wissen will, daß seine Bekanntschaft zu Herrn E. sich auf berufliche Kontakte beschränkte.
   
Die Aussage unter b) „ Seine Witwe Gu. hatte unheimliche Probleme, die Beerdigung zu bezahlen “ ist ebenfalls eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung. Der Durchschnittsleser versteht diese Äußerung dahin, daß die Witwe von Herrn D. nach dessen Tod infolge der Insolvenz des Klägers und damit ausbleibender Zahlungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Denn der Satz bezieht sich auf den vorangehenden („ Auch Klaus hat seine Gage nicht bekommen “) und den diesen Abschnitt (betreffend die Eheleute D.) einleitenden Satz: „ Doch nicht nur er (gemeint: Herr E.), auch sein Kollege Klaus D. hatte unter der Pleite S.’s zu leiden “. Weshalb dieser behauptete Sachverhalt (finanzielle Schwierigkeiten infolge der Insolvenz) nur eine Meinungsäußerung und nicht nachprüfbar und beweisbar sein soll, ist nicht ersichtlich.
   
3. Auch der Einwand, der Kläger sei durch diese Aussage der Erstmitteilung („ Seine Witwe Gu. hatte unheimliche Probleme, die Beerdigung zu bezahlen “) nicht in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt und habe deshalb kein berechtigtes Interesse an der verlangten Gegendarstellung, greift nicht durch.
   
Ein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung ist im Regelfall allein schon aus der Tatsache des Betroffenseins durch eine Veröffentlichung zu bejahen (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 249). Dies ergibt sich auch aus der Formulierung in § 11 Abs. 2 S. 1 bad.-württ. LPresseG, wo es heißt, daß eine Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung dann nicht bestehe, wenn die betroffene Person kein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung habe. Daß der Kläger von der Aussage, die Witwe von Herrn D. habe „unheimliche Probleme gehabt, die Beerdigung zu bezahlen“, weil infolge der vom Kläger zu verantwortenden Insolvenz die Gage für Herrn D. nicht gezahlt worden sei, betroffen ist, bedarf keiner Erläuterung. Es wäre deshalb Sache der Beklagten, Tatsachen vorzutragen, die ein berechtigtes Interesse des Klägers zumindest als zweifelhaft erscheinen lassen (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 249). Die Beklagte verweist insoweit lediglich auf die Literaturstelle in Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl. 1998, Rn 273. Diese Belegstelle befaßt sich mit dem Fehlen des berechtigten Interesses an einer Veröffentlichung der Gegendarstellung, wenn diese das Persönlichkeitsrecht eines bis dahin unbeteiligten Dritten beeinträchtigt. Die Anwendung dieser Literaturstelle auf den vorliegenden Fall vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, jedenfalls ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte auf ein fehlendes rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Veröffentlichung.
   
4. Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Entgegnung zu der Äußerung (2) Satz 2 unter a) sei unwahr und die Erstmitteilung („ TV-Star Ge. E. (66, Sesamstraße) und seine Lebensgefährtin S. S.-K. (52) mussten sechs Monate lang auf ihre Gage warten “) wahr, weil nach den eigenen Angaben des Klägers in der Antragsschrift Herr E. Zahlungen auf seine Gage „nicht immer pünktlich“ erhalten habe und „lediglich ein Teilbetrag ... mit einer Verzögerung von ca 4 Monaten an Herrn E. gezahlt“ worden sei.
   
Wegen des formellen Charakters des Gegendarstellungsrechts setzt der Anspruch auf Gegendarstellung weder den Nachweis der Unwahrheit der Erstmitteilung noch den der Wahrheit der Gegendarstellung voraus (vgl BVerfGE 97, 125, 147 = NJW 98, 1381, 1383; Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 127 m.w.N.). Allerdings ist richtig, daß eine Pflicht zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung dann nicht besteht, wenn sie offenkundig unwahr ist, d.h. „offensichtlich den Stempel der Lüge trägt“ oder offensichtliche oder gerichtsbekannte Unwahrheiten enthält (Nachweise bei Seitz/Schmidt/Schoener aaORn 245). Das ist vorliegend aber nicht der Fall.
   
Die Gegenerklärung unter a) bestreitet nicht - wie die Berufung nahelegen will - die Erstmitteilung (2) Satz 2, daß Herr E. und seine Lebensgefährtin „sechs Monate lang auf ihre Gage warten (mußten)“. Die Gegenerklärung zu a) lautet:
   
„Hierzu stelle ich richtig, dass die offene Gage bei Herrn E. 1.681,37 Euro (netto) betrug. Weder Herr E. noch Frau S.-K. mussten ihre Gagen einklagen, da sie noch im September 2006 vollständig gezahlt wurden. Dieser Vorgang aus dem Jahr 2006 steht mit der derzeit beantragten Insolvenz der Theater in keinem Zusammenhang.“
   
Auch der Sinngehalt der Gegendarstellung ist im Gesamtzusammenhang zu ermitteln und der Kontext zu berücksichtigen. Die vorstehende Gegenerklärung wendet sich unter der Überschrift „Unrichtig sind die Behauptungen:“ gegen mehrere Äußerungen. Diese Zusammenfassung ist nicht zu beanstanden, da alle drei Äußerungen (1) bis (3), denselben Gegenstand behandeln, nämlich die angeblichen finanziellen Auswirkungen der „Pleite“ auf Herrn E., und die zusammenfassende Stellungnahme zu einer Konzentration und beim Leser zu besserem Verständnis dessen führt, was der Kläger als seine Sicht der Vorgänge vermitteln will. In der Entgegnung selbst macht der Kläger nämlich im einzelnen deutlich, gegen welche Einzelbehauptungen er sich wendet. So korrigiert er den in der Erstmitteilung zweimal genannten Betrag der verzögerten Zahlung von angeblich EUR 10.000 auf EUR 1.681,37 und stellt klar, daß der Betrag nicht eingeklagt wurde. Weiter zeigt er auf, daß die Zahlung im September 2006 erfolgte, also mit der erst zwei Jahre später beantragten Insolvenz nicht in ursächlichem Zusammenhang steht, wie dies die Erstmitteilung behauptete. Für den Durchschnittsleser wird schon daraus deutlich, daß die in der Entgegnung nicht erwähnten Elemente der vorangestellten Erstmitteilungen vom Kläger nicht bestritten werden. Dazu zählt namentlich die Aussage, daß Herr E. und seine Lebensgefährtin sechs Monate auf die Gage warten mußten (obwohl der Kläger im schriftsätzlichen Vortrag geltend macht, die Wartezeit habe vier Monate betragen). Die Gegendarstellung ist deshalb weder offenkundig unwahr noch irreführend (zum Letzteren: Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 261).
   
5. Zu Unrecht meint die Beklagte, die Gegendarstellungen zu mehreren Punkten stellten keine Entgegnung dar.
   
Dabei ist allerdings richtig, daß Voraussetzung des Anspruchs nach § 11 bad.-württ. LPresseG ist, daß die beantragte Gegendarstellung sich als Entgegnung (auf eine in der Erstmitteilung enthaltene Tatsachenbehauptung) darstellt. Sie muß mit den Tatsachen der beanstandeten Erstmitteilung in gedanklichem Zusammenhang stehen, muß auf sie Bezug haben und nehmen (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 224; Sedelmeier aaO LPG § 11 Rn 126). Diese Voraussetzung ist hier jedoch erfüllt.
   
Zwischen Erstmitteilung und Entgegnung unter d) ist der erforderliche Entgegnungs-Zusammenhang gegeben. Insbesondere ist der Zusatz in Satz 1 der Entgegnung nicht zu beanstanden. Solche erklärenden Zusätze sind dann zulässig, wenn sie zum Verständnis notwendig sind. Dies ergibt sich aus der Funktion der Gegendarstellung, dem Leser den den Gegenstand der Erstmitteilung bildenden Sachverhalt aus der Sicht des von ihr Betroffenen gegenüber zu stellen (Senat Urteil vom 10.08.2007 -14 U 86/07-, AfP 2007, 494; vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 11 Rn 104 m.w.N.). An diesen Grundsätzen gemessen, geht die hier in Rede stehende Erläuterung nicht über den Rahmen des Zulässigen hinaus. Durch den Zusatz wird dem Leser verständlich, daß der Kläger die bestehende Bekanntschaft mit Herrn E. nicht in Abrede stellt, sie aber durch Hinweis auf ihre berufliche Natur gegen die in der Erstmitteilung behauptete Freundschaft abgrenzen will.
   
Auch die Gegenerklärung zu b) hat und nimmt in der zu fordernden Weise Bezug auf die in der Erstmitteilung behaupteten Tatsachen. Die Erstmitteilungen (4) und (5) hierzu lauten:
   
„Auch Klaus D., der 2006 nach einem Zusammenbruch starb, bekam kein Geld von S..“
bzw
„Auch Klaus hat seine Gage nicht bekommen. Seine Witwe Gu. hatte unheimliche Probleme, die Beerdigung zu bezahlen.“
   
Die Gegenerklärung lautet:
   
Unrichtig ist die Behauptung: ...
       
Richtig ist, dass Klaus D. während seiner Tätigkeit seit mehr als 12 Jahren für die von mir geführten Theater seine Gage erhalten hat. Nach seinem Tod wurde die ausstehende Gage noch im Jahr 2006 vollständig an seine Witwe gezahlt, die keineswegs „unheimliche Probleme“ gehabt hat, die Beerdigung zu bezahlen.
   
Schon die erstgenannte Äußerung (alleinstehend neben einem Foto des Schauspielers D. plaziert) der Erstmitteilung erweckt mit ihrer vorbehaltlosen Aussage „bekam kein Geld“ beim durchschnittlichen Leser die klare Vorstellung, Herr D. habe vom Kläger für seine Tätigkeit kein Geld bekommen. Die zweite Äußerung, Herr D. habe „seine“ Gage nicht bekommen, bestätigt diesen Eindruck. Der Umstand, daß Herr D. zwölf Jahre lang für den Kläger Theater spielte, würde diese Vorstellung beim Leser relativieren, weil er davon ausginge, daß Herr D. nicht so lange Zeit ohne Zahlung der Gage spielen würde; diesen Umstand erfährt der Leser indessen in der Erstmitteilung nicht. Die Mitteilung im Text „Der Schauspieler ( Klaus D. ), der 2006 für S. im Stück ... spielte, musste -wie viele andere auch- sehr lange auf seine Gage warten, zu lange“ nötigt in Verbindung mit den vorgenannten Sätzen den Leser vielmehr zu der Schlußfolgerung, daß Herr D. nur dieses eine Engagement beim Kläger hatte und dafür nicht bezahlt wurde. Ein Hinweis darauf, daß Herr D. für andere Engagements vom Kläger Gage erhalten habe, findet sich in dem Artikel nicht.
   
Dieser Darstellung in der Erstmitteilung tritt der Kläger mit seiner Gegenerklärung, Herr D. sei zwölf Jahre lang für den Kläger tätig gewesen und habe während dieser Zeit seine Gage erhalten, in zulässiger Weise entgegen. Mit dem nachfolgenden Satz nimmt der Kläger sodann zu der in der Erstmitteilung ausdrücklich angesprochenen und angeblich ausstehenden Gage für die Tätigkeit im Jahre 2006 und zu den angeblichen Folgen der Nichtzahlung für die Witwe von Herrn D. Stellung. Soweit die Beklagte meint, die Erklärung stelle insoweit keine Entgegnung dar, als daraus hervorgehe, daß Herr D. zu Lebzeiten tatsächlich einen Teil seiner Gage nicht erhalten habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn die zugrunde liegende Erstmitteilung besagt für den durchschnittlichen Leser, daß Herr D. (zu Lebzeiten) seine Gage überhaupt nicht, auch nicht teilweise, erhalten habe und -vermittelt durch den anschließenden Satz- die Gage auch nach seinem Tod nicht bezahlt worden sei. Angesichts der Mehrzahl von Tatsachenbehauptungen der Erstmitteilung, denen die Gegenerklärung in klarer und auf das Wesentliche beschränkter Formulierung entgegentritt, kann auch von „Geschwätzigkeit“ der Gegendarstellung keine Rede sein.
   
6. Auch im Ganzen nimmt die Gegendarstellung entgegen der Auffassung der Berufung keinen unangemessenen Raum ein.
   
Nach § 11 Abs. 2 S. 1 und 2 bad.-württ. LPresseG gilt die Gegendarstellung ihrem Umfang nach als angemessen, wenn sie den Umfang des beanstandeten Textes nicht überschreitet. Die Vorschrift ist dahin zu verstehen, daß diese Vorgabe auf die Entgegnung selbst bezogen ist und die Bezeichnung der beanstandeten Erstbehauptung und der für deren Wiedergabe erforderliche Raum bei der Bemessung außer Betracht bleiben (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 233). Dies ergibt sich schon daraus, daß andernfalls eine Entgegnung häufig überhaupt nicht möglich wäre. Denn regelmäßig ist es für das Verständnis des Lesers geboten, in der Gegendarstellung die Erstmitteilung wiederzugeben, an welche die Entgegnung anknüpft (Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 96). Da an die Korrektheit der Wiedergabe der beanstandeten Punkte strenge Anforderungen gestellt werden, wird die wörtliche Wiedergabe der Erstmitteilung empfohlen, um den Vorwurf der Sinnverfälschung und Irreführung und daraus resultierende Streitigkeiten und Risiken zu vermeiden (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 205; Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 96-98). Würde man bei der Bemessung des angemessenen Umfangs im Sinne der genannten Vorschrift nicht nur die eigentliche Entgegnung, sondern den Gesamttext der Gegendarstellung heranziehen, so wäre eine Entgegnung nicht möglich, weil bereits die Wiedergabe der Erstmitteilung den zur Verfügung gestellten Raum ausschöpfen würde.
   
Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung gelangt demgegenüber nur deshalb zu einem Verhältnis der Gegendarstellung zur Erstmitteilung von 210 %, weil sie in die Bemessung der Gegendarstellung auch die Wiedergabe der Erstmitteilung einrechnet.
   
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Rechtsprechung des Senats zur Beschränkung der Mindestfläche der Gegendarstellung auf 150 % (vgl Urteil vom 11.11.2005 -14 U 173/05-, NJW 06, 621). Diese Rechtsprechung kann auf die Fälle der Gegendarstellung im Blattinnern wie hier nicht angewendet werden. Denn die zugrundeliegenden Entscheidungen sind zur Frage des Abdrucks auf der Titelseite ergangen und beruhen auch auf dieser Besonderheit, wie aus den Gründen der betreffenden Entscheidungen hervorgeht. Dort wird nämlich maßgeblich auf die Forderung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1861/93 u.a., NJW 98, 1381, 1384) abgestellt, daß die Zivilgerichte zur Wahrung der Belange der Pressefreiheit die besondere Bedeutung der Titelseite zu beachten haben, die nicht durch Umfang und Aufmachung der Gegendarstellung ihre Funktion verlieren dürfe, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen. Deshalb führt auch der Hinweis der Beklagten auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in jener Entscheidung zum „angemessenen Umfang“ nicht weiter, denn die dort behandelten Fälle betrafen ebenfalls Gegendarstellungen auf der Titelseite.
   
Daß der Kläger der Überschrift „Gegendarstellung“ die Bezeichnung „des Schauspielers S.“ anfügt, die damit an der Hervorhebung der Überschrift teilnimmt, entspricht dem Grundsatz der Waffengleichheit (vgl Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 430) und ist nicht zu beanstanden. Denn auch die Erstmitteilung hat im Bereich der gegenüber dem Text hervorgehobenen Überschriften die Formulierungen „Schwarzwaldklinik-Star S.r“ und „Der Schauspieler…“ sowie insbesondere ein Foto des Klägers blickfangmäßig verwendet und damit die Person des Klägers herausgestellt, um gerade durch dessen Person die Aufmerksamkeit des Lesers zu erregen.
   
7. Auf die Berufung ist die vom Landgericht zugestandene Gegendarstellung jedoch dahin einzuschränken, daß die Gegenerklärung unter c) entfallen muß, weil sie nicht deutlich macht, daß es sich insoweit bei der beanstandeten Erstmitteilung um eine zitierte Äußerung von Herrn E. handelte. Ob bei der Wiedergabe der Behauptung eines Dritten in der Erstmitteilung dem davon Betroffenen ein Anspruch auf eine Entgegnung dahin zusteht, der Inhalt der Äußerung des Dritten sei unrichtig, ist umstritten (dazu Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 46), kann hier aber dahinstehen. Denn in jedem Falle muß eine Gegendarstellung, die sich gegen eine von der Presse nur zitierte Äußerung eines Dritten wendet, in ihrem Wortlaut für den Leser deutlich machen, daß sie nicht eine eigene Behauptung der Redaktion zum Gegenstand hat (OLG Karlsruhe NJW-RR 00, 323; Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 46; Sedelmeier aaO LPG § 11 Rn 107, 108). Der vom Kläger angeführte Umstand, daß § 11 Abs. 1 S. 1 bad.-württ. LPresseG nicht fordere, daß die Tatsachenbehauptung von dem Druckwerk aufgestellt werde, sondern es genügen lasse, daß sie in dem Druckwerk aufgestellt worden sei, ändert nichts. Denn eine Gegendarstellung darf die Erstmitteilung nicht unrichtig oder irreführend wiedergeben (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 205). Daraus folgt, daß ein mit der Gegendarstellung beanstandetes Zitat als solches zu kennzeichnen ist und für das Verständnis des Lesers nicht als redaktionelle Behauptung der Zeitung wiedergegeben werden darf (Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 207). An dieser Klarstellung fehlt es hier; die Gegenerklärung unter c) läßt für den Leser nicht erkennen, daß sich der Kläger nicht gegen eine eigene Behauptung der Redaktion der Beklagten, sondern gegen eine zitierte Äußerung von Herrn E. wendet. Der Senat vermag dem Kläger auch nicht darin zu folgen, daß die Zeitschrift in dem beanstandeten Artikel sich die Behauptung von Herrn E. zu eigen gemacht habe. Dagegen spricht schon, daß die Äußerung in der Erstmitteilung in Anführungszeichen gesetzt ist. Die zwei Sätze weiter vorn stehende Mitteilung „Eine Erfahrung, die Ge. E. schwer enttäuschte..“ bezieht sich nicht auf die „Lügen“, sondern auf die Nichtzahlung der Gage. Der Satz nach der beanstandeten Äußerung: „... hatte unter der Pleite S.’s zu leiden“ und die folgenden Sätze lassen für den Leser ebenfalls keinen Bezug auf das Zitat hinsichtlich der „Lügen“ und. zu eigen. Der Kläger hat demzufolge keinen Anspruch auf den Abdruck der Entgegnung unter c).
   
Das Gericht ist aufgrund persönlicher Ermächtigung durch den Kläger befugt, die vom Kläger geltend gemachte Gegendarstellung entsprechend zu kürzen. Allerdings ist die Frage der Zulässigkeit von Änderungen an einer beantragten Gegendarstellung umstritten (vgl hierzu Burkhardt aaO Kap.11 Rn 255ff; Sedelmeier aaO § 11 LPG Rn 208ff; Seitz/Schmidt/Schöner aaO Rn 704ff; OLG Karlsruhe NJW-RR 00, 323 unter II. und -Senat- NJW-RR 03, 109). Nach Auffassung des Senats ist zunächst davon auszugehen, daß eine Gegendarstellung, die in einzelnen Punkten nicht den Erfordernissen entspricht und daher nicht wörtlich oder ungekürzt übernommen werden kann, nach dem Grundsatz „ganz oder gar nicht” grundsätzlich insgesamt nicht abgedruckt werden muß. Eine Einschränkung des „Alles-oder-nichts-Prinzips“ ist aber für den Fall der mehrgliedrigen -also aus mehreren voneinander unabhängigen und jeweils aus sich heraus verständlichen Punkten bestehenden- Gegendarstellung zu machen (vgl OLG München, NJW-RR 98, 1632; Seitz/Schmidt/Schoener Rn 739). In derartigen Fällen können solche selbständige Punkte der Gegendarstellung, welche die gesetzlichen Voraussetzungen einer Veröffentlichungspflicht nicht erfüllen, gestrichen werden („selbständige Kürzung“, Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 707). Allerdings ist dies dem Gericht -weil es sich bei der Gegendarstellung um eine persönliche Erklärung des Betroffenen handelt- nicht aufgrund eigener Befugnis nach § 938 ZPO möglich, sondern nur auf der Grundlage einer persönlichen Ermächtigung des Antragstellers hierzu (vgl OLG München aaO; Seitz/Schmidt/Schoener aaO Rn 739; Burkhardt aaO Kap. 11 Rn 259-261). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Gegendarstellung zu c) betrifft einen von den übrigen Beanstandungen unabhängigen und aus sich heraus verständlichen eigenständigen Punkt, und der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat nach Erörterung der Bedenken des Senats gegen diesen Teil der Gegendarstellung in der mündlichen Verhandlung eine vom Kläger unterzeichnete Erklärung überreicht, in welcher der Kläger das Gericht zur Kürzung ermächtigte.
   
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Da das Urteil rechtskräftig ist (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), bedarf es keines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit.

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